SEITE 16·MONTAG,24. FEBRUAR2020·NR.46 Wirtschaft FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG
Der bekannteUnternehmensberater
und St.Galler HochschullehrerFred-
mund Malik hat seinStandardwerkfür
Managerüberarbeitet und erweiter t.
Seine Schriftist keine wissenschaftli-
cheAbhandlung. Malik will Managern
in der Praxis zeigen,welchesWissen
und Können sie in der heutigenZeit er-
folgreichmacht.
Die Mainstre am-BWL und auchdie
teuren MBA-Schmieden kommen in
dem Buchnicht ungeschoren davon, sei-
en sie es doch, diegeklonte, auf Sach-
aufgaben fokussierte Technokraten,
nicht jedochwirksame Managerheran-
zücht eten. DieWirksamkeit des Han-
delnsvonManagernmüsse imVorder-
grund stehen. MaliksMantralautet da-
her,inmodernen Organisationen müs-
sederHomoEffectivusandieStelle
des Homo oeconomicus treten. Mana-
germüssen Organisationen und Syste-
me befähigen,richtig zu funktionieren.
Das sieht er als einen erlernbaren Be-
rufan, dervonganz normalen, aber am-
bitioniertenFührungskräftenmit ge-
sundemMenschenverstand ausgeübt
werde. Wirksame Manager seien nicht
zwangsläufigdie bestenFachleute. Sie
schüfen aber dieVoraussetzungen da-
für,dassinihren Organisationen Sach-
aufgaben optimalgelöstwürden. Dafür
brauche es nicht nur ökonomische
Denkmuster, sondernauchdas Gedan-
kengut der Systemik,Kybernetik und
Bionik.Das sind nicht unbedingt spek-
takuläreTipps aus der Praxis für die Pra-
xis. Insgesamt istdie Lektüredes vorlie-
gendenBuches aber anregend fü rselbst-
kritische Führungskräfte,die bereit
sind, sichdie Gr etchenfragezustellen:
„Wie has tdu’smit der Effektivität?“
Wasaber is tdas Geheimnis erfolgrei-
chen Managements?Reichlichselbstbe-
wusstist Malik überzeugt davon, seine
Vorschlägefür moderne Organisatio-
nen könnten dasselbe leistenwie die
bestenBetriebssy steme in der Informa-
tionstechnologie–nämlichdie Kompa-
tibilität zwischen verschiedenen Sys-
tembestandteilen herstellen. Ein neues
Betriebssystems für das Management
sei notwendig, denn wir befänden uns
schon seitgeraumerZeit in der „Gro-
ßen Transformation 21“. DiesesNarra-
tiv beschreibt errechtschwammig mit
der ZunahmevonKomplexität, Dyna-
mik desWandels undVernetzung. Er
geht dabei aber nicht darauf ein, dass
den Managernheutedank der Digital-
tech nologien mächtige Systeme zurVer-
fügungstehen, umgroße Datenmengen
auszu werten un dEntscheidungsalterna-
tiven in Echtzeit durchzuspielen.
ROBERTFIETEN
Fredmund Malik:Führen LeistenLeben.
WirksamesManagement für eine neue
Welt. CampusVerlag, Frankfurt,Neuausgabe
2019, 446 Seiten, 32 Euro.
Z
uJahresbeginnhofftedieEZB
noch, dasssie mitVerweis auf ih-
rerwohl fast das ganze Jahr dau-
ernde Strategieüberprüfung geldpoli-
tischauf Zeit spielenkönne. Konjunktu-
relle Unsicherheiten infolgedes Coro-
na-Ausbruchs haben aber Spekulatio-
nenüber ein erneutesAbsenken des Ein-
lagenzinses auf minus 0,6 Prozent im
Märzbefeuert. Meines Erach-
tens wäre dies ein schwerwie-
gender Fehltritt.Kreditzin-
sen, die fürUnternehmen un-
ter1,5 Prozent und für Hypo-
theken nahe1Prozent liegen
und schon langenicht mehr
die damitverbundenen Risi-
kenwiderspiegeln, dürften al-
lenfalls marginal sinken. Eine
Zinssenkungwäre gleichzei-
tig das Ende der mit der neue
EZB-Präsidentin Lagardeverknüpften
Hoffnungen, dasszukünftig die negati-
venWirkungen derextremen Geldpoli-
tik stärkere Beachtungfinden und dass
die EZB mittelfristig aus ihrerNegativ-
zinspolitik auszusteigen beabsichtigt.
