Süddeutsche Zeitung - 03.03.2020

(Tina Sui) #1

Meist ist es stark bewölkt und es fällt teil-
weise Regen oder Schnee.  Seite R12


Viele Emotionen


Die Trauerfeier für


RegisseurJoseph Vilsmaier


passt zu dessen Leben


 Leute, Seite R6

Mehr als Showbiz


Der Münchner Musiker Gil


Ofarimgibt sich auf seinem


neuen Album reflektiert


 Kultur, Seite R14

6 °/1°


So frühlingshaft wie in diesem Jahr war
der Winter in München selten. Passionier-
te Rodler konnten in den vergangenen drei
Monaten ihre Schlitten im Keller lassen,
denn lediglich an zwei Tagen fiel ein wenig
Schnee. Für eine Rutschpartie am Olympia-
berg reichte das nicht. Dafür sind überall
seit Wochen Krokusse zu sehen und
Münchner, die sich kleiden, als wäre es
schon Mai. Kein Wunder, so mild und son-
nig war der meteorologische Winter, der
von Dezember bis Ende Februar dauert,
fast noch nie – und vor allem in den ersten
beiden Monaten viel zu trocken. Das änder-
te sich zwar im häufig stürmischen Febru-
ar, sodass die Böden in der Münchner
Schotterebene feucht genug sind für den
Frühlingsbeginn. Doch Sonnenanbeter
könnten sich zu früh gefreut haben: In den
kommenden Tagen soll es hin und wieder
ein paar Schneeflocken geben, die sich un-
ter die bereits fliegenden Erlenpollen mi-
schen. Schließlich beginnt der kalendari-
sche Frühling in diesem Jahr erst am Mor-
gen des 20. März. Und bis dahin könnte es
durchaus noch einmal etwas winterlicher
werden. anl  Seite R3

München– Rechtsradikale Fußball-Hooli-
gans des Chemnitzer FC haben am Sams-
tag vor, während und nach der Drittliga-Be-
gegnung mit dem TSV 1860 im Stadion an
der Grünwalder Straße und in der Stadt
randaliert. Es kam zu Schlägereien, eine
Flasche und herausgerissene Teile einer
Toilette wurden als Wurfgeschosse einge-
setzt und es gab Versuche, Gefangene der
Polizei zu befreien. Ein Sprecher der Poli-
zei, die mit Schlagstöcken gegen die rech-
ten Randalierer vorging, sprach am Mon-
tag von einer „ganz neuen Qualität“ der
Ausschreitungen.
Rund 880 Chemnitzer waren mit dem
Zug und mit Bussen zu dem Spiel ange-
reist, das 4:3 für die Löwen endete. Nicht
jeder Chemnitzer durfte ins Stadion, acht
Gästefans mit Stadionverbot wurden abge-
wiesen, es gab neun Festnahmen und min-
destens fünf Identitätsfeststellungen
durch die Polizei, die rund 150 Beamte im
Einsatz hatte. Bereits im Zwischenge-
schoss des Hauptbahnhofs begannen etwa
100 angereiste Chemnitzer mit der Randa-
le. Auslöser war ein Gästefan, der einen
Löwen-Anhänger zu Boden streckte. Rund


40 Hooligans lieferten sich daraufhin eine
Schlägerei. Als Polizisten einen Chemnit-
zer festnehmen wollten, versuchten zwei
Kumpane, den Gefangenen zu befreien.
Vier Chemnitzer wurden am U-Bahnhof
Wettersteinplatz festgenommen, weil sie
indizierte rechtsradikale Lieder abspiel-
ten, verbotene Runen-Tattoos trugen, den
Hitlergruß zeigten und Beamte beleidig-
ten. In der zweiten Halbzeit flog aus dem
Gästeblock eine herausgerissene Klobrille
Richtung Spielfeld. Wieder versuchten
Randalierer, die Polizei an der Festnahme
des Täters zu hindern. Mehrere Gäste dran-
gen nach Spielende in Richtung Löwen-
Block vor. Wieder wurde der Hitlergruß ge-
zeigt, Beamte wurden beschimpft. Die Poli-
zei setzte erneut Schlagstöcke ein, um ei-
nen Blocksturm zu verhindern. Dann verla-
gerten sich die Auseinandersetzungen auf
den Wettersteinplatz. Dort flogen nicht
nur die Fäuste, sondern auch eine Flasche.
Die gewalttätige rechte Fanszene des
ostdeutschen Klubs hatte vor einem Jahr
von sich reden gemacht, als im Stadion
eine Trauerfeier für einen verstorbenen
Rechtsextremisten aus dem NSU-Umfeld

