Frankfurter Allgemeine Zeitung - 24.02.2020

(Wang) #1

SEITE 28·MONTAG,24. FEBRUAR2020·NR.46 Sport FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


Auch im Moment seinesgrößtenTrium-
phes blieb sichFrancescoFriedric htreu.
Keine ausgelassenenFreudensprünge, le-
diglic hein breites Grinsenmachte sich
auf seinem Gesicht breit. Dabei hatteder
Bobpilotaus Pirna Historisches voll-
bracht.Aufseiner Heimbahn in Altenberg
wurde der 29-Jährigewieder Weltmeister
im Zweierbob. Seit 2013 hältFriedrichs
Siegesserie an. Damit hält er jetzt denRe-
kord vonsechs WM-Titeln nacheinander.
„Genial, dasswir dasgeschafft haben“,
rief er denetwa 3000 Fans zu, die im Dau-
erregenausgeharrt hatten. Undsprach
dann: „Das isteine Bestmarke für die
Ewigkeit.“
Sein Anschieber Thorsten Margis, ein
1,92 Meter langer Hüne,kämpftemit den
Tränen. Dann sagteer: „Wir hatten einen
enormen Druck, und wir hatten auchdie
Momente, in denen wir uns nicht sicher
waren.“ Dochgemerkt hat man davon
nichts.VomerstenLauf an ließ der Dop-
pel-O lympiasiegerkeinenZweifel aufkom-
men, dassihn einer seinerKonkurrenten
vonseinerRekordjagd abbringenkönnte.
In 54,00 Sekunden raste er in seinemgel-
ben Schlitten durchden 1413 Meter lan-
genEiskanal. Damit hatteerseinen eige-
nen Bahnrekordum48Hundertstelsekun-
den unterboten. Er zeigtesichtrotzdem
enttäuscht:„Wirwaren nochetwas zu
langsam. Eigentlichhatten wir uns eine
53,99vorgenommen.“Nach vier Durch-
gängen hatteer 1,65 SekundenVorsprung
vordem Teamkollegen Johannes Lochner.
Das lässt vi er perfekteLäufevermuten.
PerfektionistFriedric hschüttelt denKopf:
„Im ersten Durchgang warenzweikleine
Fehler drin.“
SeinenKonkur renten blieb nur,dem Re-
kordmann zugratulieren. „Daswarjetzt
die dritteSilbermedaille im Zweier“, sagte
Lochner.ImmerwarFriedric hschneller.

„Aber gegenFranz zuverlieren istkeine
Schande“, befand der 29 JahrealteBayer,
„da können wir uns nur hinten anstellen
und bewundern, wie er die Kisterunter-
zaubert. Deshalb istfür michSilber genau-
so vielwert wie der Sieg.“UndNico Wal-
ther,der sic himHerbst bei einem Sturz
auf dieser schwierigen Bahn nocheinen
Brustwirbel angebrochen hatteund nun
erst im letzten Durchgang eine Medaille
verpasste, meinte: „Hut ab,Franz hat den
Titelabsolutverdient.Momentan isterim
Zweier das Maß aller Dinge. Dakommt
niemand ran.“
Der neueRekordmann überlässt nichts
dem Zufall. Dies beginnt beimStart. Mit
seinem Anschieber Thorsten Margis, der
ihn zum fünften Mal zum Titelgeschoben

