Die Welt - 03.03.2020

(Nancy Kaufman) #1

D


ie bundesweiten Proteste
der Ultras und die Belei-
digungen gegen Dietmar
Hopp stellen für den
deutschen Fußball eine
Zäsur dar. Die Forderungen nach drasti-
schen Maßnahmen nehmen zu.

VON OLIVER MÜLLER


Fachleute und Kenner der Ultraszene
bezweifeln jedoch, dass Kollektivstra-
fen und Ausgrenzungen etwas bringen
und sehen ein weiteres Problem: die
Glaubwürdigkeit des deutschen Fuß-
balls, der in Bezug auf Rassismus und
Homophobie in den Stadien jahrelang
weggeschaut hat – und nun in der Causa
Hopp aber ein Exempel statuiert. Thilo
Danielsmeyer vom Fanprojekt Dort-
mund e.V., ein erfahrener Streetworker
in der Szene, befürchtet deshalb einen
Bruch zwischen Fußball und Fans.

WELT:Thilo Danielsmeyer, wie be-
werten Sie die konzertierte Aktion
der Ultras mit den Protesten und Be-
leidigungen gegen Dietmar Hopp?
Thilo Danielsmeyer:Grundsätzlich
musste es jedem, der sich im Fußball ein
bisschen auskennt, klar gewesen sein,
dass es an diesem Spieltag Aktionen aus
der Fanszene geben wird. Das Thema
Kollektivstrafe bewegt die Fans, da
herrscht eine große Solidarität. Das war
schon am vorletzten Spieltag zu erken-
nen, als die Fans von Borussia Mön-
chengladbach dagegen protestierten,
dass das DFB-Sportgericht die Fans von
Borussia Dortmund für das nächste
Spiel bei TSG Hoffenheim kollektiv aus-
geschlossen hatte...

...weil die BVB-Ultras, die bereits mehr-
fffach mit Beleidigungen gegen Hoppach mit Beleidigungen gegen Hopp
aufgefallen waren, beim letzten Spiel
in Hoffenheim erneut ein Transparent
gezeigt hatten, auf dem das Konterfei
von Hopp im Fadenkreuz zu sehen war.
Die Proteste der BVB-Ultras gegen
Hopp und sein Mäzenatentum dauern
mittlerweile seit zwölf Jahren an.
Ich verfolge diese Entwicklung von Be-
ginn an. Ich kann mich noch gut erin-

nern, wie mein Kollege Rolf-Arnd Ma-
rewski und ich bei den Ultras, die das
allererste Fadenkreuz-Transparent
hochhielten, interveniert haben. Aber
im Laufe der Jahre hat sich das immer
mehr gesteigert.

Warum haben sich die Ultras Dietmar
Hopp als Zielscheibe ausgeguckt?
Die TSG Hoffenheim und Dietmar
Hopp standen damals symbolisch für
die fortschreitende Kommerzialisie-
rung des Fußballs,gegen die die Ultras
immer schon waren. Ich glaube nach
wie vor, dass die Intention der Proteste
bis heute so zu verstehen ist – auch
wenn die Beleidigungen natürlich mas-
siv und so nicht zu akzeptieren sind.

Warum ist es nie gelungen, eine De-
batte, von der nicht nur die Ultras
denken, dass sie durchaus eine Be-
rechtigung hat, zu versachlichen?
Weil es sich auf eine gewisse Weise ver-
selbständigt hat und auf beiden Seiten
Fehler gemacht worden sind. Die Hof-
fenheimer und Dietmar Hopp haben
sich natürlich gewehrt. Bei einem Spiel
des BVB in Hoffenheim wurde ein Gerät
zur Anwendung gebracht, das Schmäh-
gesänge gegen Hopp übertönen sollte.
Das hat zu weiteren Fan-Aktionen ge-
führt. Es wurden mehrere Chancen für
eine Deeskalierung verpasst. Vor zwei
Jahren gab es dann Privatklagen von

Dietmar Hopp gegen einzelne Dort-
munder Fans und Betretungsverbote
für das Hoffenheimer Stadion.

