Frankfurter Allgemeine Zeitung - 21.02.2020

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FREITAG,21. FEBRUAR2020 Deutschland und die Welt FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


boe./pwe.PEKING/TOKIO.DieBehör-
den in derchinesischen Krisenprovinz
Hubei haben abermals die Definition für
bestätigt eFäll evonCoronavirus-Infektio-
nen geändert.Zuvorwaren dorteine
Wochelang auchsolche Patientenmit-
gezählt worden, bei denen eineLungen-
entzündungmitHilfevonComputerto-
mographiefestgestelltwordenwar. Am
Donnerstag wurde mitgeteilt, dassman
zu der früheren Zählweise zurückkehren
werde, wonachnur solcheFälleals bestä-
tigt gewertet würden, bei denen das Erb-
gut des neuartigen Coronavirus nach-
gewiesen wurde. Infolgeder neuen Zähl-
weise meldete Hubei am Donnerstag nur
349 Neuerkrankungen. Am Tagzuvor
warenes1693 gewesen.
Vorgut einerWochewaren die CT-
Lungenbilder in Hubei als Beleg für eine
Coronavirus-Infektion eingeführtwor-
den, weil es in der Provinz nichtgenü-
gend Kapazitäten für Erbguttests gab
und weil die Genauigkeit dieserTestsan-
gezweifelt wurde. Durch die Verände-
rung der Kriterien hattenPatienten auch
ohne einen sogenannten PCR-TestZu-
gang zu Krankenhausbetten bekommen.
Aufdiese Weise wurden jedoch auch
Krank emitgezählt und eingewiesen, die
möglicherweise nur eine Grippe hatten.
Ausdiesem Grund sei man zur ursprüng-
lichen Zählweise zurückgekehrt, teilte
die Gesundheitskommission der Provinz
Hubei mit. Damitgelten nun imganzen
Land wieder die gleichen Kriterien.
Außerhalb der Provinz Hubei wurden
am Donnerstag lediglich45Neuerkran-
kungen gemeldet. Seit nunmehr 16Ta-
gensinkt dieregistrierteZahl derNeu-
infektionen in denweniger betroffenen
Gebietendes Landes. Die Regierung
sieht darin einen Beleg dafür,dassihre
Präventionsmaßnahmengreifen. Die
Weltgesundheitsorganisation hat sich
dazubisher vorsichtig er geäußert.
In Südkoreadagegen hat sichdie Zahl
der mit dem Coronavirus Infizierten am

Donnerstag auf 104Personen mehr als
verdoppelt .Die Regierungwarnte,das
Virusbreite sic hinbegrenztemAusmaß
lokal aus. Südkorea meldete zugleichden
ersten Todesfall eines mit dem Corona-
virus Infizierten.Allein 50 Infektionen
wurden am Donnerstag in Daegu neu
festgestellt,etwa240 Kilometer südöst-
lichder Hauptstadt Seoul. DieStadt ist
zum Zentrum der Infektionen in Süd-
koreageworden. Auslöser isteine61Jah-
re alteFrau, die als „PatientinNummer
31“ bezeichnetwird. Sie hat offenbar
auchbeim Besuchvon Gottesdiensten
der sektenhaftenchristlichen Shincheon-
ji-Kirchedas Virusverbreitet. Die meis-
tender 70 Infektionsfälle in Daeguund
Umgebungwerden aufKontakte mit ihr
zurückgeführt. Dabei istnochunklar,wo
die Frau, die offenbar keine Kontakte
nachChina hatte,sichangesteckt hat.
Der Bürgermeisterder Stadt Daegu
mit rund 2, 5Millionen Bürgern forderte
die Einwohner auf, zu Hause zu bleiben,
um das Ansteckungsrisiko zu verringern.
Einwohner berichtetenvon geisterhaft
leeren Straßen.Tausendevonsüdkore-
anischen und amerikanischenSoldaten
und ihreFamilien in Daegubliebenvor-
erst weitgehend in ihren Lagernoder
Häusern. In Cheongdo, nurrund 40 Kilo-
meter vonDaegu entfernt, starb ein
63 Jahrealter mit demVirusinfizierter
Mann an einerLungenentzündung in ei-
nem Krankenhaus. In dem Hospital wur-
de rund ein Dutzendweiterer Infizierter
festgestellt.
Japan meldete unterdessen die ersten
Todesfälle vonPassagieren des Kreuz-
fahrtschiffs DiamondPrincess. Am Don-
nerstag starb en ein Mann und eineFrau,
beide älter als 80 Jahre. In Japan gibt es
damit nun dreiTote,die infiziertwaren.
Die DiamondPrin cessliegt seit Anfang
Februar inYokohama unter Quarantäne.
Am Donnerstag verließenweitererund
500 Passagiere, die negativ auf dasVirus
getestetworden waren, das Schiff.