hat, gehörterimmer zu den Schnellsten.
Dies geht beim Materialweiter.Nachden
Olympischen SpielenvorzweiJahren hat
er mit derVorbereitung auf dieseWelt-
meisterschaften begonnen. Bei den vielen
Trainingsfahrtenbei de nunterschiedlichs-
tenWitterungsbedingungen hatFriedrich
die schnellstenKufenund das passende
Setup herausgearbeitet.Deshalb hat ihn
der WetterumschwungvonSamstag auf
Sonntag mit höherenTemperaturen und
Regennicht aus der Spur bringenkönnen.
Die Idealliniekennt er sowieso. „Das ist
unsereBahn, wir haben so vielgeübt, ich
kenne jede Lenkbewegung“, erklärte er.
Neben seinem athletischen und fahreri-
schenTalent istauchder MenschFried-
rich für den Erfolg verantwortlich.Weil er
eine familiäreStimmung innerhalb seines
Teams schafft,herrschtbei seinen An-
schiebern sehr wenig Wechsel. „Ichbin
mit allen eng“, sagtFriedrich. „Die Jungs
machen alle einen super Job, auchdie, die
heutenicht geschoben haben.“ Deswegen
sagt AnschieberMargis: „Franz hat ein un-
heimlichgroßes Luxusproblem.“ Amkom-
mendenWochenendewerden Candy Bau-
er,Martin Grothkopp und Alexander
SchüllerimVierer zum Einsatzkommen.
Dannwerde, da istsichFriedric hsicher,
Margis dasTeam unterstützen. „Das ist
der Schlüssel unseres Erfolges, dasswir
eine sogeschlossene Einheit bilden“, sagt
Chef Friedrich, „wir machen alles zusam-
men, gehen durch dickund dünn.“
Noch hatteFriedric hseinengroßen
WM-Pokal nicht erhalten, da dachte er be-
reits weiter .„Nächstes Jahrkommt mit
LakePlacid nocheine schwereBahn und
dann Olympia“, sagteer. Undversprach:
„Da werden wir auchwieder Gasgeben.“
Denn trotz desRekords–FrancescoFried-
rich hat nochnicht genug. Den Begriff
Übergangsjahrkennt er nicht.

cld. ANTHOLZ.So langsam kipptdie
Gefühlslage. Der Buhmann bekommt
auf einmal Mitgefühl und erntet sogar
Anerkennung–rein sportlichbetrach-
tet. Unddas vonKonkurrenten, die
Alexander Loginowwegen seiner Do-
ping-Vergangenheit–zweiJahreSper-
re nachEpo-Missbrauch–und seiner
unnachgiebigen Haltung alles andere
als zugeneigtsind. Weil selbstmancher
harsche Kritiker des 28 Jahrealten Rus-
sendenZeitpunktderDoping-Razzia
der italienischenPolizei für unangemes-
sen hält. DiewaramSamstagmorgen
um 5.50 Uhr–wenigeStundenvordem
Staffelwettbewerb –ins Mannschaftsho-
telder Russ en eingedrungen und hatte
Loginowsamt seinem Zimmergenos-
sen Jewgeni Garanitschewaus dem
Bett geholt.Wobei allein derrussische
Sprint-Weltmeisterund sein persönli-
cher Trainer Alexander Kasperowitsch
das Ziel derRazzia waren, nicht die
Mannschaft. Die Polizei untersuchte
eineinhalbStunden dieRäumlichkeiten
und konfiszierte Laptop, Handy und ei-
nigepersönliche Habseligkeiten Logi-
nows.Das Vorgehen sei durch den Arti-
kel586 desStr afgesetzbu ches –Verwen-
dung oderVerabreichungvonDoping-
Mitteln –gedeckt, hieß esvonder
StaatsanwaltschaftinBozen. Loginow
beschwerte sichüber das Vorgehen.
„Sie haben uns die Gewehreweggenom-
men, alswärenwir Schwerverbrecher.
Sie haben uns aufgefordert, in derUn-
terhose ganz still zu sitzen“, sagteder
Russe. Undspäter :„Sie können mich so
oftkontrollieren, wie siewollen –ich
habe nichtsUnrechtes getan.“
Erik Lesser,einer der vierAthleten-
vertreterinder Internationalen Biath-
lon Union (IBU) undVerfechter einer
Null-Toleranz-Politik in Sachen Do-
ping, findet es „extrem hart, dassdie Po-
lizei an einemStaffel-Tagmorgens um
sechs eineRazzia macht.Das hätten sie
entweder gesternamRuhetagoder
nachdem Rennen machen können,
aber nichtvoreinem Mannschaftsren-
nen. Ichfand das ein bisschenfehl am
Platz.“Weil dann auchdie anderen drei
Kollegen, denen dieUntersuchungex-
plizit nichtgalt, darunter leiden müs-
sen, wasals eine ArtWettbewerbsver-
zerrung anzusehen ist. Wobei es Lesser
ausschließlich um denZeitpunktgeht.
Eine Razzia an sichbegrüßt der Thürin-
ger, sofer nhinreichendeVerdachtsmo-
mentebestehen. „Für eine Untersu-
chung mussvorher ja docheiniges pas-
siertsein, dassman das darf. Ichbin ge-
spannt, wasdabei rauskommt“, sagt
Lesser,der gerade wegender Aktion
am frühen Morgenaber auch„Hochach-
tung vorLoginow“ empfindet: „Dasser
danach wieder so gutgeschossen und
die Staffelauf Platz viergeführthat –
dieseNerven mussman er st mal ha-
ben“, sagt Lesser,der beobachtet hat,
wie jeder öffentlicheAuftr itt der Rus-
sen in Antholz zu einer ArtSpießrute n-