EZB-Vertrete rbezeichnenVerweise auf
die Nebenwirkungen garals einfiktives
Narrativ und argumentierten, dassdie
Zinsersparnis eines durchschnittlichen
Nettoschuldnersdeutlichhöher ausfalle
als der Zinsverlusteines durchschnittli-
chen Nettosparers.
Allerdings hat in Deutschland nicht
einmal jeder zweite Haushalt überhaupt
Schulden,Nettoschuldner sindgarweni-
gerals 10 Prozent.Die überwiegende
Mehrzahl der Haushalteleidetunter
dem aggregiertenZinsverlustvon
knapp 50 Milliarden Euro. Andererseits
hat die Geldpolitik des vergangenen
Jahrzehnts den Besitzernvon Finanz-
und Immobilienvermögen erhebliche
Gewinne beschert. Das Immobilienver-
mögen der Deutschen istumrund 40
Prozentgestiegen. Die Preise in dengro-
ßenStädtenhabensichmehr alsverdop-
pelt.Die Hälfte der Deutschen befürch-
tet, das sWohnen im Alter für sie uner-
schwinglichwerden könnte. Gerade
beim Mittelstand hat die unkonventio-
nelle Politik der EZB–trotz ihrerstabili-
sierendenWirkung –zur Ver-
unsicherung beigetragen.
Die EZB argumentiert,
dass strukturelle Gründe, die
sichihrem Einflussentziehen,
für die jahrelang unter Ziel lie-
gende Inflationsentwicklung
verantwortlich seien. Im Eng-
lischen gibt es ein Sprichwort:
„Wenn man merkt, dassman
sichineiner Grube befindet,
sollteman mit dem Graben
aufhören“. Die EZBkann kaum nocher-
klären,warumsie tr otzder immer offen-
sichtlicherenNebenwirkungen versucht,
sichwie Sisyphos den disinflationären
Effekten dieserStrukturveränderungen
entgegenzustemmen. Letztlich
schwächt sie mit ihrer „Mission Impossi-
ble“ den ohnehin schon deutlich ge-
schwundenen Glauben an unser markt-
wirtschaftlichesWirtscha ftssystem, wel-
ches –nicht zuletzt durch das Vertrauen
der Menschen in das Geld- und Kredit-
system –die massivenWohlstandsgewin-
ne der vergangenen Jahrhunderte er-
möglicht hat.Wie dur ch die Geldpolitik
mitverursachteFehlallokationenWäh-
ler undPolitikdazu veranlasst,grundle-
gende Funktionsmechanismen unseres
Wirtschaftssystems aus den Angeln zu
heben,kann man an der Debatteum
Mietendeckelund Enteignungen in Ber-
lin beobachten.
Der Autorist Chefvolkswirtder Deutschen Bank.