Kindhaftetbei Unfall
Auch ein achtjähriges Kindkann dem
OberlandesgerichtCellezufolg ehaft-
bar gemachtwerd en, wenn es einen
Fahrradunfall mi teiner Fußgän gerin
verursacht hat.Das Gericht berichtete
am Donnerstag voneinem Fall, in
demrechtli ch nicht die Elternfür den
Schaden haften, sonderndas Kind
(Aktenzeichen 14U69/19). Ein Ge-
richtssprechersagte, letztlich trage
aber dieprivate Haftp flichtversiche-
rung de rElter ndie Kosten.Die da-
malsachtjährigeTochtereiner Familie
ausdemRaumHannoverfuhrdenAn-
gaben nachmit de mFahrrad, schaute
abernachhinten zu ihren Eltern.Vor-
ne mussteeineFußgängerin demZu-
sammenstoß ausweichen,stürzt eund
verletzte sic hfolgenschwer.Die Eltern
hatten dasKind mitRufenzuwarnen
versucht, deshalb bescheinigt eihnen
das Oberlandesgericht,sie hätt en ihre
Aufsichtspflich tnicht verletzt.Zum
Kindhießes,esfahreseitseinemfünf-
tenLebensjahr im Straßenverkehr
Fahrrad. Es habegewusst,dassseine
Fahrweise i ndem Momentgefährlich
gewesensei. dpa

BGH gibtTrainerrecht
Im Züchterstreitumein Fohlen der
StuteWeihegoldhat der Bundesge-
richtshof (BGH) demReitmeisterJo-
hannHinnemann aus demniederrhei-
nischen OrtVoerderechtgegeben.
DerBGHwiesamDonnerstageineRe-
visio nvon Weihegolds Eigentüme rin
Christine Arns-Krogmanngegenein
UrteildesOLGHamm zurück(Akten-
zeichenIIIZR55/19).Weihegol dist ei-
nesder er folgreichs tenDressurpferde
der Welt.Der Stutewurden mehrmals
befruchtete Embryosentnommen und
anderenStuten zumAustrageneinge-
setzt .Als Züchterin is tfür 13 solcher
FohlenArns-Krogmann eingetragen.
Für ein 2013geborenesFohlen hatte
sichals Züchter aber Hinnemann ein-
tragen lassen.Zu Recht, wie derBGH
nun entschied–er hab eauchden ge-
samtenZuchtv organg gesteuert. dpa

