Der Spiegel - 29.02.2020

(Jeff_L) #1
Kahlköpfe auf jeder Pferdewiese. Die Wir-
kung: Entspannung, Auflösung der Wahr-
nehmungsfilter, Schauen der Welt, wie sie
ist, erfahren, dass man Teil eines allum -
fassenden Ganzen ist, Lernen, was Emana -
tion bedeutet.
Wolfgang Vitt, Siegen (NRW)

Ich leide unter einer chronischen Depres-
sion und generalisierten Angststörungen
und verwende Psychedelika eigenverant-
wortlich und allein zur Linderung und Er-
gründung meiner Symptome. Immer wie-
der treten dabei Traumata aus meiner
Kindheit zutage, die ich selbst im Sinne
einer Integration am Tag nach einem Trip
bearbeite oder in meinen therapeutischen
Sitzungen bespreche. Am eindrücklichsten
war, wie ich während eines Trips wieder
weit in meine Kindheit katapultiert wurde
und in meinem gesamten Körper und mit
all meinen Sinnen spürte, wie tief meine
Sehnsucht nach einem Elternhaus fernab
von Konflikten, rücksichtslosen Stellver-
treterkriegen und erzieherischer Härte
war. Nach diesem Durchbruch in unter-
drückte Bewusstseinsinhalte flossen die
heilsamen Tränen reichlich. Inzwischen ist
es mir auch aufgrund meiner Trip-Erfah-
rungen möglich, ein deutlich harmonische-
res Verhältnis zu meinen Eltern zu pflegen,
denn der Groll saß tief im Unterbewusst-
sein. Ferner stelle ich fest, dass mir Psy-

chedelika generell dabei helfen, eingefah-
rene negative Denkprozesse aufzuwei-
chen. So verstehe ich inzwischen, dass es
nur eine mögliche Perspektive ist, das Le-
ben als qualvolle Bürde zu betrachten. Lei-
der ist es aufgrund der Gesetzeslage in
Deutschland nicht möglich, solche Sub-
stanzen unter Begleitung eines Psycho -
therapeuten einzunehmen. Dementspre-
chend bestehen die Risiken hinsichtlich
der Beschaffungskriminalität, Substanz-
reinheit und des Auf-sich-allein-gestellt-
Seins während des Durchlebens dieser teil-
weise sehr schmerzhaften, aber zutiefst ka-
talytischen und heilsamen Erfahrungen.
Name und Wohnort sind der Redaktion bekannt

sensibel, um nicht zu sagen: verstockt, pro-
minente Wagner-Verehrer gesellschaft -
lichen Flurschaden anrichten. Hierzu ist
Annette Bruhns ein eindrucksvolles Sitten-
gemälde gelungen.
Andrea und Brüne Schloen, Wilstedt (Nieders.)


In diesem Bericht geht es um volljährige
Bürger, die ihre Reifeprüfung abgelegt ha-
ben, zum Studium an einer Hochschule
berechtigt sind und das Wahlrecht besit-
zen. Ich denke, in diesem Alter ist die
Frage nach pubertärem Unsinn mehr als
fehl am Platz. Vielmehr sollten diese
Bürger wissen, dass Handeln eine Konse-


quenz hat. Genau diese Konsequenzen
hätte man einfordern können, sollte man
in der Abizeitung falsch zitiert worden
sein. Man hätte in diesem Fall den Verkauf
der Zeitung stoppen können und einen
Widerruf oder eine Klarstellung fordern
sollen. Eine Intervention unserer Kanz -
lerin (und sei sie noch so privat) in diesem
Fall halte ich für mehr als über zogen. Als
Sanktion einen Ausschluss aus der Theater
AG zu verhängen halte ich in der Grund-
schule für angemessen, nicht aber bei
reifen und mündigen Bürgern.
Anke Peters, Hanstedt (Nieders.)