D
iskussionen um dengeneratio-
nengerechten Ressourcenver-
brauc hsowie denwahrgenom-
menen Klimawandel haben
Eingang in dieUnternehmensführungge-
funden.Forderungen, diese nichtfinan-
ziellen Ziele in derUnternehmensfüh-
rung zuverankern, sind nicht mehr nur
als leises Geflüsterwahrzunehmen.Auch
wenn sichdieser gesellschaftlicheWerte-
wandel erst seit kurzer Zeit spürbar arti-
kuliert, istder dahinterstehende ökonomi-
sche Leitgedankenicht neu. Im Deut-
schen CorporateGovernance Kodex
(DCGK) wurde er bereits 2009formu-
liert. So hat derVorstand einer Aktienge-
sellschaftdas Unternehmen in eigener
Verantwortung im „Unternehmensinte-
resse“ mit dem Ziel „nachhaltigerWert-
schöpfung“zu lei ten. Da sUnternehmens-
interesse wirdhier durch Berücksichti-
gung der Belangeder Aktionäre,der Ar-
beitnehmer und der sonstigen demUnter-
nehmenverbundenen Gruppenkonkreti-
siert.
Weder das „Unternehmensinteresse“
nochdas Ziel „nachhaltigerWertschöp-
fung“ sind eindimensional auszulegen.
Hinsichtlichdes Unternehmensinteresses
äußertsichdies in dem Bezug auf die
nicht immer homogenen Belangeder ver-
schiedenenStakeholder.Beim Ziel nach-
haltigerWertschöpfung istder Nach hal-
tigkeitsbegriff doppeldeutig. Einerseits
könntedamit diePersistenz im Wert-
schöpfungsprozessgemeint sein, um hier-
durch eine ablehnende Haltunggegen-
über unternehmerischem Kurzfristden-
kenzuunter streichen. Andererseits und
teilweisekomplementär hierzukann eine
nachhaltigeWertschöpfung mit einem
dauerhafttragbaren Umwelt- undRes-
sourcenverbrauchunter Beibehaltung der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und
des sozialen Zusammenhalts gleichge-
setzt werden.
Eine verantwortungsvolle Unterneh-
mensführung,welche die drei Dimensio-
nen Ökonomie, Ökologie und Soziales in
einemganzheitlichen Managementansatz
miteinandervereint, wird aktuell unter
Corporat eSocial Responsibility (CSR)zu-
sammengefasst. Para llel hierzufinden
sichinder aktuellen Diskussion über
nachhaltigeGeldanlagen die drei überge-
ordne tenESG-AspekteUmwelt (Environ-
ment, E), Soziales (Social, S) undUnter-
nehmensführung (Governance, G). Insge-
samt soll dieKonkretisierung der ESG-
Kriterien den Kapitalgebernverdeutli-
chen, wie nachhaltig das jeweiligeUnter-
nehmentatsächlichwirtschaftet.
Unternehmen erkennen die mit einer
nachhaltigenUnternehmensführungver-
bundenen ökonomischen Konsequenzen
zunehmend selbstund handeln entspre-
chend. Dasssichdie EU-Kommission
aber nicht allein auf ein derartfreiwilli-
gesCommittment derUnternehmensfüh-
rung verlässt,zeigt ihr im März2018 vor-
gelegter Aktionsplan. Der hier enthaltene
Maßnahmenkatalog soll sicherstellen,
dassprivatesKapital in nachhaltigeInves-
titionen umgelenkt wird.Auchmit ESG-
Themenverbundene Destabilisierungsri-
siken für dasFinanzsystemsollen von
den Finanzinstitutionen berücksichtigt
und bewältigt werden.
Alszentrale Säuledes EU-Maßnahmen-
katalogs dient zunächstdie Schaffung
vonTransparenz über die nachhaltigkeits-
bezogenen Handlungen aller Marktteil-
nehmer. Die EU-Kommission setzt inso-
weit auf dieverhaltenssteuernde bezie-
hungsweise disziplinierendeWirkung ei-
nes funktionsfähigenTransparenzmecha-
nismus. Dieser setzt relevante, hinrei-
chende, zutreffende undvertrauenschaf-
fende Informationen über entsprechende
Aktivitäten und Risikenvoraus.