lauf gerät. „Das tut mir sogar leid für
die.“ Wasnichts an Lessersgrundsätzli-
cher Einstellung ändert. „Es istmeine
festeÜberzeugung, dassjemand, der
zwei Jahrewegen Epo-Dopings ge-
sperrt war, nicht mehrstartensollte.
Aber unsereRegularien sind eben an-
ders.“ Am Sonntag verzicht eteLogi-
nowauf die Teilnahme am Massen-
start. Er befinde sich „nicht in einem op-
timalen psychologischenZustand“,teil-
te sein Verband aufTwitter mit.
Loginows Zusammenarbeit mit dem
früherenrussischenFrauentrainer Alex-
anderKasperowitschträgtnicht dazu
bei, die Skepsis zu zerstreuen. Der
Mann spielt eine zwielichtigeRolle und
hattebeispielsweise den plötzlichen
Rück zug seiner damaligenAthletin Je-
katerina Glasyrina unmittelbar vor
dem WM-Auftakt 2017 in Hochfilzen
mit taktischenÜberlegungenbegrün-
det, obwohl da schon klarwar, dasssie
wegenAuff älligkeiten bei mehrerenDo-
ping-Kontrollen suspendiertworden
war. Im Mai 2018 wurde daraus eine
zweijährigeSperre.Und seine Akkredi-
ti erung für die WM in Antholz hat sich
Kasperowitscherschlichen. Wladimir
Dratschew, Präsident desrussischen Bi-
athlon-Verbandes, bestätigte, dasserin
Antholz „die Akkreditierung einer an-
derenPerson benutzte“.Wasernicht

sagt:Kasperowitschhat sic hunter fal-
schemNamen als ukrainischerWachser
Zutritt zur WMverschafft und Loginow
draußen auf derStreckegecoacht.Das
istAkkreditierungsbetrug. Er als Präsi-
dent sei natürlichnicht sehrglücklich
über die AnwesenheitvonKaspero-
witschbei der WM. „UnserTeam ist
komplett, und die persönlichenTrainer
können nur alsTouris tenhierherkom-
men“, sagteDratsche w. Fragt sichnur,
weshalb der Touris tKasperowitsch
dann imrussischen Mannschaftshotel
wohnt.Die unabhängigeInteg rity Unit
der Internationalen Biathlon Union
(IBU) istinSachen Kasperowitsch
längstaktiv geworden. Wasden Fall Lo-
ginowangeht, hält es die IBU wie im-
mer,wenn staatlicheAutoritätenim
Spiel sind.Vollumfängliche Zusammen-
arbeit mit den italienischen Behörden,
aber kein Kommentar,solangedie Un-
tersuchungen nochnicht abgeschlossen
sind. Daskann dauern. Bei allem Mit-
leid und allenUnschuldsvermutungen:
Die Zweifel bleiben.