SÃOPAULO.Inden kommendenTa-
genfeiert sichBrasilienzur Ekstase. Der
Karneval zieht Millionen Menschen auf
die Straßenvon Rio de Janeiro, Salvador,
Recifeund neuerdings auchSão Paulo,
wo in diesem Jahr fast ebenso viele Be-
sucher erwartet werden wie in Rio. Mu-
sik,Tanz,AlkoholundandereRauschmit-
telgibt es imÜberfluss, dazuviel Frei-
zügigkeit:Was für dieFeiernden dasreiz-
vollste Fest des Jahresist,sehen Fach-
leuteausdem Gesundheitswesen und die
Behörden als idealenNährbodenfür die
VerbreitungvonKrankheiten.
In diesemJahr is tdas neuartigeCoro-
navirus das bestimmendeThema. Doch
die Meinungen darübergehen auseinan-
der.DieGefahreinerweitreichendenVer-
breitung sei klein, beruhigt ein Spezialist
des GesundheitssekretariatsvonRio de
Janeiro,esgebe keinen Hinweis darauf,
dassdas VirusinBrasilien sei und sich
ausbreite.Tatsächlichwurden in Brasi-
lienundanderenLändernderRegionbis-
her nur Verdachtsfälle gemeldetund
nochkeine Infektionen bestätigt.Ind en
vergangenenTagengab es in Brasilien
drei Verdachtsfälle; eine Gruppe Brasi-
lianer,die aus derchinesischenStadt
Wuhanausgeflogenword enwaren,befin-
detsichweiterhin in Quarantäne.
UmsogrößeristdieAngst,dassTouris-
ten, die den Karneval besuchen,das
Covi d-19- Viruseinschleppenkönnten.
Das Gesundheitsministeriumweistzu-
dem darauf hin, dasstäglic hHunderte
Personen aus China nachBrasilien aus-
reistenundnichtvollständigausgeschlos-
se nsei, dassdas Virusunbemerktschon
Brasilien erreicht habenkönnte. In die-
sem Fall wäre bei einem Massenereignis
wiedemKarnevaldas Verbreitungsrisiko
wesentlich erhöht.
Brasiliens GesundheitsministerLuiz
Henrique Mandetta mahntetrotz der
Sorgewährend desKarnevals zurRuhe.
„Wir werden die Überwachung ver-
stärkenund unsereGesundheitssysteme

so or ganisieren, dasssie während des
Karnevalsde nbestmöglichenServic ebie-
ten.“ Mandetta wies darauf hin,dassdie
Aufmerksamkeit nicht allein dem Coro-
navirusgelte. Imvergangenen Jahretwa
sei nach demKarneval ein eHäufungvon
Masernfällenverzeichnetworden. Auch
ander eKrankheiten wie zum Beispiel
dasDenguefieber, dasinBrasilienweiter-
hinhäufig vorkommt,verbreiten sichin
großen Menschenmengeneinfacher und
rascher .Und auchHIV bleibt trotzaller
Präventionskampagnen weiterhin ein
Thema in Brasilien.
In einer Sitzung mit den Gesundheits-
sekretären verschiedenerStädteforder te
Mandettadaher,die Feiernden sollten
bittezuetwas mehr„Etikette“aufgeru-
fenwerden.Wiedie Städtedas täten, sei
ihnenüberlassen ,fügteers cherzhaf thin-
zu. Dochdas Thema istalles andereals
spaßig. ImKarneval sei alles erlaubt,
heißt esgerne, dochbei dem Aufruf,
Grenzenzusetzen, geht es um mehrals
das Verhinder nder Ausbreitung von
Krankheiten. Jedes Jahrkommt es zu
zahlreichen sexuellen Übergriffenauf
Frauen,die weit übervorgebliche Miss-
verständnisse hinausreichen.
In denvergangenen Jahren sind des-
halb zahlreiche Aufklärungskampagnen
entstanden,umdas Problem anzugehen.
OfthelfeneinfacheMittelwie eintempo-
räresTattoomit der Aufschrift „Nein ist
nein“,das sic hauf der Schulter tragen
lässt. Das Zeichen isteindeutigund zeigt
Wirkung. DieAktion„Não énão“ warim
vergangenen Jahr in Rio de Janeiro der-
arterfolgreich, dassdie Kurzzeit-Täto-
wierungnunauchinanderenStädten ver-
teilt werden soll. Finanziertwirddie
Aktion mit Spendengeldern. Auchande-
re Organisationen bereiten sichmit Ak-
tionen auf denKarneval vor, um sexuelle
Übergriffe zu vermeiden.Außerdem gibt
es zahlreiche Plattformen, bei denen
Opfer sichmelden können und Hilfebe-
kommen. TJERK BRÜHWILLER