Hier kommt der Berufsstand derWirt-
schaftsprüfer ins Spiel. Er hat schon bis-
her die wichtigeGovernance-Aufgabe
wahrgenommen, vielfältigeUnterneh-
mensberichteals unabhängigePrüfin-
stanz zuvalidieren. Angesichts der häufig
auchberatenden Tätigkeiten des Ab-
schlussprüferswirddie Unabhängigkeit
jedochzunehmend inFragegestellt.Die
steigendeVerantwortung derUnterneh-
mensorgane für dieFehlerfreiheit auch
der CSR-Themen machen jedochdie Prü-
fungsnotwendigkeit du rcheinen unabhän-
gigen Prüfer deutlich.
Die Vermittlungvonverlässlichen In-
formationen über CSR-Aktivitäten ist
letztlichnur eine Seiteder Nach haltig-
keits-Medaille.Aufder anderen Seitefin-
densichdie Belange der Share- undStake-
holder,andenen sichdie Unternehmens-
leitung laut DCGKzuorientieren hat.
DieseUnternehmensbeteiligtenkönnen
über Marktmechanismen das Manage-
ment und damit auchdie strategischeUn-
ternehmensausrichtung beeinflussen.
CSR-bezogene Transparenzanforderun-
gen, die sichbereits seit 2017 in umfassen-
den CSR-Berichtspflichtengroßer börsen-
notierterUnternehmen niedergeschlagen
haben,stellen insoweit nur eine notwendi-
ge Bedingung zur Erreichung derNach-
haltigkeitsziele dar.Zusätzlichmüssten
die Unternehmensbeteiligten diesbezüg-
lichauchtatsächlichEinflus sauf dieUn-
ternehmens-Governance nehmen. Inso-
fernistnicht nur dieFragenach dem insti-
tutionellenRahmen, sonderninsbesonde-
re auchnachden Interessen der Share-
und Stakeholder zustellen, damit derge-
sellschaftlicheWertewandel bereits heute
die erhofften Nach haltigkeitswirkungen
entfaltenkann.
Hinsichtlichdes institutionellenRah-
mens istauf diekür zli ch in deutsches
RechtumgesetztezweiteEU-Aktionärs-
rechterichtlinie (ARUG II) zuverweisen.
Die Neuregelungen beeinflussen dasZu-
sammenwirkender verschiedenenUnter-
nehmensbeteiligten und haben insbeson-
dereeine stärkereAktionärsdemokratie
zum Ziel. Einerseits sollen bislang passi-
ve Aktionärezueiner Mitwirkung in der
CorporateGovernance ihrerUnterneh-
men motiviertwerden. Andererseits sol-
len sichinstitutionelle Anleger,Vermö-
gensver walter undUnternehmenkünftig
stärkeranden Interessen der primären
Kapitalanleger orientieren.Sohaben in-
stitutionelle Anleger undVermögensver-
walter nun über ihreAnlagestrategie zu
informieren, um einenAbgleichder kom-
munizierten Anlagestrategie mit demtat-
sächlichenAnlageverhalten und den eige-
nen Interessen zu ermöglichen. Hier-
durch sollen längereAnlagehorizontege-
fördertwerden, um eine am längerfristi-
genUnternehmenserfolg orientierte und
insoweit nachhaltigeUnternehmensfüh-
rung zugewährleis ten. Hierneben haben
institutionelle Anleger undVermögens-
verwalter darüber zu berichten, wie sie
die Aktionärsinteressen imRahmen ihrer
Mitwirkung in der CorporateGovernan-
ce vonUnternehmenberücksichtigen.
Konzeption undkonkrete Umsetzung die-
ser sogenannten Mitwirkungspolitik sind
ebenso offenzulegen wie dastatsächliche
Abstimmungsverhalten auf Hauptver-
sammlungen.