abgehalten wurde und sich ein Spieler mit
den Hooligans solidarisierte. Die Ultra-
Gruppierung „Kaotic Chemnitz“ wird vom
Verfassungsschutz als rechtsextrem einge-
stuft, andere Gruppen nannten sich „NS-
Boys“ oder „HooNaRa“ – Hooligans, Nazis,
Rassisten.
Auch innerhalb der politisch eher linken
Fanszene des FC Bayern gibt es Rechte: Am
Montag wurde ein Vorfall bekannt, der
sich vor gut einer Woche vor dem Heim-
spiel der Bayern gegen Paderborn ereignet
haben soll. Eine Münchnerin, 53 Jahre alt,
wurde in einer U 6 auf Höhe der Haltestelle
Nordfriedhof Augen- und Ohrenzeugin,
wie eine Gruppe rot gekleideter Fans auf
dem Weg zum Stadion rassistische Gesän-
ge anstimmte. Die Frau ging dazwischen
und wurde daraufhin angegriffen. Sie wur-
de sexistisch angepöbelt, einer der Män-
ner – ein sportlicher Enddreißiger mit ro-
tem Vollbart und blaugrünen Augen – be-
grapschte die Frau und verletzte sie dabei.
Keiner der Umstehenden kam dem Opfer
zu Hilfe. Das Staatsschutzkommissari-
at 44 (Telefon 089/ 2 91 00) sucht nun Zeu-
gen der Attacke. martin bernstein

München–8500 Wohnungen sollen jedes
Jahr in München fertiggestellt werden.
Das jedenfalls ist das Ziel, das der Stadtrat
der Verwaltung vorgegeben hat. Im vergan-
genen Jahr hat die Stadt diese Marke aller-
dings deutlich verpasst. 7121 Wohnungen
sind 2019 fertig geworden. 2018 waren es
8094, noch ein Jahr zuvor 8272. Und so ver-
wundert es zunächst, wenn Stadtbaurätin
Elisabeth Merk vom „dritten Rekordjahr in
Folge“ spricht. Zumal auch die Zahl der Ge-
nehmigungen zurückgegangen ist. 10 929
Wohnungen hat die Stadt 2019 genehmigt.
Zum Vergleich: In den Jahren davor waren
es 12 581 (2018) und 13 475 (2017).
Merk hat freilich Erklärungen dafür,
warum 2019 auf den ersten Blick nicht so
phänomenal ausgefallen ist wie die beiden
Vorjahre. 2017 hätten die Baugenehmigun-
gen für Freiham die Zahlen nach oben
schnellen lassen; 2018 dann jene für das
Areal der ehemaligen Bayernkaserne.
Doch rechnet man diese Mammutprojekte
heraus, dann war 2019 tatsächlich ein wei-
teres Rekordjahr. Bei den Fertigstellungen
ist, anders als bei der Schaffung von Bau-
recht und bei Baugenehmigungen, der Ein-

fluss der Behörden ohnehin begrenzt. Wie
schnell es hier vorangeht, hat viel mit dem
Markt an sich zu tun – zurzeit bremsen
wohl auch die steigenden Baukosten. Man
merke das bei eigenen Projekten, sagt
Merk. Manchmal müsse man dreimal aus-
schreiben, weil Firmen wegen der Preise
sagten: Das geht nicht. Sie rechnet damit,
dass die Zahlen in den nächsten Jahren wie-
der nach oben gehen – auch weil zurzeit
sehr viele Wohnungen genehmigt sind, de-
ren Bau noch nicht begonnen hat.