anla.SCHWALMSTADT.DasAmts-
gerichtSchwalmstadthatamDonners-
tagden Bürgermeister de rnordhessi-
schen Stadt Neukirchen, Klemens Ol-
bric h(CDU),wegen fahrlässigerTö-
tung durchUnterlassen in dreiFällen
schuldig gesprochen (Aktenzeichen
12KL s2Js12490/16).DieStrafrichte-
rinsprac heine Verwarnung mit dem
Vorbehalt einerGeldstrafe aus. Sie
verhängt eeine Bewährungszeitvon
zwei Jahren,innerhalb derer Olbrich
sichnichts zuschuldenkommen las-
sen darf, sonstgreiftdie Geldstrafe
von1 20 Tagessätzenzuje 100 Euro.
Außerdem musser4000 Euroaneine
gemeinnützigeEinrichtungzahlen.
DerCDU-Politikeristseitdenneun-
ziger Jahren Bürgermeister derStadt
im Schwalm-Eder-Kreis. Im Juni 2016
ertranken im DorfteichimOrtsteil
Seigertshausen drei Kinder im Alter
vonfünf, acht und neun Jahren. Die
StaatsanwaltschaftMarburgklagteOl-
bric han, weil er als hauptamtlicher
Bürgermeisterfür die Sicherung des
Teichs verantwortlichgewesen sei.
DieRichterinfolgteinihrerUrteils-
be gründung dieserArgumentation:
Die Stelle,ander die Kinder ertrun-
kenseien, sei durch eine Umbaumaß-
nahme mit Pflastersteinen bis insfast
zwei Meter tiefeWasser sorutschig
und durch Algenbewuchs glitschigge-
worden, dasssowohl die Kinder als
auchspäter Ersthelferund Einsatz-
kräf te nicht aus eigener Krafthätten
herauskletternkönnen. Olbrichsei
als Bürgermeister rech tlichdafür ver-
antwortlichgewesen, potentielle Ge-
fahrenstellen in seiner Gemeinde zu
erkennenundzubeheben.Erhabeda-
her seineallgemeineVerkehrssiche-
rungspflichtverletzt.Das Urteil ist
nicht rech tskräf tig.Die Verteidigung
kündigtean, in Berufung zugehen.

KurzeMeldungen


E


sist eine stille Zeremoniege-
wesen am Mittwochabend in ei-
nem Seitenraum derFrankfurter
Westend-Synagoge. Dabei war
es ein historischer Moment in der Ge-
schichte des deutschen Judentums nach
dem Holocaust. Dennzuder Feier reiste
David Lau an, der aschkenasischeOber-
rabbinerdes Staates Israel, der zusammen
mit seinemsefardischenKollegen Jitz-
chak Josef diereligiöseFührung des israe-
lischen Judentumsbildet. Manche nennen
Lau auchden Papstder Juden–was frei-
lichein gewagter Vergleichist,denn das
Judentum hat einigereligiöseAutoritäten

auf derganzen Welt und besitztzudem
nichtdiehierarchische Strukturderkatho-
lischen Kirche.
Lau überreicht einder Frankfurter
Synagoge einem Dutzend orthodoxer
Jung-Rabbiner ihrZertifikat .Das Beson-
dereandenbä rtigenMännernmitschwar-
zen Hüten: dasssie in Deutschland aus-
gebildetworden sind,amRabbinersemi-
nar in Berlin. Die Schule hat eine lange
Tradition.Gegründet1869vomdamalsbe-
rühmten neo-orthodoxenRabbiner Esriel
Hildesheimer,war sie die wichtigste Aus-
bildungsstättefür orthodoxe Rabbinerin
Westeuropa. Bis 1938. Dann wurde das
Rabbinerseminar vonden National-
sozialisten unter Zwanggeschlo ssen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte
anfangs niemand geglaubt, dassin
Deutschland je wieder jüdisches Leben
blühenwerde. Dochwider alleErwartun-
genbildeten sichinGroßstädten wie
Frankfurt, Berlin und Düsseldorfjüdische
Gemeinden, die irgendwann aus demSta-
dium des Provisoriums herauswuchsen
und dauerhafte Institutionenwurden.
Aber eigeneRabbinerkonntedieses neue
deutsche Judentum nicht herausbilden,
denn esgabkein Rabbinerseminar mehr.
Deshalbmussten die jüdischen Gemein-
den ihreGeistlichen „importieren“, zu-
meistaus Israel.Dieser Ausweg warfrei-
lichalles andereals optimal.

