Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14.03.2020

(Nancy Kaufman) #1

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Unternehmen SAMSTAG, 14.MÄRZ 2020·NR.63·SEITE 23


FIRMENINDEX Seite

Air France-KLM ........................................ 22
Bilfinger ........................................................ 22
Bombardier ................................................ 24

Continental ................................................. 24
Curevac ......................................................... 23
DeroBank ................................................... 27
Deutsche Bank ........................................ 26
DeutscheLufthansa ........... 22, 24, 26

DeutscheTelekom ................................ 24
Erste Group ................................................ 23
Fortum ........................................................... 23
Fraport ........................................................... 22
KPMG ............................................................... 22

Maple Bank ................................................. 27
OccidentalPetroleum ....................... 25
Opel ................................................................. 23
Roche ............................................................... 24
RTL .................................................................... 22

Softbank .............................................. 24, 26
Sparkasse Leipzig .................................. 26
Uniper ............................................................. 23
Volkswagen ....................................... 22, 23
Wirecard ...................................... 22, 24, 26

W


enn es in der Deutschen
Bank an der SpitzeRevire-
ments gibt, löst das enorme
Unruhe aus.Imösterrei-
chischenPendant,Erste Group,ist das
eben passiert–aberohnegrößereNeben-
geräusche. Seit dem Jahreswechsel steht
dem Institut BernhardSpalt alsVorstands-
vorsitzendervor. Er wurdevorfasteinein-
halb Jahren in diesePosition bestellt und
tritt in die Fußstapfen vonAndreas
Treichl, der nun den Aufsichtsrat des
Hauptaktionärs, ErsteStiftung, präsidiert.
Treichlwarseinerseit sder Vorstandsvor-
sitzende einerglobalgelisteten Bankmit
der längstenDienstzeit.Unter seinemVor-
sitz wurde dieErsteGroup in den zurück-
liegenden zwei Jahrzehnten–dank desZu-
sammenbruch desKommunismus–von ei-
ner lokalenSparkassezueinem dergröß-
tenFinanzdienstleisterimOsten derEuro-
päischenUnion aufgebaut.Daher istder
Übergang an der Spitze für Spalt mit einer
Äraaus derVergangenheitverbunden, die
sichsonicht wiederholenwird.
Dochdie Herausforderungen für den
Manager bleiben. Schließlichübernimmt
der gebürtigeVorarlberger die Erste
Group in einer Phase, in der sichdie Bran-
chestrukturellenÄnderungengegenüber-
sieht.Sowirddie gesamteFinanzwelt
durch die Digitalisierung und neue Mitbe-
werber –sogenannteFintechs –unter
Druckgebracht. DieetabliertenAnbieter
müssen darauf reagieren undKosten sen-
ken, ohne ihreKundenzuverprellen.
Überdies wurde mit dem Zusammenbruch
der amerikanischen Investmentbank Leh-
man Brothersund den darauffolgenden
Turbulenzen derWeltwirtschaftimJahr
2008 auchdie Regulierung deutlich ver-
schärft.Zudem mussdas Spitzeninstitut
der österreichischen Sparkassen ihr Ge-
schäftinOsteuropakonsolidieren.
Zwar läuftesinden vondeutlichhöhe-
remWachstum gekennzeichneten post-
kommunistischen Märkten seit einigen
Jahren wieder hervorragend, sie sind die
Ertragsquelle schlechthin. Dazu tragen
abervorallem die niedrigen Kreditvorsor-
genbei. Sobald die Hochkonjunkturdort
abebbt,dürften diese auchwiederanstei-
gen. Hier dierichtigeBalance zwischen
Wachstum und Risikovermeidungzuhal-
tenist wichtig. Darin istSpalt als Risiko-
spezialisthervorragend trainiert.

VomTyp is terein Gegengewicht zu sei-
nemVorgänger,der verbalgut austeilen
konnte. Der Allemanneist ein nüchterner
Zahlenmensch, der gutvomEnde her den-
kenkann. SeineKompetenz hat er sichin
verschiedenenLändernZentral- und Ost-
europas angeeignet,wo ErsteGroup zu
den Platzhirschengehört.Pragwar eine
Station,wo er faule Kredite analysierthat,
genauso wie Budapest und Bukarest. Ger-
ne hat er sichumdie schwierigstenFälle
gekümmert. Er sieht Risikonicht als Be-
drohung. Entscheidend istdie Einschät-
zungvonWagnissen.FastdreiJahrzehnte
und seingesamtes Berufsleben hat der aus-
gebildete Juris tindem führenden Geld-
haus zwischen Bregenz undWien ver-
bracht. Schonwährend desStudiumsist er
in dieRechtsabteilung eingetreten. ImVer-
gleichzuTreichl fälltKennern ein,dass
Spalt einKopfentscheider ist.Auch setzt
er stärkerauf Teamlösungen.
Schon bisher setzt die ErsteGroup
starkauf digitale LösungenimVergleich
zu ihrenKonkurrenten am Platz.Vorfünf
Jahrengegründet, sieht sichdie Bankals