Aufdiese Weise sollen Aktionäre bes-
ser kontrollierenkönnen, inwieweit das
Verhaltenvoninstitutionellen Anlegern
und Vermögensverwalter nmit ihren per-
sönlichen Belangen harmoniert. Weil dar-
über hinaus die Empfehlungen von
Stimmrechtsberaternrech tstatsächlich be-
deutsamerwerden, haben auchdiese In-
termediärenun Informationen zu ihrer
Tätigkeit bereitzustellen. Schließlich
stelltsichauchnachdem ARUG II dieFra-
ge,wie dieverschiedenenUnternehmens-
beteiligten eine nachhaltigeUnterneh-
mensführung fördernkönnen. DassPri-
vatanleger ihren erhofften Beitrag zu ei-
ner nachhaltigen Aktionärsdemokratie
leistenwerden ,ist angesichts der Erkennt-
nisse der 2019 erschienenenDAI-Aktio-
närsstudie eher zu bezweifeln.Nachden
Studienergebnissen nutzen Privatanleger
ihreaktienrechtlichen Informations- und
Herrschaftsrechteaus individuellenKos-
ten-Nutzen-Überlegungen überwiegend
nicht .Sie be teiligen sichanAktiengesell-
schaf teninsbesondereaufgrund vonPres-
senachrichten und hoffendann auf eine
angemessene Dividende und/oderKurs-
steigerung. Die CSR-BerichtezuUm-
welt-, Arbeitnehmer-und Sozialbelangen
haben für ihreAnlageentscheidungenver-
gleichsweise nochwenig Bedeutung.
Auch das Aktionärsstimmrechtwirdnur
vonrund jedem zweiten Privatanlegerge-
nutzt.Insofernsind andereUnterneh-
mensbeteiligte aufgerufen, effektiv an der
CorporateGovernance ihrerUnterneh-
men mitzuwirken.
In Fragekämen beispielsweiseaktivisti-
sche Aktionäre,die dur ch ihreaktiveMit-
wirkung in den Organen und/oder me-
dienwirksamen Diskussionenmit dem
Management ihrerUnternehmen bisher
stilleoperativeund/oderVermögensreser-
venzuheben versuchen. Sieversprechen
ihrenKapitalgebernwiederum entspre-
chende Überrenditen. AktiveFondsman-
gervon Kapitalanlagegesellschaftenver-
suchen amKapitalmarkt unterbewertete
Aktienzuidentifizieren, die sichdann im
Zeitverlauf an den prognostizierteninne-
renWertannähernund eineWertsteige-
rung er fahren. Proxi-Adivsor achten auch
ohne unmittelbareUnternehmensbeteili-
gung auf einevermeintlichguteCorpora-
te Governance vonUnternehmen undge-
ben den Aktionären für die Hauptver-
sammlung entsprechende Stimmrechts-
empfehlungen.
Dassdie Aktivitäten dieser Sharehol-
der diegewünschtenNach haltigkeitswir-
kungen entfalten, wirdentscheidend da-
vonabhängen, dassNachhaltigkeitsziele
als wesentlicheWerttreibergesehen und
als Bestandteil einer guten Unterneh-
mensführung vorausgesetzt werden.
Wenn globaleVermögensverwalter wie
BlackRockzunehmend auf Nach haltig-
keit drängen, trägt dies zu einer entspre-
chendenKapitalallokation innerhalb ei-
ner Volkswirtschaftbei. Darüber hinaus
sorgt dieTransparenz über CSR-Themen
in Verbindungmit demgesellschaftlichen
Wertewandelauchauf den Arbeits-,Ab-
satz- undFremdkapitalmärkten für einen
Nach haltigkeits-Wettbewerb. Aufgrund
des auchzunehmenden politischen
Druc ks wirddiese Entwicklungkünftig
nochweiter anFahrtgewinnen.