Denn dieRabbiner aus Jerusalem oder
TelAviv warenoft der deutschen Sprache
nur bedingt mächtig undkannten außer-
demdiehiesigeKulturnicht.Selbstbedeu-
tende jüdische Gemeinden wie jene in
Frankfurtmussten auf religiöseFührer
zweiterWahl zurückgreifen, wasimmer
wiederpeinliche Situationen hervorrief.
So strecktezum Beispielnochvor nicht
allzu langerZeit eineFrankfurterBürger-
meisterinbei einem Empfang dem
Gemeinderabbiner ihreHand zum Gruß
entgegen–underließsieinsLeerelaufen,
weil er als UltraorthodoxerFrauen prinzi-
piel lnicht die Hand gibt.
Langehat sic hdie jüdische Gemein-
schaf tinDeutschland darum bemüht,
eine eigeneAusbildungsstättefür Rabbi-
ner zu schaffen. Die Hoffnung der Ortho-
doxenund desZentralrats der Juden in
Deutschland richtete sichzunächstauf die
1979 in Heidelberg gegründete Hoch-
schulefürJüdischeStudien,docheineRab-
biner-Ausbildungwollteeinfac hnicht zu-
stande kommen. Immerhin gelang es der
liberalenRichtungdes Judentums,1999in
Potsdam dasAbraham-Geiger-Kolleg als
Ausbildungsstättezuetablieren.
DieOrthodoxenjedoch, die in der deut-
schen jüdischen Gemeinschaftseit der
Nachkriegszeit die Mehrheit bilden, er-
reichten ihr Ziel erst 2009. Damals wurde
mit Hilfedes Zentralrats und der amerika-

nischen LauderFoundation dasRabbiner-
seminar in Berlin wiederbelebt.
Ein Jahrzehnt später überreichte nun
David Lau, eineder höchstenreligiösen
Auto ritätendesJudentums,denAbsolven-
tendieses Seminarsihr Rabbinerzertifikat
–und er kanntedamit nicht nur die Berli-
ner Ausbildungsstätteals eine ebenbürti-
ge Rabbinerschule an. Mit seinem Besuch
in Frankfurtstelltesichder Oberrabbiner
auchhinterdasnachdemKriegentstande-
ne neue deutscheJudentum, dem in Israel
langevon führendenPolitiker nund reli-
giösenAutoritätendie Existenzberechti-
gung abgesprochenworden war.
Es warJosef Schuster,der Präsident des
Zentralrats der Juden in Deutschland,der
währendderFeierinderWestend-Synago-
ge sagte, es sei alles andere als selbst-
verständlich, dassLau ein deutschesRab-
binerseminar unterstütze. Schuster er-
innerte an LausVater, der als Kind das
KonzentrationslagerBuchenwaldüberleb-
te.Dochwie Israel MeirLau is tauchsein
Sohn Davidkein Mannder Rache, son-
derneinerdes weiten historischen Blicks.
Hier inFrankfurt, sagteLau während der
Feier,denkeerandie berühmtenRabbi-
ner,die in derStadt gewirkt hätten–zum
BeispielanSamsonRaphaelHirsch, den
Begründer derNeo-Orthodoxie,der von
1851 biszu seinemTod1888 inFrankfurt
war. Jetzt kann sic hdiese guteTradition
wiederfortsetzen.