Wie wäre denn Ihrer Ansicht nach
eine Deeskalierung möglich gewesen?
Möglicherweise, indem man mit den
Fans in einen Dialog getreten wäre. Es
ist immer nur über zweifellos vorhan-
denes Fehlverhalten der Fans gespro-
chen, aber es ist nie mit den Fans selbst
geredet worden.

Warum sollte man mit Menschen, die
andere Menschen massiv beleidigen,
einen Dialog führen?
Um es klar zu sagen: Es ist natürlich das
gute Recht von Dietmar Hopp, gegen
Beleidigungen rechtlich vorzugehen.
Ich möchte aber auch grundsätzlich
etwas sagen.

Bitte sehr.
Ich stehe seit 30 Jahren auf der Dort-
munder Südtribüne und höre dort und
auch in anderen Fußballstadien immer
wieder Begriffe wie „Hurensohn.“ Ob
Lothar Matthäus, Oliver Kahn, Jens
Lehmann oder zuletzt Timo Werner –
alle wurden oder werden teilweise im-
mer noch als Hurensöhne bezeichnet.
Für mich, der ich ein alter Handballer
bin, war dies anfänglich total befremd-
lich. Ich habe mich, vielleicht als einer
der wenigen überhaupt, darüber aufge-
regt. Doch für viele andere war das völ-
lig normal. Sie haben es als eine Art Ri-
tual angesehen. Und für die Verant-
wortlichen im Fußball schien das auch
auf eine gewisse Weise normal zu sein.
Niemals ist wegen solcher Rufe ein
Spiel unterbrochen worden. Nun ist das
anders: Jetzt wird ein Spiel deswegen
unterbrochen und die Verwendung des
Begriffs „Hurensohn“ wird von den Ver-
einsvertretern als Ausdruck von „blan-
kem Hass“ bezeichnet. Da frage ich
mich: Wenn das so ist, warum hat das
vorher niemanden interessiert?

Vielleicht, weil die Beleidigungen ge-
gen Hopp Teil einer Kampagne sind
und weil wir in einer Zeit leben, in der
wir es mit einer zunehmenden politi-

schen Radikalisierung zu tun haben.
Freiburgs Trainer Christian Streich
ist nicht der einzige, der einen Zu-
sammenhang auch zu rassistischen
Tendenzen in der Gesellschaft sieht.
Können Sie das verstehen?
Ich kann die Befürchtungen, die da zum
AAAusdruck gebracht werden, verstehen,usdruck gebracht werden, verstehen,
halte es aber für schwierig, die Aktionen
der Ultras in diesem Zusammenhang zu
sehen. Es hat Beleidigungen gegen Diet-
mar Hopp gegeben, die weit unter die
Gürtellinie gehen. Aber einen Zusam-
menhang mit Rassismus oder gar Terro-
rismus herzustellen – das geht nicht.

Wie sehen die Ultras, unabhängig von
den aktuellen Vorkommnissen, ihre
eigene Rolle in der Gesellschaft?
Die Ultra-Bewegung ist eine Jugend-
kultur. Die Ultras testen ihre Grenzen
aus, immer wieder. Und sie haben ein
Gespür dafür entwickelt, wie sie totale
Aufmerksamkeit erzeugen können. Sie
wissen genau, wie sie der Erwachsenen-
welt wehtun können. Das geschieht auf
unterschiedliche Art und Weise: Zum
Beispiel mit Verstößen gegen das Ver-
bot von Pyrotechnik oder mit den Pro-
testen gegen die Kommerzialisierung.
Als Symbole für die Kommerzialisie-
rung gelten für Ultras: Hoffenheim,
Dietmar Hopp und RB Leipzig. Natür-
lich artikulieren sie ihren Protest teil-
weise in einer menschenverachtenden
Sprache. Aber diejenigen, die am Sams-
tag in Dortmund gegen Dietmar Hopp
gesungen haben, waren auch genau die-
jenigen, die noch vor einigen Wochen
viel Beifall von allen Seiten bekommen
haben, weil sie tolle Choreografien er-
stellt haben – und die von den Vereinen
und Verbänden gerne herangezogen
werden, um die Bundesliga als eine der
stimmungsvollsten Ligen in Europa
darzustellen.