fei. HAMBURG. Wenn es zuletzt um
Trainer Kristján Andrésson ging,fiel
kaum einem Spieler der Rhein-Neckar
Löwenetwas Gutes ein.Nurmühsam
versteckteKritik am Coachwar zu hö-
ren, wenn sichdie Handballprofis nach
den Spielen äußerten. Mal monierte
UweGensheimer die unerklärlichen
Leistungsschwankungen; dann sagte
Anführer Andy Schmid, man mache es
sichzuleicht, nur denTrainerverant-
wortlichzumachen.Wasinallen Aussa-
genfehlte: ein Bekenntnis der Spielerzu
ihrem Coach.Undauchdas, wasder
mächtigeTeammanager Oliver Rog-
gischsagteoder nicht sagte, wirktewie
eine KritikamTrainer. Es schie nsymbo-
lische Bedeutung zu haben, wie nach
dem peinlichen 29:29gegenden TBV
Lemgo am Donnerstag ein ziemlich
kräftig wirkenderRoggischneben ei-
nem klein und zerbrechlichaussehen-
den Andrésson saß.
Undsokam es, dassder Bundesliga-
Neuling Andrésson am Samstagvordie
Türgesetzt wurde. Die üblichen Phra-
sen imRahmen einer Entlassungkonn-
tennicht darüber hinwegtäuschen, dass
die Löwenmit diesem Coachdaneben-
gegriffenhaben: Es sollteeine Dauerlö-
sung für dieZeit nac hMeistertrainer Ni-
kolajJacobsenwerden; bis 2022 läuft
AndréssonsVertrag. Dochmit demkom-
plizierten Löwen-Kader,der keinen fri-
schen Lack, sondern eine vollständige
Renovierung braucht, warAndrésson
überfordert. Der Meistervon 2016 und
2017 hat viel zu langeauf seine Hauptfi-
gurengesetzt .Andrésson sollteesd ann
sein, der dieNeuen wieRomain La-
gardeund Niclas Kirkeløkkeeinbaut.
Auch dieAbwehr wollteerverändern.
Dochdie Beharrungskräfte dieser erfah-
renen, langeerfolgreichen Mannschaft
warengroß –und Andréssonverlor.
Alles bei den Löwenhängt an Andy
Schmid. Diesergeniale Spielmacher hat

den Klub aus Mannheim über Jahremit
seinen Anspielen undToreninder euro-
päischen Spitzegehalten,flankiertvon
Kollegen, die auf seinKommando hör-
ten. DochSchmid ist36Jahrealt;er
kann nicht Jahr für Jahr Höchstleistung
bringen. Das Löwen-Spiel istentschlüs-
selt.Auchdeswegen laufen sie in der
Meisterschaftder Musik hinterher,sind
im DHB-Pokal ausgeschieden und spie-
len nicht in der Champions League. Die
medialgrell ausgeleuchteteRückholakti-
on vonUwe Gensheimer ausPariswar
bislangwenig er folg-
reich, aber ziemlich
teuer.Man vermisst
den Zukunftsplan.
Bis aufWeiteres soll
Roggischzusammen
mit MichelAbtaus
dem Löwen-Nach-
wuchs die Mann-
schaf ttrainieren.
Unterihrer Regie
kamdas Team am Sonntag beim spani-
schen Klub Liberbank Cuenca zu einem
33:28-Sieg im EHF-Cup.
Wermit dem schwierigenNeuauf-
bau betraut wird,gilt alsvollkommen
offen. DerPoste nals Trainer bei den
Löwenist einer der reizvollstenin
Deutschland,vordem Hintergrund der
Alter sstruktur der Mannschaftund vie-
ler unbequemer Entscheidungen aber
auch einer deranspruchsvollsten.Zuzu-
trauenwäre er LjubomirVranjes. Der
frühe re FlensburgerCoachliebäugelt
mit einerRückkehr in dieBundesliga,
istaber nochinKristianstad gebunden.
Vonden Er folgen herwäre auchWetz-
lars KaiWandschneider einKandida t;
seinVertrag bei der HSG endet Mitte
2021.UndauchChristianProkop wäre
einespannendeVariante. Dassereine
Mannschaftaufbauen kann,hat der
entlassene Bundestrainer inLeipzig be-
wiesen.

