Süddeutsche Zeitung - 11.03.2020

(Frankie) #1
Erste Regelungen zum Tempo gab es seit An-
fangdes 20. Jahrhunderts: Vom Jahr 1910 an
waren innerorts nur 15 Stundenkilometer er-
laubt, 1923 immerhin schon 30 km/h. In den
nachfolgenden Jahrzehnten wurden Begren-
zungen mal aufgehoben, erlassen und dann
wieder aufgehoben. Erst seit dem 1. Septem-
ber 1957 gilt in ganz Deutschland innerorts
die maximale Geschwindigkeit von 50 Stun-
denkilometern für alle Kraftfahrzeuge. Tem-
po 100 außerhalb geschlossener Ortschaften
gilt seit 1976.
Der wesentliche Faktor dabei war immer
die Verkehrssicherheit, gemessen an der Zahl
der Unfalltoten. Seit 1953 erhebt der Bund in
der Verkehrsunfallstatistik die jährliche Ent-

wicklung. Nach den jüngsten Daten, Ende Fe-
bruar veröffentlicht, hat die Zahl der Getöte-
ten 2019 mit 3059 einen historischen Tief-
stand erreicht. Zum Vergleich: Im Jahr 1980
waren es noch mehr als 13 000 Menschen, die
auf deutschen Straßen ums Leben kamen.
Doch natürlich ist jeder Tote einer zu viel. Und
eine der Hauptursachen für Verkehrsunfälle
ist erwiesenermaßen nicht angepasste Ge-
schwindigkeit.
Das machte die Überwachungstechnik
auch für die Polizei interessant. Das erste Ver-
kehrsradargerät VRG1 stellte die Firma Tele-
funken 1956 bei der Internationalen Polizei-
ausstellung in der Essener Grugahalle vor.
Mehrere Landespolizeien erprobten die Tech-

nik und entwickelten sie weiter. Zugelassen
von der Physikalisch-Technischen Bundesan-
stalt Braunschweig, ging 1958 schließlich das
VRG2 in Serie.
Die allererste mobile Verkehrsüberwa-
chung fand am 15. Februar 1959 zwischen
Düsseldorf und Ratingen statt, aus einem VW
Bulli der ersten Generation heraus. Die klobi-
ge Kamera stand vor der Bulli-Schnauze, ver-
kabelt mit dem Messgerät im Wageninneren.
Das Gerät kam mit einer 12-Volt-Stromversor-
gung aus und konnte aus 30 Metern Entfer-
nung Geschwindigkeiten bis zu 150 km/h mes-
sen. Heute hat das VRG2 längst ausgedient.
Es steht im Deutschen Polizeimuseum in Salz-
kotten. KUT

München– „Big Game Hunting“ – unter
Jägern ist damit die Hatz auf Großwild ge-
meint. In der Welt der Cyberkriminellen da-
gegen bezieht sich der Begriff auf Attacken
mit Erpressungssoftware gegen Unterneh-
men und Organisationen. Die Täter hoffen
darauf, dass diese es sich kaum leisten kön-
nen, auf ihre Daten längere Zeit nicht zu-
greifen zu können – oder sie gar zu verlie-
ren. Weshalb sie oftmals den geforderten
Betrag zahlen. Solche Cyber-Angriffe ha-
ben sich im vergangenen Jahr vor allem ge-
gen akademische Einrichtungen, die Tech-
nologiebranche, Gesundheitswesen, Pro-
duktion, Finanzdienstleistungen und Me-
dienunternehmen gerichtet. Das ergibt
sich aus dem „Global Threat Report“ der
Cybersicherheitsfirma Crowd Strike, die
jährlich auswertet, wie sich der cyberkrimi-
nelle Markt entwickelt. Die höchste er-
presste Summe lag demnach bei 12,5 Milli-
onen Dollar.
Der Report stellt auch fest, dass sich An-
griffe längst nicht mehr nur gegen große
Unternehmen mit entsprechendem Kapi-
tal richten, sondern auch gegen Schulen,
die städtische Verwaltung und andere per-
sonell schlecht ausgestattete und überlas-
tete öffentliche Institutionen. Ein weiterer
Trend ist, dass die Täter ihre Verfahren än-
dern. 2018 etwa drangen noch 60 Prozent
von ihnen mithilfe von Schadsoftware in
die Systeme ihrer Opfer ein. 2019 überwog
erstmals die Zahl der Attacken, bei denen
die Hacker etwa gestohlene Identitäten
nutzten, um sich aus der Ferne in Systeme
einzuloggen. kut