Vorreiter und führende paneuropäische
Bankenplattform. Spalt willkünftig viel
mehrAbläufedigital ermöglichen. Eine di-
gitale Bankingplattform soll nach ihrer In-
stallation inweiteren LändernimJahr
2021 rund 6,5 MillionenKunden haben.
Daswäre rund ein Drittel derKunden.
Mit demAusbau der digitalenVertriebswe-
ge wirdder physischeFußabdruck–also
das Filialnetz, das in Österreichtraditio-
nell sehr hoch istiminternationalenVer-
gleich–weiter entschlackt.Ihren Höhe-
punkt hattedie Filialzahl der ErsteGroup
in Österreichund Zentraleuropa sowie
Osteuropa im Jahr 2009, mit damals 3071
Filialen. Zum vergangenen Jahresende
waresein Viertelweniger.Das Institut
warimvergangenen Jahr an der Börse hö-
her bewertet als die DeutscheBankund
beschäftigt deutlichweniger Mitarbeiter.
Dassihm beachtlichePerspektiven be-
vorstehenkönnten, zeichnete sichschon
langeab. Vorfasteineinhalb Jahrzehnten
zogSpaltalsNachwuchshoffnungmit 38
Jahren in denVorstand der ErsteGroup
ein und wurde Risikovorstand für dasge-

samte Unternehmen. DiesewichtigePosi-
tionbehielt er auchwährend der schwie-
rigsten Phase derFinanzkrise.Vorüberge-
hend ging er zur ungarischenTochterge-
sellschaftund wurde in Budapest Risiko-
vorstand. Daswardamals eine Aufgabe,
die jeder gernegemieden hat.Schließlich
plagten sich zu dieserZeit ausländischeIn-
stituteinUngar ngerade mit wirtschaftli-
chemGegenwindundpolitischenWider-
ständender nationalpopulistischenRegie-
rung unter dem MinisterpräsidentenVik-
torOrbán. Im Jahr2015löste das Spitzen-
institut der Sparkassen seine Schwierigkei-
tenmit den Magyaren durch die Herein-
nahme des ungarischen Staats in ihre
Tochtergesellschaft.
Zu seiner nüchternen Artpasst,dass
SpaltgerneSchachspielt.Außerdem hat
er viel übrig für das Kino und seineSamm-
lungvon Filmen. Erfahrungen haben Mit-
arbeiter und andereauchmit seinemTa-
lentfür dasKochenund derFähigkeit des
guten Zuhörens. Er istmit einer Kranken-
schwester verheiratet und Vatereiner
Tochter. MICHAELA SEISER

MENSCHENUND WIRTSCHAFT


Corona-Infektion bei Opel
Opel hat nacheiner Coronavirus-Infek-
tion in der BelegschaftHunderte Mitar-
beitervorübergehend ins Homeoffice
geschickt.AmStandortRüsselsheim
sei ein Mitarbeiter positiv auf dasVirus
getestet worden, sagteein Unterneh-
menssprecher amFreitag. dpa

VieleTafeln schließen
Die deutscheTafelschließt in Deutsch-
land zeitweise mehrereStandorte.Da-
mit will die Organisation ihreBesucher
vordem Coronavirus schützen. An
rund 30Standortenkam es zu Schlie-
ßungen,weiter ekönntenfolgen, wie
die Bundesorganisation amFreitag mit-
teilte. Daweiterhin laufendeKosten für
die Tafelanfallen,fordertsie Hilfevon
der Politik.Gleichzeitiggebe esÜberle-
gungen,kurzfristig Lieferdienste einzu-
richten oder eine Essensausgabe an öf-
fentliche Orte zu verlegen. sdie.

VW bricht in China ein
Die Coronavirus-Krise und die schwä-
chereKonjunktur in vielen Ländernha-
ben dieVerkäufedes VW-Konzerns im
Februar schwer belastet. Im wichtigsten
Einzelmarkt China, das im Januar und

Februar besondersschlimmvomVirus
betroffenwar,seien die Auslieferungen
während des zurückliegenden Monats
im Vorjahresvergleichumfastdrei Vier-
telauf 60 900Fahrzeugeabgestürzt, teil-
te das Unternehmen mit. cag.