Am 5. MärzfindetinKöln die Schma-
lenbach-Tagung 2020 der Schmalenbach-
Gesellschaftfür Betriebswirtschafte.V.
zu dem Thema „Stakeholder Manage-
ment:Trends undPerspektiven in Corpo-
rate Governance, Beratung undWirt-
schaftsprüfung“statt. Hierwerden die an-
gesprochenen Themenbereiche mit Ex-
pertenaus Wissenschaftund Praxis disku-
tiert. (NähereInformationen hierzu unter
http://www.schmalenbach.org)
BernhardPellens ist Inhaber des Lehrstuhls
für InternationaleUnternehmensrech nung an
der Ruhr-Universität Bochum.
AndréSchmidt ist Wissenschaftlicher Mitar-
beiter und Habilitand an diesem Lehrstuhl.
FiktiveNebenwirkungen?
VonDavidFolkerts-Landau
DERBETRIEBSWIRT EUROPLATZFRANKFURT
WIRTSCHAFTSBÜCHER
Der Homoeffectivus
WieManager moderne Organisationen führen sollen
In immer mehrUnternehmenstehen
Umbau und leider auchAbbau auf der
Tagesordnung. Dakommt dievorliegen-
de, in der 14. Auflageerschienene
Schriftder beidenOrganisationsbera-
terKlaus Doppler und Christoph Lau-
terburggeraderecht,erheben sie doch
den nichtgerade unprätentiösen An-
spruch,Strategien eines erfolgreichen
Unternehmenswandels vorzustellen.
Sie sehen ihrWerk sogar alsKochbuch
mit denrichtigen Rezepten. Dasweckt
hohe Erwartungen.
Ihr Kompendiumgliedertsichindrei
Teile. Im ersten Teil wir dtreffend das
Zukunftsszenariounserer Unterneh-
men skizziert–durch das Akronym
VUKA,also Volatilität,Unsicherheit,
Komplexität und Ambiguität.Um in die-
sem Umfeld er folgreichzusein, bedürfe
es –sodie nichtganz überraschende Er-
kenntnis der Berater–neuerOrganisati-
onsformen undvorallem eines neuen
Rollenverständnisses der Manager.Im
zweitenTeil zeigen sie auf, wie Manager
den Wandel grundsätzlichgestalten kön-
nen. DieAutoren plädieren dafür,Ener-
gie zuwecken,Vertraue nzuschaffen
und Emotionen inVeränderungsprozes-
sen Raum zu lassen. Das klingt alles gut,
dürfteaber in der rauhenWirklichkeit
eines wirtschaftlichenAbschwungs und
angesichts erodierender Geschäftsmo-
delle in vielen Branchen–etwadem sta-
tionären Handel und klassischen Ban-
ken–nur schwer erreichbar sein. Im
drittenTeil präsentieren die Autoren
wichtigeInstrumentefür das Change
Management.Dieser Teil bietetdem Le-
ser die Chance, sein Methodenwissen
aufzufrischen. In ihrem philanthropi-
schenAusblickwenden sie sichvehe-
mentgegen„menschenverachtende Sa-
nierer“, die wieder imKommen seien.
Sie fordernstattdessen umsichtige, soli-
darische ChangeManager,die notwendi-
ge Veränderungenkonsequent umset-
zen, dabei aber die sozialen Bedürfnisse
der Beteiligtenberücksichtigen. Dieser
raren SpeziesvonManagernwollen sie
das notwendigeRüstzeug vermitteln.
Am Erfolg ihres Plädoyers scheinen sie
indessen leichte Zweifel zu haben, heißt
es dochamEnde des Buches, dasswir
vondem entsprechenden Denken in der
Realität nochLichtjahreentfernt seien.
Das bestärkt den Eindruck,dassdas ver-
dienstvolleWerk –abgesehenvonden
praxiserprobten Instrumenten –bei
nüchterner Betrachtungvorallem heh-
re Wünsch-dir-Was-Rezepte offeriert.
Ob sie dem unter Erfolgsdruck stehen-
den Manager ingebeutelten Branchen
weiterhelfen, istnicht ausgemacht.