Vergleiche man längere Zeiträume von
fünf Jahren (konkret: 2010 bis 2014 und
2015 bis 2019), ergänzt Wohnungsbauma-
nager Martin Klamt, zeigten sich in allen
Bereichen Steigerungen: bei der Schaf-
fung von Baurecht um 56 Prozent, bei den
Genehmigungen um 48 Prozent und bei
den Fertigstellungen um 16 Prozent. Das
am stärksten wachsende Segment sei übri-

gens der genossenschaftliche Wohnungs-
bau, „auch wenn das insgesamt nicht die
ganz große Masse ist“. Deutlich mehr Woh-
nungen als sonst haben 2019 die städti-
schen Wohnungsbaugesellschaften Gewo-
fag und GWG fertiggestellt. 1540 waren es


  • mehr als jede fünfte aller Wohnungen,
    die insgesamt fertig geworden sind. In den
    beiden Jahren zuvor waren es nur je um die



  1. Ein Beispiel sind die Wohnungen an
    der Carl-Wery-Straße in Neuperlach, ein
    Projekt, das in der Nachbarschaft zunächst
    umstritten gewesen war. Mit dem Ergeb-
    nis seien jedoch auch die Anwohner zufrie-
    den; die neuen Mieter sowieso.
    Erfreut zeigen sich die Stadtplaner auch
    über die Zahl der geförderten Wohnungen:
    2173 seien 2019 bewilligt worden. Man kön-
    ne da immer fragen, was dazu gehöre und
    was nicht, sagt Merk. „Aber so gut waren
    wir nach unserer Lesart noch nie.“ In ihren
    Anfangsjahren habe die Zahl bei unter
    1000 gelegen. Viel Luft nach oben gibt es
    beim Belegrechtsprogramm: Gerade mal
    zwei Vermieter konnten 2019 davon über-
    zeugt werden, ihre Wohnung der Stadt zur
    Verfügung zu stellen. anna hoben


Der Winter,


derkeiner war


von jakob wetzel

München–Wegen der Ausbreitung des Co-
ronavirus ist die Internationale Hand-
werksmesse (IHM), die in der kommenden
Woche hätte stattfinden sollen, am Mon-
tagabend abgesagt worden. In München
sind drei weitere Fälle des Coronavirus auf-
getreten. Das gab das bayerische Gesund-
heitsministerium bekannt. Darüber hin-
aus meldete das Ministerium zehn weitere
Fälle in Bayern, darunter sechs im Land-
kreis Freising. In München hatte das Minis-
terium zuletzt erst am Sonntag einen neu-
en Corona-Fall bekanntgegeben. Insge-
samt sind damit fünf Menschen in Mün-
chen infiziert; sie alle sind in stationärer Be-
handlung.
Betroffen ist in München unter ande-
rem ein Mitarbeiter von BMW, wie das Un-
ternehmen bestätigte. Der Mann, der im
Forschungs- und Entwicklungszentrum
(FIZ) an der Knorrstraße gearbeitet habe,
sei am Sonntag zum Arzt gegangen und
jetzt im Krankenhaus. „Ihm geht es den
Umständen entsprechend gut“, teilte das
Unternehmen mit. Auf Reisen sei er nicht
gewesen. Zum Schutz der Kolleginnen und
Kollegen seien nun jedoch etwa 150 Mitar-

beiter, die mit ihm in Kontakt standen, für
zwei Wochen zu Hause in Quarantäne. Die
Büros seien gesperrt und desinfiziert wor-
den. Zu den anderen beiden neuen Infektio-
nen in München machten die Behörden zu-
nächst keine weiteren Angaben. Sie ermit-
telten nun mögliche Kontaktpersonen und
Verbindungen zu anderen Fällen, erklärte
das Gesundheitsministerium.
Nach Hause geschickt wurden am Mon-
tag indes auch 200 Mitarbeiter des Sen-
ders Pro Sieben Sat 1 sowie sieben Mitarbei-
ter der Firma Vodafone in Unterföhring bei
München; sie sollen vorerst im Homeoffice
arbeiten. Einen Corona-Fall gibt es hier
nicht: Pro Sieben Sat 1 teilte mit, der Schritt
sei vorsorglich geschehen. Bei einem Mitar-
beiter in Düsseldorf sei das Virus festge-
stellt worden; ihm gehe es gut. Etwa die
Hälfte der betroffenen Kollegen in Unter-
föhring seien nicht infiziert. Die Testergeb-
nisse der übrigen würden bis Mittwoch er-
wartet. Auch von den Vodafone-Mitarbei-
tern ist keiner positiv auf das Virus getes-
tet worden. Einer der Betroffenen hatte je-
doch bei einer Dienstreise in Großbritanni-
en Kontakt zu einem infizierten Kollegen
und danach drei Tage in Unterföhring gear-
beitet. Allen Betroffenen gehe es gut.