von katharina kutsche

Hannover–Die letzte Kreuzung ist durch-
fahren. Jetzt kommen mehrere Kilometer
auf zwei Spuren, bis die Bundesstraße 6
auf den Messeschnellweg einbiegt. Hier,
im Süden Hannovers, zwischen Gleidingen
und Laatzen, könnte man das Gaspedal
richtig durchtreten. Wenn da nicht die
Schilder wären, die auf Tempo 100 drän-
gen. Und dazu die wuchtige weiße Brücke
mit den zwei Kamerakästen über der Fahr-
bahn, die eindeutig so aussieht, als würde
sie die Geschwindigkeit messen.
Section Control heißt die Technologie
dahinter, zu Deutsch: Abschnittskontrolle.
Es ist wirklich eine Anlage zur Überwa-
chung – aber ist sie nur deren erster Teil.
Was Section Control besonders macht, ist,
dass sie an zwei Stellen im Abstand von ex-
akt 2,183 Kilometern misst, wie schnell Au-
tofahrer auf der Bundesstraße 6 unter-
wegs sind. In anderen Ländern wird diese
Art der Überwachung schon länger ge-
nutzt, in Österreich und der Schweiz etwa.
Doch in Deutschland ist die Anlage südlich
von Hannover die erste und einzige, die so
arbeitet. Und bisher sieht es so aus, als sei
sie erfolgreich.
Die Sensoren und Kameras erfassen zu-
nächst alle Kraftfahrzeuge am Einfahr-
punkt von hinten. Sie lesen die Kennzei-
chen aus und verschlüsseln sie mit einem
Hash, also einem individuellen Daten-Fin-
gerabdruck. Alle Hashwerte werden dann
an den Computer im Ausfahrpunkt weiter-
gegeben und für 90 Sekunden behalten.
Am Ausfahrpunkt steht ein weiterer Brü-
ckenarm mit Sensoren. Passieren die Fahr-
zeuge diese Stelle, erzeugen die Kameras
erneut einen Hashwert. Ein sogenannter
Matcher in der Anlage führt die Daten mit
denen vom Einfahrpunkt zusammen.
Um nun festzustellen, ob ein Auto- oder
Motorradfahrer zu schnell unterwegs war,
errechnet Section Control aus den erfass-
ten Zeiten, in welchem Tempo die Fahrzeu-
ge die gut zwei Kilometer passiert haben.


Anders ausgedrückt: Wer zu schnell am
zweiten Messpunkt ankommt, der muss
zahlen. Damit die Zeitmessung hundert-
prozentig stimmt, nutzt die Anlage zwei
Zeitquellen, per Funk und per GPS. Wei-
chen die Uhrzeiten voneinander ab, deakti-
viert das System die Messung.
Entwickelt hat dieses Verfahren das Un-
ternehmen Jenoptik aus Jena. Jenoptik
baut seit Jahren stationäre und mobile
Blitzer – vom Tiefbau über die Fertigung
im eigenen Haus bis hin zur Installation.
Lukas Schiffer betreut die Kunden aus Poli-
zeien und Innenministerien. Er sagt, bei
der Überwachung gebe es kaum noch ana-
loge Technik: „Von Hand wechselt keiner
mehr Filme.“ Doch unabhängig davon ist
die Abschnittskontrolle auch in ihrer recht-
lichen Bedeutung anders. „Der wesentli-
che Unterschied zwischen konventioneller
Blitzertechnik und Section Control ist,
dass unsere Anlage am Beginn der Kontroll-
strecke alle Fahrzeuge registriert.“ Her-
kömmliche Blitzer dagegen machen erst
dann ein Foto, wenn Radar oder Sensor be-
reits den Anfangsverdacht geliefert haben,
jemand könnte zu schnell unterwegs sein.