„Die Nerven
mussman er st
einmal haben“:
Loginow führt
RusslandsStaffel
auf Platz vier.
Am Sonntagver-
zicht et er. FotoEPA

D


assMinisterpräsident Giusep-
pe Contedann doch nicht den
Wegindie Südtirol Arena nach
Antholzgefunden hat, um Do-
rotheaWierer persönlich zu gratulieren,
lag einzigdaran, dasserwegen des Coro-
navirusgefordertwar,das in Italiennach
zwei Todesfällenschon zurigidenVorsor-
gemaßnahmengeführthat.Contehätte
am Sonntagzum Abschlussder Biathlon-
WM nocheinmal einen packenden Zwei-
kampfimMassenstart zwischen Wierer
und Marte OlsbuRöiseland erlebt, auch
wenn dieserzugunstender mit fünf WM-
Titeln überragendenNorwegerinendete.
Wasnichts daran ändert, dassdie Biath-
longöttin dieser WM aus dem Antholzer
Talstammt: „Doro“ entfachte mit je zwei-
mal Goldund Silber Begeisterungweit
überSüdtirol hinaus. Ansonstensahen ins-
gesamtmehr als 150 000 Zuschauer eine
WM derNorweger und derFranzosen. Jo-
hannes Thingnes Bö,wegender Babypau-
se nachder Geburt vonGusta vnicht in
BestformnachAntholzgereist,belohnte
sichzuguter Letzt im Massenstartmit sei-
nem ersten Einzel-Titel dieser WM,was
seineGesamtbilanz auf zweimal Goldund
dreimal Silber erhöhte. MartinFourcade,
der nacheinerschwierigen Saisonwieder
auf höchstem Niveau angekommen ist,
freut esichüber zweimal Goldund einmal
Bronze.
Unddie Deutschen?Die fahren zumers-
tenMal seit 2013 ohne WM-Titel nach
Hause.Wasnochbemerkenswerter ist:
Bronze in derStaffelamSamstagverhin-
derte bei den hochgelobten Männernzu-
dem die erstemedaillenlose WM seit 1969
–vom Mixed einmalabgesehen. Das ist

weit wegvom eigenen Anspruch.Trotz-
dem fällt die Bilanzzweigeteilt aus. Es
herrschte schon ein bisschenverkehrte
Welt. Weil die Frauen in der Südtirol Are-
na dasstarke Geschlechtwaren. Dasszum
Schlu ss die Kräfte ausgingen undFranzis-
ka Preuß im Massenstartals beste deut-
sche Skijägerinauf Rang acht landete–ge-
schenkt.„Die Oma hat zu Hause schon
den Sektkaltges tellt“, sagteVanessa Hinz
stellvertretendfür alle.Sie haben in der
Saison eins nachLauraDahlmeier oftrich-
tig auf den Deckelbekommen.Aber wenn
man beim Saisonhöhepunkt in Bestform
ist, hat man vielesrichtig gemacht. „Sie ha-
ben hiergezeigt,wozu sie wirklichinder
Lage sind“, bilanzierte Frauentrainer Kris-
ti an Mehringer zufrieden. Dreieinhalb Sil-
bermedaillenwärenvorher alskühne Pro-
gnose bezeichnetworden.Noch dazufast
gleichmäßigverteilt:DeniseHerrmann in
der Verfolgung,Vanessa Hinz im Einzel,
FranziskaPreuß mitErikLesser in der Sin-
gle Mixed und allezusammen mitKarolin
Horchler in derStaffel. Wasjetzt nicht
heißt :WMgut –alles gut.„Antholzsoll
nicht überdecken, dasswir gerade im
Nachführbereichfür die dreiWeltklasse-
Athletinnen sehr hartarbeiten müssen.
Wirwerden einenPerspektivkader aufstel-

