Der Spiegel - 29.02.2020

M

illionen Amerikaner erlebten
am Dienstagabend zwei Mike
Bloombergs. Der eine redete
in schönen Worten darüber,
wie er die Wunden heilen werde, die
Donald Trump dem Land zugefügt habe.
Es sprach ein Staatsmann, dem seine Zu-
hörer ergriffen lauschten. Das war in ei-
nem Fernsehspot, der in einer Werbepause
der demokratischen Kandidatendebatte in
South Carolina lief.
Davor und danach gab es den leibhafti-
gen Bloomberg zu sehen, einen hölzern
und unnahbar wirkenden 78-Jährigen, den
seine Mitbewerber auf der Bühne wegen

seines Verhaltens gegenüber Minderheiten

und Frauen attackierten. Seine Versuche,

sich selbstironisch zu geben, scheiterten

kläglich. Zwischen dem echten Bloomberg

und dem aus der Werbung gab es nur eine

flüchtige Ähnlichkeit.

Wer ist der wahre Mike? Für seine Kon-

kurrenten ist die Sache klar. Der linke Se-

nator Bernie Sanders sieht in ihm einen

weiteren Milliardär, der versucht, sich die

Präsidentschaft zu erkaufen. Die ebenfalls

zum linken Flügel gehörende Senatorin

Elizabeth Warren rief während der Debat-

te: »Das Herz der demokratischen Partei

wird ihm niemals vertrauen.«

Bloombergs Anhänger dagegen sehen

in ihm den erfolgreichen Geschäftsmann

und langjährigen Bürgermeister von New

York, der als Einziger das Format hat, es

mit Trump aufzunehmen. Oder wie

Bloomberg auf der Bühne formulierte:

»Ich habe die Erfahrung, ich habe die Mit-

tel, und ich habe die Erfolge.«

Bloomberg ist bislang die unbekannte

Va r i a b l e i m Re n n e n u m d i e P rä s i d e n t -

schaftskandidatur der Demokraten. Er

lässt die ersten vier Vorwahlen aus, bislang

geben nur die Wählerbefragungen einen

Hinweis darauf, wie seine Chancen auf die

Nominierung stehen. Immerhin liegt er im

76

Ausland

Der Scheckbuch-Demokrat

USAMike Bloomberg dachte, der beschwerliche Weg zur Präsidentschaftskandidatur

ließe sich mit viel Geld und Werbung abkürzen. Jetzt aber holt ihn seine Vergangenheit ein.

Beim Super Tuesday wird sich zeigen, ob ein Milliardär die Wähler begeistern kann.

KEVIN LAMARQUE / REUTERS

Wahlkämpfer Bloomberg: »Ich habe die Erfahrung, die Mittel und die Erfolge«