Autorität:David Lau (Mitte), aschkenasischer Oberrabbiner desStaates Israel, unterRabbiner-Kollegen in derFrankfurterWestend-Synagoge FotoFrank Röth

Zweifelhafter Rückgang


ZählweisederCoronainfektioneninChinageändert


BERLIN.Essei ein „spektakulärer
Coup“gewesen, „das Ding ging ja um
die Welt“,sagt Richterin Dorothee
Prüfer am Donnerstag im Land-
gerichtBerlin. Das Ding, daswarder
Diebstahleiner 100 Kilogramm
schweren Goldmünze aus dem Bode-
Museum im Herzen Berlins. Ihr Gold-
wert betrug 3,3 Millionen Euro.
In derNachtauf den 27. März
wurde die Münzeges tohlen, und die
Tätergingendabeimiteiner„Dreistig-
keitbesondererGüte“ vor, sodi eRich-
terin. Voreinem Jahr hatteder Pro-
zessgegenvier Angeklagtebegonnen.
Er endete am Donnerstag mit mehr-
jährigen Haftstrafen für drei Ange-
klagtewegen Dieb stahls in einem
besondersschwerenFall –und einem
Freispruch.
DieCousinsAchmedundWissam
R., 22 und 23 Jahrealt, wurden zu
Haftstrafen nach Jugendstrafrecht
vonvier Jahren und sechs Monaten
verurteilt.Beide gehören zueiner ein-
schlägig bekannten Großfamilie.
Deren kriminelle Mitglieder sind in
BerlindurchaufsehenerregendeStraf-
taten vomBankraubbiszumMordbe-
rüchtigt.Verur teilt zu drei Jahren und
vier Monaten Haftwurde zudem der
21 JahrealteDenisW.Erhatteals
Wachmann im Bode-Museum das In-
siderwissengeliefert, durchdas die
Tatmöglic hwurde.Freigesprochen
wurde hingegenWayciR., der 25 Jah-
re alteBruder eines derVerurteilten.
Ihm konnteeine Tatbeteiligung nicht
nachg ewiesen werden.
DenisW.hattedreiWochenvorder
Tatals Wachmann im Museum ange-
fangen. Er erzählteseinem Freund
AchmedR., so stellt es die Richterin
dar,von der GoldmünzeMaple Leaf,
derenWert im Museum auf einem
Schild zu lesenwar. AchmedR. be-
schloss, die Münze zu stehlen. Eswar
der „Coup seines Lebens, so jung und
schon Millionär“, beschreibtdie Rich-
terinsein Motiv.Achmed R. zog sei-
nenCousinWissam hinzu, mitdem er
schon anderweitig tätiggewesen war.
W. liefe rtedie In formationen über
Wege im Museum,Türen, Rundgänge
des Wachmanns. Er wusste ,dassdas
FensterimUmkleideraum nichtin die
Alarmanlageinteg riertwar –imMu-
seum „die einzigeLücke im Sicher-
heitssystem“, wie die Richterin sagt.
UndW.sorgte dafür,dassein Flü-
geldes Fensters zum Umkleideraum
nicht verschlossenwar. Vordem Ein-
bruchindasMuseumerkundetenAch-
med undWissam R. sowie einweite-
rerTäter zweimal die Lage. Sie bega-
ben sichvom U-Bahnhof Hackescher
Markt über die Gleise zum Museum.
Beim zweiten Mal, der „General-
probe“, öffneten sie dasFenster, ohne
dassdie Alarmanlageansprang.
Am 27. Märzstiegensie nachts
über eine Leiter ins Museum ein, als
der Wachmann einenKontroll gang
machte und die Alarmanlageaus-
geschaltet war. Die Türen hielten sie
mit Keilen offen. Sie zerschlugen die
VitrineausSicherheitsglas,indersich
die Münze befand und hievten sie auf
ein Rollbrett. Sie kippten die Münze
ausdemFensteraufdieGleise,schaff-
tensie in einer Schubkarre bis an den
Rand des Gleisbetts, warfen sie in ei-
nen angrenzendenPark hinunter und
klette rten an einem Seil hinterher.
Die Münze wurde mit einemAuto ab-
transportiertund später zerteilt.
Fürdie Indizienwardas Zerteilen
vonentscheidenderBedeutung. Gold-
späne, diewegenihrer Reinheit ein-
deutigvonderMünzestammten, wur-
den in derWohnungvon A chmed R.
undanKleidungsstückengefunden,
wie auchein Zettel, auf dem Gramm-
angaben undWertestanden,die dem
aktuellenGoldwertentsprachen. Bei
Wissam R.fand man einen Hand-
schuhmiteinemGlassplitterderVitri-
ne aus dem Museum.Zudem wurde
seineDNA an demSeil gefunden, das
die Täterzurücklassen mussten. Auch
ein eArmani-Jacke,die auf einem
Überwachungsvideoder Kameras im
S-Bahn-Bereichzusehen war, konnte
sicher gestellt werden –bei ihr hing
das Innenfutter heraus.VonDenis W.
konnten DNA-Spuren an demFenster
sicher gestellt werden, das er für seine
Komplizen offengelassen hatte.
VonAchmed undWissam R.wer-
den lautUrteil3,3 Millionen Euroals
Wertersatzeingezogen.Zudemtragen
die Verurteilten dieKosten desVer-
fahrens .Sie hät tengut verdient, „da
dürftenochetwasübrigsein“,sagtdie
Richterin. Siegeht auc hauf die „Kar-
riere“ derVerurteilten ein. DenisW.
beging mit gefälschten Nummern-
schildernTankbetrug, als er schon im
Museum arbeitete. Achmed R. war
früh durch Gewalttaten, Diebstähle
und Körperverletzung aufgefallen.
Einzelfallhilfeund Kompetenztrai-
ningseien„nichtganzer folgreich“ ge-
wesen, sagt die Richterin.Wissam R.
verließwie sein Cousin die Schule
ohneAbschluss, seit seinem15. Le-
bensjahr beging er Diebstähle und
Wohnungseinbrüche. Er sei „psy-
chischinstabil“, so die Richterin.
Wissam R. schaut in diesemMoment
auf den Boden. MARKUSWEHNER