Hat der Matcher in der Jenoptik-Anlage
einen Verstoß errechnet – und nur dann –,
signalisiert er den vier Kameras, die auf
dem Mittelstreifen hinter dem Ausfahr-
punkt stehen, dass sie auslösen müssen.
„Das Foto eines durchfahrenden Traktors,
der es ohnehin nicht schafft, schneller als
100 km/h zu fahren, würde beim Ausfahr-
punkt sofort wieder gelöscht“, so Schiffer.

Im Grunde setzt Section Control ein Ver-
fahren um, das es schon in den Fünfziger-
jahren gab: Polizeibeamte mit Klemmbrett
und Stoppuhr maßen von Hand, wie
schnell sich ein Auto zwischen zwei festge-
legten Punkten bewegt, und gaben die Da-
ten per Funk weiter. Das war personalauf-
wendig, zumal die Raser sofort angehalten
und verwarnt werden mussten. Außerdem
gilt das Gleiche wie bei anderen Verfahren:
Fahrer, die die Kameras wahrnehmen,
bremsen auf die erlaubte Geschwindigkeit

runter und beschleunigen wieder, wenn
sie den Blitzer passiert haben. Damit wirkt
auch die Maßnahme nur punktuell; Unfäl-
le aber häufen sich selten nur an genau ei-
ner Stelle, eher an einem Teilstück.
Bei Section Control müssen sich Fahrer
über eine längere Strecke hinweg darauf
konzentrieren, das Maximaltempo einzu-
halten – überwacht von der 450 000 Euro
teuren Anlage, die von der Polizeidirektion
Hannover betrieben wird. Und auch wenn
das Ganze ein Projekt ist, sind alle Messun-
gen rechtsgültig: „Wir wollten im Echtbe-
trieb prüfen, messen und ahnden. Nur so
kann man die Wirkung auf die Verkehrssi-
cherheit evaluieren“, sagt Thomas Buch-
heit, Verkehrssicherheitsexperte im Innen-
ministerium in Hannover.
Der Weg dahin dauerte allerdings zehn
Jahre. Auf dem Verkehrsgerichtstag 2009
in Goslar empfahl ein Arbeitskreis, die Ab-
schnittskontrolle zu testen. Doch erst 2014
griff die hannoversche Polizei die Idee auf;
Jenoptik gewann letztlich die Ausschrei-
bung für den Bau der Anlage, die 2018 von
der Physikalisch-Technischen Bundesan-
stalt (PTB) zugelassen wurde. Dann klagte

ein Autofahrer gegen die Polizeidirektion
und bekam vor dem Verwaltungsgericht
recht: Es fehlte eine Ermächtigung, alle
Fahrzeuge zu erfassen, unabhängig von ih-
rer Geschwindigkeit. Im Mai 2019 wurde
das Landespolizeigesetz geändert, darauf-
hin hob das Oberverwaltungsgericht das
Verbot auf.
Nun läuft Section Control seit Mitte No-
vember. Und obwohl die Anlage beschil-
dert und gerade tagsüber gut erkennbar
ist, hat sie, Stand 2. März, schon 497 Verstö-
ße registriert. Der Spitzenreiter war mit
152 Stundenkilometern auf der Strecke un-
terwegs – 147 nach Abzug der Toleranz.
Das kostet 160 Euro, bringt zwei Punkte in
der Flensburger Verkehrssünderdatei und
einen Monat Fahrverbot. Unfälle gab es
seit der Scharfschaltung nicht.
Kritiker befürchten, dass die Technik
missbraucht werden könnte. Schließlich
gibt es bei der Polizei und in der Politik Be-
gehrlichkeiten, Kennzeichendaten für
Fahndungen und Grenzkontrollen zu nut-
zen. Das hatten schon die Experten in Gos-
lar 2009 ausdrücklich ausgeschlossen.
Auch technisch sei das nicht möglich, be-
tont Jenoptik-Experte Schiffer: „Die Anla-
ge ist in sich abgeschlossen und nur für die
Geschwindigkeitsüberwachung einsetz-
bar. Für etwas Anderes ist sie auch nicht zu-
gelassen.“ Sollte jemand versuchen, die An-
lage zu beschädigen, löst sie einen Alarm
aus. Würde jemand den Serverschrank öff-
nen, werden alle Daten gelöscht.
Die Polizei Hannover hat damit „eine
komplett durchgetestete, durch die PTB zu-
gelassene, geeichte und funktionierende
Anlage in Betrieb“, so Buchheit. Schon jetzt
interessieren sich andere Bundesländer
für das Projekt, das noch bis Ende des Jah-
res läuft. Dann muss das Team zwar erst-
mal dem niedersächsischen Landtag be-
richten. Buchheit ist aber „sehr, sehr zuver-
sichtlich“, dass es dabei keine Probleme
mehr geben wird. „Alles deutet darauf hin,
dass durch Section Control die Verkehrssi-
cherheit erhöht wird.“