Das sogenannte Coronavirus „Sars-
CoV-2“ kann die Erkrankung Covid-19 ver-
ursachen; die Inkubationszeit liegt bei bis
zu 14 Tagen. Eine Erkrankung verläuft
meist glimpflich; die Infizierten zeigen An-
zeichen einer leichten Erkältung, zuweilen
auch gar keine Symptome. Vor allem für äl-
tere oder schon erkrankte Menschen kann
eine Infektion aber gefährlich werden.

Die Internationale Handwerksmesse
(IHM) hätte unter verstärkten Hygiene-
maßnahmen vom 11. bis 15. März stattfin-
den sollen. Das Gesundheitsministerium
stellte jedoch am Abend mit Verweis auf
den bayerischen Krisenstab klar, dass eine
Absage großer internationaler Messen
empfohlen wird. Daraufhin wurde die Mes-
se, zu der 100 000 Besucher erwartet wur-
den, abgesagt. Für die Münchner Hotelle-
rie und Gastronomie bedeutet die Absage
entgangene Einnahmen in Millionenhöhe.
Zuvor hatte auch der Sozialverband VdK
Bayern seine für Samstag, 28. März, ge-

plante Großdemonstration „Soziales Kli-
ma retten!“ abgesagt. Unter den Teilneh-
mern seien „viele Ältere sowie Menschen
mit chronischen Erkrankungen“, sagte die
Landesvorsitzende Ulrike Mascher. Die De-
monstration soll nachgeholt werden.
Schon am Wochenende hat die Stadt Mün-
chen ihre Beschäftigten aufgefordert, von
zu Hause aus zu arbeiten, wenn sie in den
vergangenen beiden Wochen eine vom Ro-
bert-Koch-Institut als Risikogebiet ausge-
wiesene Region besucht haben, zum Bei-
spiel die Lombardei in Norditalien. Bei der
Stadt beschäftigte Lehrer waren davon zu-
nächst ausgenommen; am Montag jedoch
entschied der „Stab für außergewöhnliche
Ereignisse“ der Stadt, dass diese Regel nun
auch für Lehrer gelten soll. Der Stab will
sich fortan täglich treffen.
Stadt und Freistaat hatten sich am Sonn-
tag zum Ende der Faschingsferien an Ur-
laubsrückkehrer aus den Risikogebieten
gewandt: Diese Kinder sollten nicht in die
Schule oder in eine Kindertagesstätte ge-
hen – unabhängig davon, ob sie Symptome
einer Erkältung zeigen oder nicht. Betrof-
fen sind davon aber offenbar nur wenige.
Gesamtzahlen nennen die Behörden nicht.
Doch zum Beispiel am Gisela-Gymnasium

in Schwabing mit seinen 960 Schülerinnen
und Schülern hätten am Montag nur zwei
gefehlt, weil sie in einem Risikogebiet ge-
wesen waren, sagt der Schulleiter Chris-
toph Pfaffendorf. Kein Schüler habe Kon-
takt zu einer an Covid-19 erkrankten Per-
son gehabt. Die Schulfamilie sei besonnen;
die Schule bemühe sich um Aufklärung, et-
wa mit Elternbriefen, aber auch mit Schild-
chen auf den Toiletten, wie man sich rich-
tig die Hände wäscht. Auch Robert Grahl,
Leiter des Rupprecht-Gymnasiums in Neu-
hausen-Nymphenburg, spricht von Einzel-
fällen. Aus dem Erasmus-Grasser-Gymna-
sium in Sendling-Westpark heißt es, der
Unterricht laufe normal. Er wisse von nur
einer Schülerin, die in der Lombardei gewe-
sen und daher daheim geblieben sei, sagt
Schulleiter Alexander Schröder. Die Schu-
le zählt 1057 Schülerinnen und Schüler.
Die Stadt München hat jetzt eine eigene
Telefon-Hotline zum Coronavirus einge-
richtet. Sie ist wochentags von 8 bis 18 Uhr
und am Wochenende von 10 bis 16 Uhr un-
ter 089/233-44740 zu erreichen, wie das
Gesundheitsreferat mitteilt. Bisher bietet
unter anderem das Landesamt für Gesund-
heit und Lebensmittelsicherheit eine Hot-
line an: die 09131/6808-5101.