DFB-Präsident Fritz Keller hat den
Ultras nun den Kampf angesagt. Er
hat die Kollektivstrafen, den Auslöser
für die Proteste, verteidigt und weite-
re in Aussicht gestellt.
Kollektivstrafen sind kein praktikables
Mittel, dafür gibt es Belege. Sie tragen

lediglich zu einer weiteren Solidarisie-
rung der verschiedenen Ultragruppen
bei – und auch der normalen Fans. Denn
die werden natürlich auch von diesen
Strafen betroffen, obwohl sie damit gar
nichts zu tun haben. Aber der DFB ist
auch in einer ganz schwierigen Situati-
on, denn er hat jahrelang bei verschie-
denen Vorkommnissen in den Stadien
weggeschaut.

Bei welchen Vorkommnissen?
Zum Beispiel beim Thema Homopho-
bie. Die BVB-Fans haben als Antwort
auf die „BVB-Hurensöhne“-Gesänge,
die die Schalker oft angestimmt haben,
häufig mit „schwuler, schwuler S04“ ge-
antwortet. Darüber hat sich niemand
aufgeregt. Und was bei Länderspielen
an rassistischen Sprüchen kam, war so
schlimm, dass man sich schämen muss-
te, überhaupt als Zuschauer im Stadion
zu sein. Doch da ist vonseiten des DFB
wenig bis nichts passiert.

Nun aber hat der DFB die Messlatte
für die Sanktionierungen von Beleidi-
gungen hoch gelegt.
Extrem hoch. Ich bin sehr gespannt, wie
der DFB damit zukünftig umgehen
wird. Und die Fans haben natürlich
auch gemerkt, dass nun in Bezug auf
Dietmar Hopp, der ja auch eine gewisse
Verbindung zum DFB hat, durchgegrif-
fen wird, nachdem vorher viel laufen ge-
lassen wurde.

Der Dialog zwischen den Verbänden
und der Fanszene scheint notwendi-
ger denn je zu sein. Aber ist der nach
dem letzten Spieltag und den verhär-
teten Fronten überhaupt noch mög-
lich?
Es wird schwierig werden. Ich habe
mich am Samstagabend durch sämtli-
che Sportkanäle gezappt und nur Stim-
men von Fußball-Verantwortlichen ge-
hört, die drastische Maßnahmen gefor-
dert haben. Lediglich Kölns Manager
Horst Heldt schien mir um eine diffe-
renzierte Betrachtungsweise bemüht zu
sein. Ich befürchte daher einen Bruch
zwischen dem Fußball und der organi-
sierten Fanszene.

Keller hat die Vereine auch aufgefor-
dert, ihr Verhältnis zu den Ultras
grundsätzlich zu überdenken. Bei vie-
len Klubs werden Ultras bislang bei-
spielsweise bei der Kartenvergabe be-
vorzugt und teilweise hofiert. Ist das
noch zeitgemäß?
Bei vielen Vereine sind die Ultras für die
Stimmung im Stadion extrem wichtig.
Dessen sind sich die Klubs bewusst.
Beim BVB beispielsweise sind über die
vergangenen Jahre professionelle
Strukturen in der Fanbetreuung aufge-
baut worden. Es gibt Fanbeauftragte
vom Verein, die sich sehr gut auskennen
und versuchen, eine Balance herzustel-
len. Natürlich werden Ultras zum Bei-
spiel bei der Vergabe der Tickets für
Auswärtsspiele bevorzugt. Doch wenn
es zu Fehlverhalten kommt, wird das
auch sanktioniert. Ich finde, das ist der
richtige Weg. Natürlich: Wenn wir das
alles nicht mehr haben wollen, können
wir den Ultras auch alle Karten strei-
chen. Aber dann hätten wir auch keine
Fankultur mehr in den Stadien.