Ihr Artikel zeigt unverkennbar auf, dass
selbst die besten Hochschulreifezeugnisse
nicht eine ausreichende soziale Reife at-
testieren. Vielmehr scheinen die beiden
Hauptprotagonisten Tjark und Justus erst
jetzt durch ihr selbstredend völlig inakzep-
tables Verhalten und nach einer mehr als
berechtigten Empörung eine Art gesell-
schaftlichen Reifeprozess zu durchleben.
Wenn der erfolgreich ist, mündet das viel-
leicht künftig in einer eigenständigen Über-
nahme von Verantwortung, anstatt in ei-
nem hanebüchenen Versteckspiel hinter
Ausreden, Eltern und Anwälten. Jedenfalls
wäre es ihnen zu wünschen.
Axel Martin, Schiffdorf (Nieders.)


Intensiver als normal
Nr. 8/2020 Das Geheimnis des Bewusst-
seins und die faszinierenden Experimente
mit psychedelischen Drogen

Während meiner Zeit im West-Berlin der
Siebzigerjahre habe ich zusammen mit en-
gen Freunden und Bekannten LSD konsu-
miert, insgesamt sicherlich weit mehr als
100 Trips. Meine Erfahrungen damit wa-
ren außerordentlich positiv, denn LSD er-
möglicht es, sich ganz bewusst auf einzelne
Sinneseindrücke zu konzentrieren. Mit
einer gewissen Erfahrung hat man die Wir-
kung der Droge so unter Kontrolle, dass
man frei entscheiden kann, auf welche Sin-
neseindrücke man sich fokussiert, also
sehen, hören, schmecken und so weiter,
aber egal, was es ist, man empfindet alles
wesentlich intensiver als im »Normalzu-
stand«. Nachdem ich West-Berlin für im-
mer verlassen hatte, habe ich nie wieder
LSD konsumiert und auch nie wieder ein
physisches oder psychisches Verlangen da-
nach verspürt; es gab bei mir weder Nach-
noch Nebenwirkungen.
Klaus Dittrich, Orsingen-Nenzingen (Bad.-Württ.)

Es ist begrüßenswert, dass sich die Wissen-
schaft endlich einem Thema widmet, das
seit mehr als 2000 Jahren nicht die Beach-
tung findet, die es verdient. Man recher-
chiere hierzu den Begriff »Teonanácatl«,
übersetzt: Fleisch Gottes, und die Bedeu-
tung der Pilze in frühen Hochkulturen. Zu
LSD kann ich nichts sagen, aber Psilocybin
ist mir seit 30 Jahren vertraut. Bei uns im
Mittelgebirgsraum wachsen Spitzkegelige

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Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe
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Briefe

SABINE KOLZ
Aufführung des Brunsbütteler Gymnasiums

DPA
LSD-Forscher Leary 1966

Neues SPIEGEL-Buch
»Kommt ein Syrer nach Rotenburg (Wümme)« heißt eine Kolumne bei
SPIEGEL PLUS. Darin offenbart Samer Tannous, der aus Damas kus geflo-
hen ist, seine Gedanken über die neue Heimat Deutschland. Diese Serie
endet nun. Die gesammelten Texte über deutsche Schrullen und arabische
Eigenheiten, aufge zeichnet von Gerd Hachmöller, erscheinen am 2. März
als Buch bei der DVA. Der Band hat 240 Seiten und kostet 18 Euro.

Die Äußerungen in der Abi-Zeitung hätten
schulintern aufgearbeitet werden müssen.
Nachdem sie sich aber, konzentrischen
Kreisen gleich, bereits auf das Bundes-
kanzleramt zubewegt hatten, muss allen
Beteiligten klar geworden sein, dass aus
dem zutiefst Pädagogischen längst ein
kaum noch entwirrbares Knäuel politi-
scher und juristischer Sichtweisen gewor-
den war. Vergessen wir nicht, dass Dith-
marschen einmal eine Hochburg der Nazis
in Schleswig-Holstein gewesen ist.
Karl-Heinz Groth, Goosefeld (Schl.-Holst.)

In der Sache ist der maximale Schaden
entstanden: Niemand übernahm irgend -
eine Verantwortung, und am Ende stehen
nur Verlierer.
Wolfram Gothe, München
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