Die beste Kamera ist die, die
man immer dabeihat. Dass
Smartphones die früher übli-
chen Kompaktkameras nahezu
bedeutungslos haben werden
lassen, liegt aber nicht nur daran. Dazu
trägt auch bei, dass die Kameraeinheiten
in Smartphones über die Jahre wirklich
große Fortschritte gemacht haben. Mit
den besseren unter ihnen lassen sich sogar
im Halbdunkel eines Restaurants noch
gute Fotos schießen. Porträts sehen fast
schon so gut aus wie mit einer Spiegelre-
flexkamera, weil Algorithmen den Hinter-
grund verschwimmen lassen. Von Verschö-
nerungsoptionen, die einen verschlanken
oder Falten glätten, wollen wir nicht reden.
Das Einzige, was bis vor ein, zwei Jahren
noch fehlte, waren Teleobjektive. Also Lin-
sen, die Entferntes näher heranholen. Na-
türlich leuchtet es ein, dass die Physik ge-
wisse Grenzen vorgibt. Schließlich haben
etwa die Fotografen in den Sportstadien
nicht umsonst mächtige Rohre auf ihren
Kameras. Doch die Entwickler der Smart-
phone-Linsen haben sich etwas einfallen
lassen. Sie platzieren das Tele liegend ins
Gehäuse und lenken das Licht mit einem
Spiegel darauf – ähnlich wie das Periskop
bei einem U-Boot. Die Kamera im neuen
Galaxy S20 Ultra von Samsung schafft so
eine dreifache optische Vergrößerung.
Mit der Optik allein ist es allerdings
schon lange nicht mehr getan. Mindestens
ebenso wichtig ist die Elektronik, vor al-
lem die Sensoren, sowie die Software, mit
der die Informationen verarbeitet werden.
Der Hauptsensor des S20 Ultra erfasst sat-
te 108 Megapixel, rechnet diese allerdings
zu Zwölf-Megapixel-Bildern zusammen,
was vor allem Aufnahmen verbessern soll,
die im Dunkeln gemacht werden.

So weit, so gut. Nun bewirbt allerdings
Samsung sein neues Smartphone mit ei-
nem Hundertfach-Zoom. Das bedeutet na-
türlich: Alles, was nicht optisch geht, muss
aus dem Sensor gequetscht werden. Wirk-
lich ansehnlich sind die Bilder nicht, die
dabei herauskommen – siehe Physik, Gren-
zen und so. Trotzdem ist es erstaunlich,
dass man überhaupt noch etwas erkennt.
Allerdings ergibt sich dabei auch noch ein
anderes Problem: Aus der Hand lässt sich
damit kaum noch vernünftig fotografie-
ren. Ein Stativ aber liefe dem Immer-dabei-
Vorteil zuwider. helmut martin-jung