Welchen Weg sollten die Vereine in
Zukunft einschlagen, um solche Vor-
kommnisse wie am vergangenen Wo-
chenende einzudämmen?
Wichtig wäre, weiterhin zu versuchen,
die Ultras durch professionelle Fanar-
beit zu integrieren. Ausgrenzung hat
sich noch nie bewährt. Aber ich be-
fürchte, dass dies nun der vorgegebene
Weg sein wird.

Aktion der Ultras: Beim Spiel zwischen Union Berlin und Wolfsburg führen am Sonntag Proteste zu Spielunterbrechungen


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PA/ANDREAS GORA

„DFB hat jahrelang weggeschaut“


Thilo Danielsmeyer


arbeitet für


das Fanprojekt


Dortmund.


Der Streetworker


erklärt die Proteste


gegen Dietmar


Hopp und wundert


sich über den


aktuellen Aufschrei


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03.03.20 Dienstag,3.März2020DWBE-HP


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18 SPORT DIE WELT DIENSTAG,3.MÄRZ


MOTORRAD


Coronavirus-Sorge:


Rennen verschoben


Nach der Absage des Saisonauftakts in
Katar ist auch das zweite MotoGP-
Rennen des Jahres in Thailand wegen
des neuartigen Coronavirus auf unbe-
stimmte Zeit verschoben worden. Der
Lauf der M sei nicht gestrichen, werde
aber so lange verschoben, bis es sicher
sei, sagte Gesundheitsminister Anutin
Charnvirakul am Montag. „Wir können
immer noch nicht sagen, wann“, sagte
der Spitzenpolitiker. Der Motorrad-
weltverband FIM als Veranstalter der
Serie bestätigte die Absage kurze Zeit
später. Die WM sollte vom 20. bis 22.
März in der Provinz Buri Ram gastie-
ren, rund 400 Kilometer nordöstlich
von Bangkok. Es wäre das dritte Mal
gewesen, dass Thailand Gastgeber der
Rennen ist. In der vergangenen Serie
war der Thailand-Grand-Prix mit
226.655 Zuschauern an der Strecke die
meistbesuchte Veranstaltung. Als Aus-
weichtermin ist zunächst Oktober in
der Diskussion.

EISHOCKEY


EHC als Meister der


Hauptrunde in Play-offs


EHC Red Bull München ist dank eines
Kraftakts am drittletzten Spieltag der
Deutschen Eishockey-Liga vorzeitig
Hauptrunden-Meister. Nach dem 3:
(0:0, 0:2, 2:0) nach Verlängerung gegen
den Tabellenletzten Schwenninger
Wild Wings sicherte sich das Team von
Trainer Don Jackson für die Play-offs
die beste Ausgangssituation. Nach 50
von 52 Spieltagen liegt Mannheim mit
96 Punkten neun Zähler hinter Mün-
chen. Die Kölner Haie haben dagegen
trotz des dritten Sieges im dritten
Spiel unter ihrem neuen Coach Uwe
Krupp die Endrunde verpasst. In 25
Jahren DEL ist der achtmalige deut-
sche Meister, der zuvor 17 Niederlagen
am Stück hinlegte, damit erst zum
dritten Mal nicht in den Play-offs da-
bei. Daran änderte auch das 4:1 (1:0, 2:0,
1:1) über Straubing nichts.

KOMPAKT


Jährige nach seinem Fehler beim 0:3 ge-
gen den 1. FC Köln erneut spielen wird,
ließ Trainer David Wagner Montag offen.
Für Schalkes Fans ist Nübel der Sünden-
bock. Sie verhöhnten ihn am Samstag, es
gab „Nübel raus!“-Rufe. Als Option steht
Markus Schubert bereit. Der 21-Jähre
spielte zuletzt in der Bundesliga-Partie in
München – Schalke verlor 0:5.
Michael Gabriel, Chef der Koordina-
tionsstelle Fanprojekte (KOS), befürch-
tet nach dem vergangenen Spieltag „ei-
ne Spirale der Eskalation“ im deutschen
Fußball. „Ich glaube, dass alle Beteiligen
schauen müssen, dass man diese Spirale
stoppt“, sagte der Sportwissenschaftler.
Man müsse nach Möglichkeiten suchen,
miteinander ins Gespräch zu kommen.
„Wenn das nicht passiert, dann steht
tatsächlich die Befürchtung, dass wir
auf sehr unruhige Zeiten zusteuern.“
Die Ultra-Szene fühlt sich verbunden
im Kampf gegen die Kollektivstrafe,
nachdem das Sportgericht des Deut-