len“, sagt Bernd Eisenbichler, der neue
SportlicheLeiter Biathlon.
Womit wir bei den Männernwären.
Konditionell bestens vorbereitet,läufe-
rischSpitzenklasse. Aber leidermit der
Problemzone Schießstand. Wasauchder
MassenstartamSonntagnocheinmalbe-
legte:20Fahrkarten teiltensichdie vie rBi-
athleten,vondenen JohannesKühn (vier
Fehler) aufRang zehn nochder Bestewar.
Trotzdem behauptetEisenbichler:„Wirha-
ben kein Schießproblem.“Natürlic hwird
es am Saisonende eine detaillierte Analy-
segeben –aber dasKompetenzteam Schie-
ßen existier tschon. Die Schwierigkeiten
in Antholzwarenamdeutlichsten bei Be-
nedikt Doll zu beobachten. Als bester
Deutscher im Gesamt-Weltcupangereist,
wackelte er am Schießstand wie in alten
Zeiten. Nicht allein, dassermit einerStraf-
runde dasgreifbare Staffel-Gold nochaus
den Händengab. Schonvorher warensei-
ne Schießleistungen bedenklich. Insge-
samt 14Fahrkarten schossder 29 Jahre
alteSchwarzwälder –wie JohannesKühn
–inden drei Einzelkonkurrenzenvorder
Staffel–macht eineTrefferquotevon 72
Prozent,weitab derWeltklasse. „Ic hhabe
gerade am Schießstand ein Selbstvertrau-
envonminus zehn“, sagte Doll nachBron-
ze in derStaffel. Aber genau diese innere

Balance braucht ein Schlussläufer,der den
meistenDruck aushalten muss.Vielleicht
wäre Kirchner besser beratengewesen,
dem treffsichereren ArndPeiffer(Quote
vorder Staffel86Prozent) diesenPart an-
zuvertrauen, auchwenn der 32 Jahrealte
Niedersachse ihn nichtgerade liebt.Der
Einzel-Weltmeister vonÖstersund 2019
sagtetrotz guter Leistungen in Sprint,Ver-
folgung undvorallem in derStaffelge-
wohnt selbstkritisch: „Eswarnicht meine
beste WM.“
Aber esgabauchGewinner imTeam
Germany. Erik Lesser zum Beispiel.Nach
einerverkorksten Saison aus denTiefen
des IBU-Cupsaufer standen,avancierte
der 31 JahrealteThüringer zum WM-Jo-
ker. Zwei Einsätze, zwei Medaillen–je-
weils mit beeindruckenden Schnellfeuer-
einlagen: Das nenntman einen Auftritt.
Ki rchner, der sichbei der Besetzung der
StaffelübereinigeBedenken hinwegset-
zen musste, weil Lesser im Gegensatz zu
allen anderenimTeam nur die halbe WM-
Norm geschaf ft hatte, darfman in diesem
Fall getros tein glückliches Händchen at-
testieren. Dennwenn einer seinenEinsatz
als Startläufergerechtfertigt hat, dann der
Mann aus Oberhof,der seine Saison nach
der WM beendet und nicht mehr zur Euro-
pameisterschaftnach Minskreist.
Auch Philipp Horn, mit 25 Jahren der
Jüngste im Team, darfman zu den Gewin-
nernzählen. Im Sprint so schnell wie Jo-
hannes Bö, in derStaffelauf Augenhöhe
mit MartinFourcade,der Thüringer ist
„mit so einem WM-Debüt auf einem gu-
tenWeg, ein Großerzuwerden“,sagt
Kirchner.AmSonntag zeigteeraller-
dings,woseine großen Defizite nochlie-
gen: siebenFehlerimMassenstart. Das
passt ins deutsche Gesamtbild.

