Der Spiegel - 29.02.2020

(Jeff_L) #1

Berlin-Spandau, Mitglied der German
Rifle Association, Gründerin der Face-
book-Gruppe »Waffenlobby« und selbst
ernannte »Bürgerrechtsaktivistin«. Also
entwarf die 55-Jährige eine Postkarte an
das Bundesinnenministerium (BMI) und
die Fachpolitiker der Großen Koalition.
Eine schwarz-rot-golden bemalte Hand,
die zwei Waffen abdeckt, darauf der
Spruch: »BMI trifft die falschen Ziele. Sag
Nein zur Waffenrechtsänderung!«
Ihr Aufruf verbreitete sich schnell in den
sozialen Medien, tausendfach, wie sie sagt.
Massenhaft gingen im Bundestag Schrei-
ben ein, einige Politiker befürchteten, die
Flut an Protestmails könnte ihre Server in
die Knie zwingen.
Lobbypublikationen zielten auf die
Union, die sich lange Zeit als Partei des
Brauchtums inszeniert hatte. Der Gesetz-
entwurf aber zeige: »Die ›Schwarzen‹ sind
für Schützen nicht mehr von den totalitär
agierenden ›Grünen‹ unterscheidbar.« In-
nenminister Seehofer sei ein »Wendehals«,
hieß im «Deutschen Waffen Journal«.
Die Kampagne der Waffenlobby hatte
in Teilen Erfolg: Ende vergangenen Jah-
res verständigte sich die Große Koalition
darauf, die geplante Verschärfung des
Waffengesetzes abzuschwächen. Inzwi-
schen, nach Hanau, sagt Triebel, sie sei
weiterhin gegen jede Verschärfung des
Rechts, fände aber einen runden Tisch
mit »Kriminologen, Psychologen und
Risikoforschern« gut.
Sebastian Fiedler, Chef des Bundes
Deutscher Kriminalbeamter, ärgert sich
über den Einfluss der Waffenlobby. Statt
um Sicherheit sei es in der Debatte vor al-
lem um die vermeintlichen Bedürfnisse
von Schützen und Jägern gegangen.
Fiedler plädiert für einen professionel-
leren Umgang mit Schreiben psychisch
auffälliger Menschen. Bisher gebe es in
den Behörden keinen Mechanismus dafür.
»Hier klafft eine offenkundige Lücke«,
sagt Fiedler. Denkbar sei, »bei psychisch
auffälligen Petenten« eine Information an
das Bundesverwaltungsamt zu senden.
Dort wird das Nationale Waffenregister
geführt.
Jetzt, unter dem Eindruck von Hanau,
könnten Politiker das allgemeine Entset-
zen nutzen, um über die Lobby hinweg
Änderungen im Waffenrecht durchzuset-
zen. Das Zeitfenster ist klein, das Verges-
sen setzt schnell ein.
Am 4. März gibt es in Hanau eine Trauer -
feier für die Opfer des Attentats. Bundes-
präsident Steinmeier wird da wahrschein-
lich einfühlsame Worte finden.
Matthias Bartsch, Markus Becker,
Jürgen Dahlkamp, Jörg Diehl, Hubert Gude,
Martin Knobbe, Ansgar Siemens,
Andreas Ulrich, Wolf Wiedmann-Schmidt,
Steffen Winter


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Deutschland

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