E


r war Montag noch wütend. „Die
sportliche Leistung meiner
Mannschaft ist durch eigene
Fans verdorben worden“, sagte Hans-
Dieter „Hansi“ Flick vor dem Training
seines FC Bayern über den Eklat vom
Samstag beim 6:0 gegen die TSG Hof-
fenheim. Der Anstoß sei nach dem Pro-
test der Spieler und Verantwortlichen
gegen die Aktion einiger Ultras ge-
macht, „jetzt müssen die verantwortli-
chen Leute schauen, dass sie die richti-
gen Schlüsse ziehen“.

VON JULIEN WOLFF


Am Dienstag (20.45 Uhr, ARD und
Sky) treten die Münchner im Viertelfi-
nale des DFB-Pokals beim FC Schalke
04 an. Die Fans beider Klubs stehen an
diesem Abend besonders im Fokus. Der
Schalker Vorstand teilte mit, die Mann-
schaft werde das Spielfeld verlassen,
sollte es gegen Bayern oder in den

nächsten Spielen zu solchen Vorkomm-
nissen wie in Sinsheim kommen, „unge-
achtet der Spieldauer, des Resultats
oder etwaiger Konsequenzen“.
Karl-Heinz Rummenigge, Vorstands-
chef des FC Bayern, bezeichnete das bei
„Bild live“ als „konsequente Haltung“.
Das Prozedere mit drei Stufen gebe den
Fans die Chance, zweimal „den Zirkus“
zu veranstalten, bevor der Schiedsrich-
ter abbrechen müsse. Das könne keiner
wollen, so Rummenigge. Bei einer Vor-
standssitzung am Montag, an der auch
FCB-Präsident Herbert Hainer teil-
nahm, habe man die Gründung einer
Kommission beschlossen, welche die
Vorfälle von Sinsheim aufarbeiten soll.
Schalkes Sportvorstand Jochen Schnei-
der appellierte an alle Schalker, sich fair
zu verhalten. Auch in Bezug auf Alexan-
der Nübel. Es ist das erste Heimspiel der
Gelsenkirchener gegen die Münchner,
seitdem der Sommerwechsel Nübels zu
den Bayern bekannt wurde. Ob der 23-

schen Fußball-Bundes (DFB) Anhänger
von Borussia Dortmund wegen einer
ähnlichen Aktion wie jener der Bayern-
Ultras für die nächsten zwei Jahre von
Spielen in Sinsheim ausgeschlossen hat.
„Die Plakate stellen eindeutig eine Be-
leidigung in einer unangemessenen
Ausdrucksform dar“, sagte Gabriel über
die Banner gegen Dietmar Hopp. „Ich
habe aber den Eindruck, dass die Kate-
gorien da ein bisschen durcheinander-
geraten sind. Diese Beleidigungen in
den Kontext mit dem rassistischen An-
schlag von Hanau zu setzen oder mit
Diskriminierung gleichzusetzen, das
stößt in den Fanszenen auf sehr viel Un-
verständnis und Irritationen.“
Die Organisation ProFans sieht die
Situation als „ziemlich verfahren“. Es
gebe derzeit keinerlei Anzeichen, „dass
es sich befriedet. Das alles ist unerträg-
lich – auch für uns“, sagte Sprecher Sig
Zelt. „Es ist alles offen. Ich persönlich
gehe davon aus, dass es weiter eska-