Osram:AMSstockt auf
Der österreichische Sensorspezialist
AMSkommt dem angestrebten Beherr-
schungsvertrag mit Osram näher.Der
Großaktionär hat seine Beteiligung an
dem Münchner Lichtkonzernvon 20,1
auf 23,4 Prozent aufgestock t, wie AMS
am Freitagabend mitteilte. Zusammen
mit denvonden Osram-Aktionären an-
gedienten Anteilenkommt dasUnter-
nehmen nun auf gut 63 Prozent.Mehr
Aktienkönne AMS derzeit auchnicht
zukaufen,weil die Genehmigungeneini-
gerKartellbehörden für dieTransaktion
ausstehen. AMS will einen Beherr-
schungs- und Gewinnabführungsver-
trag schließen, der demUnternehmen
Zugriffauf dieflüssigen MittelvonOs-
ram gäbe. Dazu isteine Mehrheitvon75
Prozent auf der Hauptversammlung nö-
tig.Dadortinder Regelnicht alleAktio-
näreerscheinen und mitstimmen,könn-
te laut Fachleuten aucheine Beteiligung
von65Prozentreichen, um die nötige
Mehrheit zu bekommen. Reuters

BernhardSpalt FotoPicture-Alliance
KurzeMeldungen

Österreichs Mann für den Osten


Bäumchenwechsledich:IngmarHoerr
übernimmt abermals den Posten des
Vorstandsvorsitzenden des Tübinger
BiotechunternehmensCurevac und löst
damit den erst seit 2018 amtierenden
Daniel Menichella ab, wie dasUnterneh-
men mitteilte. DiesePersonalie istein
Paukenschlag: Schließlichwar Hoerrbis
zuletzt Aufsichtsratsvorsitzender,hat
diesenPosten erst 2018 eingenommen,
nachdem er als Gründer desUnterneh-
mens denVorstandsvorsitzanMenichel-
la abgegeben hatte.Nunnimmt er die
Zügel also wieder selbstindie Hand.
„ImNamen desAufsichtsrates danke
ichDan Menichella sehr für seine gute
Arbeit, die er in denvergangenen Jah-
renfür Curevac geleistethat“, sagteHo-
errlaut Mitteilung über seinenNachfol-
gerund Vorgänger.Hoerrsagteweiter,
manwerdesichdaraufkonzentrieren,
die klinische Produktpipelinevoranzu-
treiben, um Arzneimittelzur Marktreife
zu bringen. „Der Impfstoffgegen Co-
vid-19 spielt dabei eine Schlüsselrolle“,
sagteerüber dieForschung an einer
Impfunggegendas Coronavirus.
Zu denGründen, ob eswomöglichein
Zerwürfnis mit Hoerroder dem Hauptin-
vestor,der In vestmentgesellschaft Dievi-
ni, gegeben hat,wolltesichein Unterneh-
mensspreche rnicht äußern. Hinter Die-
vini steht derSAP-GründerDietmar
Hopp,der über die Gesellschaftinviele
Biotechunternehmeninvestie rt ist. An
Curevachält Dievini mehrals 80 Prozent
undist damitHauptgesellschafter.Inves-
tier that beispielsweise auchdie Bill&Me-
linda-Gates-Stiftung.Insgesamt hat das

Unternehmen, dasanmRNA-basierten
Impfstoffenforscht, seit Gründung mehr
als 550Millionen Euroeingesammelt.
Die Investorenkommeninder aktuellen
Mitteilung nicht zu Wort.Zur Berufung
Menichellasvor knapp zwei Jahren sagte
Friedrich vonBohlen, derfür Dievini in
Cur evacsAufsichtsratvertr eten ist, da-
mals lautMitteilung,dassCurevacdie
mRNA-Technologieanführe.Das liege
vorallemanHoerrs Vision undseiner
Leitung desUnternehmens.Undweiter:
„Wir sinddavon überzeugt, dassdie neue
Konstellation imVorstandund Aufsichts-
ratdes Unternehmensnochschnelleren
und werttreibendenFortschrittund
Wachstum ermöglicht.“AndieserMei-
nunghält man nun offenbar nicht mehr
fest. ikop.

Führungschaosbeim


Corona-Forscher Curevac


Curevac-Labor in Tübingen Fotodpa

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