Der Spiegel - 29.02.2020

(Jeff_L) #1

108 DER SPIEGEL Nr. 10 / 29. 2. 2020


LOTHAR MILATZ / ARTO / KUNSTPALAST

THOMAS DEMAND, VG BILDKUNST, BONN 2020

 Wo passt eine Ausstellung übers Baden
besser hin als nach Baden-Baden? Kom-
menden Samstag beginnt die Schau unter
dem Titel »Körper. Blicke. Macht. Eine
Kulturgeschichte des Bades« in der Staat -
lichen Kunsthalle des Kurorts. Sie setzt
in der Antike an, reicht bis in die Gegen-
wart und erinnert daran, dass Wasser in
manchen Epochen eher zum Bierbrauen
als zur Körperpflege eingesetzt wurde.
Noch im späten Mittelalter waren öffent -


liche Badestuben sehr beliebt – und weil
sie nicht ausschließlich der Leibeshygiene
dienten, galten sie manchem Mönch als
Sündenpfuhl. Vor allem Pestepidemien
führten dazu, dass große Teile der Bevöl-
kerung dem Wasser misstrauten. Es
galt nun als unsauber, und wer es sich leis-
ten konnte, ersetzte es durch Parfüm.
Die Nutzung von Seife verbreitete sich
aufgrund der industriellen Herstellung
erst im 18. Jahrhundert, Wasser und

Waschen kamen wieder in Mode. Das
wurde dem Pariser Arzt und Revolutionär
Jean-Paul Marat zum Verhängnis. Er
wurde am 13. Juli 1793 von einer politi-
schen Gegnerin erstochen, als er zu Hause
ein Bad nahm – diverse Gemälde zeigen
ihn als Wasser leiche. Überhaupt inspirier-
te das Thema des Bades und der Baden-
den die Künst ler vieler Epochen. Oft war
es bloß ein Vorwand, nackte Körper
darstellen zu dürfen. UK

CHRISTIAN DEVLEESCHAUWER

Körper und Macht


KulturgeschichteIn Baden-Baden widmet sich eine Ausstellung der Entwicklung des Bades.


Kultur


Fotografie »Badezimmer« von Thomas Demand, 1997
(Nachbau der Badewanne, in der der tote Uwe Barschel lag),
Elfenbeinfigur »Frau, Haare waschend« von Yasumasa,
um 1900, Gemälde »Les Captifs« von Maurice Denis, 1907
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