ROBERTFIETEN
Klaus Doppler,Christoph Lauterburg:
ChangeManagement. 14. aktualisierte Auf-
lage, CampusVerlag, Frankfurt,NewYork
2019, 586 Seiten, 79 Euro.
IllustrationPetervon Tresckow
B
örsennotierte Gesellschaftensind
verpflicht et,einen Prognosebe-
richtzuerstellen. Wichtig für die
Anleger sind dieUmsatz- und Gewinner-
wartungen. DieVorschrift verlangt, dass
bei den abgegebenen Prognosen neben
der Richtung (als positiver oder negativer
Trend,steigen oderfallen) auchdie Inten-
sität (Stärkedes Trends, alsostark, erheb-
lich, geringfügig, leicht) der erwarteten
Veränderunggegenüber dem Istwertdes
Berichtsjahres ersichtlichwird. Werim
Verlauf des Jahres merkt, dasserseine
Prognosen nicht einhaltenkann, muss
das mitteilen.Verfehlt man die Prognose
nachunten, gibt man eine sogenannteGe-
winn- oderUmsatzwarnung heraus, läuft
das Jahr besser alsgeplant, meldetman
eine Umsatz- oder Gewinnerwartung.
Die Zahl der sogenannten Gewinn-
und Umsatzwarnungen hat in Deutsch-
land imvergangenen Jahr einen Höchst-
stand erreicht :Die 306 im PrimeStan-
dardder Deutschen Börsegelistete nUn-
ternehmen veröffentlichten insgesamt
171 Gewinn- oder Umsatzwarnungen.
Das istnachAuswertung durch die Bera-
tungsgesellschaftEYein Anstieg um 25
Prozentgegenüber demVorjahr.Die Pro-
gnoseverfehlungen, der GewinnvorSteu-
ern, Zinsen undAbschreibungen (Ebit)
wurde im Durchschnitt je Gewinnwar-
nung um 37 Prozent nachunten revidiert,
führtenimDurchschnitt zu einerKursre-
aktionvon7Prozent–auchnachunten.
Besondersinteressant sind jeneUnter-
nehmen, bei denen die Prognosevöllig
kippt, also aus einem erwarteten Anstieg
vonUmsatz und Gewinn einRückgang
beim Umsatz und einVerlustwird. Imver-
gangenen Jahr mussten die börsennotier-
tenUnternehmen siebenmal zugeben,
dassandie Stelle eines erwarteten Ge-
winns jetzt dochein Verlusttretenwerde.
Bei kleinen Gesellschaften ging es manch-
mal nur umwenigehunderttausend Euro.
Es gababer auchFälle, in denen aus er-
warteten Millionengewinnen dann doch
Millionenverluste wurden, die Prognose
also weit verfehlt wurde. So hatte die Salz-
gitterAG zu Beginn des Jahres nochei-
nen Vorsteuergewinn EBT aus dem opera-
tiven Geschäftvon 125 bis 175 Millionen
Euroerwartet. Der mussteimLaufedes
Jahres auf einen„Verlus timmittleren
zweis telligen Millionenbereich“korri-
giertwerden. Thyssen-Krupp erwartete
zunächsteine „deutlicheSteigerungge-
genüber den 60 Millionen EuroJahres-
überschussdes Vorjahres“ undgabdann
kleinlaut zu, dassman beim Jahresüber-
schus seinen Fehlbetrag erwarte. Auch
bei Delticom wurden im Laufedes Jahres
aus etwa 10 Millionen EuroGewinn 10
Millionen EuroVerlus t. geg.
Der Win dhat sichgedre ht
Unternehmen im Wandel
EinLehrbuch für Change Manager
Die Prognosenwerden
reihenweise wiederkassiert
Zahl der Ergebnissenkungen erreicht Rek ord
Nachhaltigkeitsziele
prä gendie
Unternehmensführung.
Der Druck kommt
voninstit utionellen
Anlegern. Privatanleger
interessierensichkaum
dafür.
VonBernhard Pellens
und AndréSchmidt