Foto dpa

„Die Omastellt den Sektkalt“: Denise Herrmann, FranziskaPreuß, Vanessa Hinz undKarolin Horchler (von links) freuen sichüber Staffel-Silber. Fotodpa

Rekord-Weltmeister Francesco Fried-
rich lässtsichfeiern. FotoAP

Über fordertun dentlassen


Handball-Trainer Andréssonkommt mit dem


komplizier tenLöwen-K adernicht zurecht


Ver kehrteWelt im Biathlon


„Ein eBestmarke fürdie E wig keit“


FrancescoFriedrich holt im Zweierbobden sechstenWM-TitelinFolge, der


Konkur renz bleibt nurStaunen / VonKlaus-Eckhar dJost, Altenberg


dpa. BERLIN.Normalerweise fährt
DavidAyresinToront odie Eismaschi-
ne. Wenn nochein Torhüter gebraucht
wird, trainiertder 42-Jährigebeim Eis-
hockeyteam der Maple Leafsauchmal
mit.Und eigentlichwollt eAyres am
Samstageinengemütlichen Abend als
Fanverbringen. Dochdann gaberals
sogenannter„Notfalltorhüter aufAb-
ruf“ sein Profi-Debüt imTrikot des
Gegners–derCarolina Hurricanes.
Durch das 6: 3wurde Ayresder älteste
Goalieinder Geschichte dernordame-
rikanischen Eishockey-ProfiligaNHL,
der sein erstes Hauptrundenspielge-
wann. Zu Beginn des Spiels saß erge-
meinsam mit seinerEhefrau noch auf
der Tribüne,als zunächstCarolinas
TorwartJamesReimerverletzt vom
Eis musste. Ayresging daraufhin
schon einmal in dieKabine und berei-
tete sichauf den möglichen Ernstfall
vor.DiesertratimzweitenDrittelein.
DennErsatztorwartPetr Mrazekmuss-
te nacheiner Kollision mit einem Ge-
genspielerebenfallsausgewechselt
werden. Ayreshattedavonzunächst
nichts mitbekommen, dochdie Text-
nachrichten auf seinem Handy häuf-
tensich–und er musstetatsächlich
aufs Eis. Der „Notfalltorhüter“ wird in
der NHLvonder Heimmannschaftge-
stellt.Diesist kein auf strebender Goa-
lie, sondern jemandmit Torhüter-Er-
fahrung und oftandere mBeruf. „Ich
warein bisschengeschockt.Aber ich
habe esgeliebt.Ich hattedie bes te Zeit
meines Lebensdadraußen“, sa gteAy-
res. Die ersten beiden Schüsseließer
nochpassie ren, danachglänzteermit
acht Paraden und erlebteeinenunver-
gessliche nAbend.Fürseinenkuri o-
sen Einsatz bekam er 500 Dollar,sein
Trikot darferbehalten. „Im zweiten
Drit telwar ic hein bisschenwacklig,
aber ichhabe den Jungsgesagt: Wenn
dasdritteDrittel beginnt,werdeich ru-
hig und bereit sein,das Spiel zugewin-
nen.“Und sokamesinder Tat.

„Selb stvertrauenminus zehn“: Diedeutschen


Männerenttäuschenbei de rWMmit allzu vielen


Fahrkarten. DieFrauenüberraschenals dasstarke


Geschlecht. VonClausDieterle, Antholz


Skepsis und Mitgefühl


mit demRussen Loginow


Nach der Razzia wirdbekannt, dasssichTrainer


Kasperowitschdie Akkreditierung erschlichen hat


KristjánAndrésson

Verrückt eNHL:


Eismeister imTor

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