Mit Bulli und Kamera


Andere Taktik,


andere Ziele


München– Plötzlich ist er da, der Produk-
tionsfehler. Doch wo kommt er her? Viele
Firmen haben Probleme, die Ursache für
auftretende Mängel herauszufinden. „Pro-
zesse und Prozessketten sind heutzutage
so kompliziert geworden, dass auf Basis
von Erfahrung entschieden werden muss“,
sagt Caroline Legler. „Man hat einfach
nicht die Zeit, um Fehler mühselig zurück-
zuverfolgen.“ Das will sie ändern. Ihr Start-
up Nebumind entwickelt Software, die sol-
che Fehler erkennt und bei der Ursachen-
forschung hilft.
Ihr Münchner Start-up Nebumind ist
zwar vor allem in der Raumfahrtindustrie
tätig, die Gründer entwickeln aber keine
Satelliten oder Raketenteile, sondern Soft-
ware, die die Qualität von Bauteilen sicher-
stellen soll. Untergebracht ist Nebumind
auf dem Ludwig-Bölkow-Campus für
Start-ups in Taufkirchen, der von Airbus,
Siemens und IABG finanziert wird. Dass
sie gerade dort gelandet sind, kommt auch
daher, weil Caroline Legler und ihr Mit-
gründer Franz Engel die Grundidee in ei-
nem Spin-off von Airbus entwickelt, 2018
aber eine eigene Firma gegründet haben.
„Es ging letztlich darum, eine Sensorik
zu entwickeln, um die Qualität von Bautei-
len zu prüfen“, sagt Legler. Dies haben die
studierte Kauffrau und der Ingenieur nun
weiter entwickelt, deswegen müssen sie
sich auch nicht mit Patentfragen herum-
schlagen. „Bei Nebumind gehen wir einen
Schritt weiter und nutzen die Daten von
Sensoren und Maschinen, um Bauteile,

Prozesse und Maschineneinstellungen zu
optimieren“, sagt die 32-Jährige.
Zum Beispiel könnte der Boden der Fa-
brikhalle unbemerkt vibrieren, weil ein
Zug oder Gabelstapler vorbeifährt, wäh-
rend der 3-D-Drucker den Punkt aus-
schmilzt. „In vielen Fällen ist es billiger,
den Fehler zu akzeptieren und zu reparie-
ren, da eine Rückverfolgung zu aufwendig
ist. Unsere Software reduziert diesen Auf-
wand erheblich“, sagt Legler.

Die beiden Gründer beugen sich über ei-
ne Illustration auf ihrem Notebook, zu se-
hen ist die Komponente einer Turbine, die
mit einem 3-D-Drucker gefertigt wird. Der
obere Teil ist rot eingefärbt, was bedeutet,
dass es hier im Produktionsprozess eine
deutliche Temperaturanomalie gab, die zu
Qualitätsmängeln führen kann. Und so
analysiert die Software bei jedem Bauteil
verschiedene Variabeln, um zu prüfen, ob

es während der Produktion zu Abweichun-
gen kommt: Neben der Temperatur zählt
dazu beispielsweise auch die Geschwindig-
keit oder die Rotation der Roboterachsen.
„Wir nehmen eine Anzahl guter Bauteile
und bilden daraus ein Referenzmodell“,
sagt Engel, 38. „Durch das Modell wird
klar, ob es im oberen Bereich eine höhere
Temperatur geben darf. So können auch
künftige Bauteile während der Produktion
hinsichtlich Qualität überwacht werden.“
Die Software nutzt alle Produktionsda-
ten einer Maschine und kann damit digita-
le Zwillinge jedes Bauteils erstellen. Das
kann etwa ein 3-D-Teil für eine Turbine
sein, aber auch ein Carbonflügel, der
schnell eine halbe Million Euro kosten
kann. „Oft wird bei Flugzeugflügeln und
anderen großen Bauteilen eine bestimmte
Prozesstemperatur für das gesamte Bau-
teil gefordert“, sagt Engel. „Aus verschiede-
nen Gründen kann diese an bestimmten
Stellen abweichen, was zu hohem Aus-
schuss führt.“ Mit der Software könne der
Ingenieur nun überprüfen, „ob eine erhöh-
te Temperatur an einer bestimmten Stelle
doch ok ist“. Ansatz der Software sei eine
umfangreiche Datenspeicherung, womit
für jede einzelne Komponente die gesamte
Fertigungsgeschichte dokumentiert wird.
„Dadurch können wir auch bei einem
Schaden im Betrieb, wie etwa ein Haarriss
am Flugzeugflügel, schnell herausfinden,
welche Bauteile noch betroffen sind“, sagt
Engel. Bisher habe man sich die Daten
mühsam aus Excel-Tabellen zusammen