liert.“ ProFans sieht sich als Interessen-
vertretung für aktive Fan- und Ultra-
gruppen in Deutschland.
Dietmar Hopps Anwalt Christoph
Schickhardt fordert derweil ein hartes
Durchgreifen des Staates. „Es muss zu
Hausdurchsuchungen kommen, da
muss man auch mal ein paar abgreifen
und auch mal einen Tag in der Zelle las-
sen. Das hat sich immer bewährt“, sagte
der 64-Jährige im SWR. Zudem brachte
Schickhardt ein bundesweites Stadion-
verbot ins Gespräch. „Das Verbands-
recht kann ein Stadionverbot ausspre-
chen, ein bundesweites Stadionverbot.
Das ist ein sehr scharfes Schwert.“
Flick glaubt, dass sich sein Team von
den Diskussionen nicht ablenken lässt.
Er muss möglicherweise auf Jérôme
Boateng (Magen-Darm-Infekt) und de-
finitiv auf Lucas Hernández (Sehnenrei-
zung) verzichten, Kingsley Coman fehlt
verletzt. Er wünsche sich, dass es jetzt
wieder um den Sport gehe, so Flick.

AAAngst vor einer Spirale der Eskalationngst vor einer Spirale der Eskalation


Vor dem Viertelfinale im DFB-Pokal gegen Bayern appelliert Schalke an seine Fans. Rekordmeister gründet Untersuchungskommission


I


m edlen Ambiente der japanischen
Botschaft in Berlin hatte Alfred Gis-
lason das Olympia-Logo schon direkt
vor Augen. Als selbstverständlich sieht
der neue Handball-Bundestrainer die
Reise zu den Sommerspielen in Tokio
aber keineswegs an. „Wir wissen, dass
es schwer wird“, sagte der 60-Jährige
vor seinem Debüt im neuen Amt bei ei-
ner Pressekonferenz am Montag in der
Landesvertretung: „Ich habe ganz kon-
krete Ideen, wie ich unser Spiel verbes-
sern kann.“
Kurz zuvor hatte Gislason den 18-
köpfigen Kader für den Lehrgang vom 9.
bis 13. März in Aschersleben mit dem
abschließenden Test-Länderspiel gegen
die Niederlande in Magdeburg benannt.
Doch der Blick ging schon voraus auf
die Olympia-Qualifikation vom 17. bis


  1. April in Berlin und die Sommerspiele
    in Tokio. „Wir wollen natürlich um die
    Goldmedaille spielen, ohne Alfred und
    die Mannschaft unter Druck zu setzen“,
    sagte Vizepräsident Bob Hanning vom
    Deutschen Handballbund (DHB): „Wir
    sollten uns aber erst mal qualifizieren.“
    Gislason, der das Amt erst am 6. Fe-
    bruar vom beurlaubten Christian Pro-
    kop übernommen hatte, soll die DHB-
    Auswahl in der Ausscheidung gegen Slo-
    wenien, Schweden und Algerien nach
    Tokio führen. „Ich werde die Zeit nut-
    zen, vor allem taktisch einige Dinge zu
    ändern“, sagte der Isländer. „Das macht
    aus meiner Sicht den Erfolg wahr-
    scheinlicher.“ Der Trainer setzt bei sei-
    ner Tokio-Mission im Feld auf das Gros
    der EM-Fahrer. Nur Kapitän Uwe Gens-
    heimer, der mit einer Fußverletzung
    mindestens vier Wochen lang ausfällt,
    Paul Drux und David Schmidt sind aus
    dem EM-Kader nicht dabei. Im Tor fei-
    ert Silvio Heinevetter sein Comeback.
    Der 35 Jahre alte Keeper von den Füch-
    sen Berlin gehört genauso zu den Rück-
    kehrern wie auch die Rückraumspieler
    Steffen Weinhold (THW Kiel) und
    Franz Semper (Leipzig) sowie Linksau-
    ßen Marcel Schiller (Frisch Auf Göppin-
    gen), der Gensheimer ersetzt. dpa/DW


Handballauswahl


peilt Gold bei


Olympia an


Neuer Trainer Gislason


setzt auf vier Rückkehrer


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