NichtmehrimProvisoriumleben


dpa. BERLIN.Knapp eineWoche
nachder SchießereiamBerlinerTem-
podrommiteinemTotenundvierVer-
letzten istein Verdächtiger ermittelt
worden. Der 48 JahrealteMann wur-
de amFreitagabend selbstschwerver-
letzt und soll das 42 JahrealteOpfer
erschossenhaben,sagteeine Spreche-
rinder BerlinerGeneralstaatsanwalt-
schaf tamDonner stag.GegendenVer-
dächtigen, der seitFreitag im Kran-
kenhaus liegt,wurde Haftbefehlwe-
genTotschlags erlassen.Zu weiteren
Beteiligten und den Hintergründen
wirdlaut Staatsanwaltschaftnocher-
mittelt.DerMannsolltenochamDon-
nerstag aus dem Krankenhaus in das
Justizvollzugskrankenhaus in der
HaftanstaltPlötzensee verlegt wer-
den. Neben ihmwarenbei der Schie-
ßerei dreiweitereMännerzwischen
28 und 52 Jahrenverletzt worden.

Etikette erwünscht


Sorge vorCoronavirus im brasilianischenKarneval


Bürgermeister


schuldig


gesprochen


„Besonders


dreist“


Haftstrafen für Berliner


Goldmünzen-Diebe


Israels Oberrabbiner


David Lau überreicht


in Frankfurtdeutschen


Jung-Rabbinern ihr


Zertifika t–undstärkt


damit das Judentum


in Deutschland.


VonHans Riebsamen


Haftbefehl


nachSchießerei

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