gesucht, was Monate dauern kann. Nun
könne man eine Analyse in zwei Wochen
abarbeiten. Die Datenbank wird in Echt-
zeit aktualisiert und ist weltweit abrufbar.
Engel nennt es „eine Wolke aus Messwer-
ten“. Ingenieure können mit der Software
komplexe Daten visualisieren und verste-
hen, „ohne dass man gleich einen Data-
Scientist an Bord haben muss“, so Engel.
Nebumind will mit der Software nicht
nur den 3-D-Druck optimieren, sie soll
auch für die Carbonverarbeitung oder
beim Fräsen eingesetzt werden. „Ziel ist
es, irgendwann die komplette Produktion
abbilden zu können“, sagt Legler – bran-
chenunabhängig. Dazu gehöre es auch,
„Maschinen schneller einzufahren“, was
eineinhalb Jahre dauern könne. „Diese
Zeit können wir reduzieren.“
Nebumind habe erste Aufträge, mit de-
nen sich die Firma finanzieren kann. Wäh-
rend Mitbewerber die Produktivität der
Maschinen analysieren würden, schaue Ne-
bumind auf die Qualität des Bauteils. Zu
den Kunden gehören MT Aerospace und
Liebherr. „Wir schieben deshalb die erste
Investor-Finanzierungsrunde vor uns
her“, sagt Legler. „Wir gucken, wie lange
wir es selbst hinkriegen.” dieter sürig

Zum fünften Mal schreibt die SZ den Gründerwett-
bewerb Gipfelstürmer aus. Die Finalisten pitchen
imNovember beim SZ-Wirtschaftsgipfel in Berlin.
Die SZ begleitet den Wettbewerb mit Salons in aus-
gewählten Städten. Mehr unter http://www.sz-wirt-
schaftsgipfel.de/gipfelstuermer

26 HF2 (^) WIRTSCHAFT & TECHNIK Mittwoch, 11. März 2020, Nr. 59 DEFGH
Hinweis der Redaktion:EinTeil der auf dieser Seite
vorgestellten Produkte wurde der Redaktion von
den Herstellern zu Testzwecken zur Verfügung ge-
stellt und/oder auf Reisen präsentiert, zu denen
Journalisten eingeladen wurden.
Ein 100-fach-Zoom in einem
Smartphone? Ja, das geht, gut ist das
Ergebnis aber nicht.FOTO: BLOOMBERG
Alles im Blick: Die Kameras des Streckenradars bei Hannover fotografieren Fahrzeuge, die auf dem gut zwei Kilometer langen Abschnitt der B 6 zu schnell unterwegs waren. FOTO: PETER STEFFEN/DPA
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    Angaben ohne Gewähr. Stand: 10.03.2020 Quelle:
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    Frankreich 01086 0,77 01069 0,84
    Griechenland 01078 0,49 01088 1,19
    Großbritannien 01078 0,64 01069 0,96
    Italien 01086 0,94 01098 0,98
    Österreich 01086 1,19 01069 1,61
    Polen 01078 0,98 01069 1,27
    Schweiz 01078 1,29 01069 1,31
    Spanien 01078 0,49 01069 1,17
    Türkei 01086 2,84 01012 2,88
    USA 01086 0,82 01069 0,96
    0-24 01078 1,67 0-24 01038 1,69
    Statt Blitzer
    Abschnittskontrollen zur Geschwindigkeitsmessung gab es bisher nur im Ausland. In der Nähe von Hannover ist seit kurzem allerdings
    eine Pilotanlage in Betrieb. Die Tests hat sie bestanden. Noch dieses Jahr könnte sich entscheiden, ob daraus mehr wird
    Wolke aus Messwerten
    Das Münchner Start-up Nebumind will die Qualität beim 3-D-Druck in der Raumfahrt sicherstellen
    Schon 2009 empfahl
    der Verkehrsgerichtstag, die
    Technik einzuführen

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