Heute mit


Happy Hour


auf Seite R4


Firmen schicken Mitarbeiter ins Homeoffice


Die Zahl der Corona-Fälle steigt: BMW und Pro Sieben Sat 1 lassen vorsorglich mehrere Hundert Mitarbeiter daheim arbeiten, auch die
europaweit größte Handwerksmesse wird abgesagt. Bei der Stadt beschäftigte Lehrer, die in Risikogebieten waren, sollen zu Hause bleiben

Der Sozialverband VdK
verschiebt seine Ende März
geplante Großdemonstration

Chemnitzer verbreiten Chaos


Ausschreitungen nach Drittliga-Partie: Münchner Polizei spricht von „neuer Qualität“


Am stärksten wachse
der genossenschaftliche
Wohnungsbau

7121 neue Wohnungen


Die Stadt verpasst ihre Zielvorgabe deutlich – dennoch sei 2019 ein gutes Jahr gewesen


von karl forster

J


etzt, da also die Zeit kollektiver Ent-
haltsamkeit angebrochen ist, ist Er-
findungsgeist gefragt. Gibt es jen-
seits gängiger Fastenriten – kein Fleisch
(weniger Methan), keine Zigaretten (weni-
ger Husten), kein Alkohol (weniger Kopf-
weh), keine Schokolade (weniger Hüfte),
keine Degeto-Filme in der ARD (gut für
die geistige Hygiene), kein Sex (nein, das
geht zu weit!) – nicht doch was Neues, auf
das zu verzichten einem einerseits
schwer fiele, andererseits einen positiven
Effekt auf Geist und/oder Körper hat.
Natürlich gibt es zeitgemäße Angebo-
te wie Internet- oder Handyfasten, ein-
hergehend mit dem Vorsatz, bis Ostern
nichts mehr im Netz zu bestellen, son-
dern brav einkaufen zu gehen. Gerade
dem Münchner aber bieten sich Enthalt-
samkeitsmöglichkeiten, für die ihn der
Gelsenkirchner, der Geisenhausener
oder der Schmargendorfer heftig benei-
den dürfte. Das geht schon mit dem Vor-
satz los, auf ein „Wissen Sie, wie spät es
ist?“ nicht mit „Ja, i scho“ zu antworten.
Auch des Touristen Frage nach dem Weg
zum Hofbräuhaus könnte man statt mit
„da runter, dann drei Straßen weiter,
dann links, dann zweite rechts, wieder
links und dann rein, wo es laut ist“ mit
„Ich bring Sie hin“ beantworten und ihm
dann noch eine Maß bestellen und eine
für sich selber, damit der Fremde nicht so
allein ist beim Trinken, auch wenn das ge-
gen die selbstauferlegte Alkoholabsti-
nenz verstößt. Was tut man nicht alles Gu-
tes in der Fastenzeit. Der Smartfahrer
überlässt an der Leopoldstraße großzü-
gig (und leise lächelnd) den kleinen Park-
platz der Dame im SUV. Der Fahrer des
132er-Busses wartet an der Implerstraße
geduldig auf die Frau mit dem Zwillings-
kinderwagen. Und die Bedienung beim
Metzger fragt auch nicht: „Darf’s ein bis-
serl mehr sein?“, weil ja Fastenzeit ist.
Nur: Sollte jener Fremde im Hofbräu-
haus aus Hamburg oder Berlin stammen
und sollte er die Meinung vertreten, seine
Heimatstadt habe gewisse Vorteile gegen-
über München in dieser oder jener Hin-
sicht, dann ist Schluss mit lustig. Wenn
einer über München schimpfen darf,
dann ist es – ausschließlich – der Münch-
ner. Fastenzeit hin, Enthaltsamkeit her!


NR.52, DIENSTAG, 3. MÄRZ 2020 PGS


München


MÜNCHNER MOMENTE

Die neue


Enthaltsamkeit


FOTOS: DPA (2)

Ein bisschen Demokratie


Bei Kommunalwahlen stellen


Parteien und Wählergruppen immer


öfter eine gemeinsame Liste auf


 Bayern, Seite R11

DAS WETTER



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FOTO: SEBASTIAN GABRIEL
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