Linux-Magazin_-_Januar_2019

(singke) #1

positiv: „Der Kauf von Red Hat durch
IBM bedeutet noch mal einen riesigen
Schub für Open Source Software.“ Die
Dimension des Kaufs sei neu, so Ganten,
auch wenn es zuvor schon Übernahmen
gegeben habe, die in diese Richtung gin-
gen, etwa Microsoft und Github.
„Dieser Deal zeigt dem Markt und seinen
Beteiligten, dass ohne Open Source gar
nichts mehr geht. IBM hat sich schon
lange mit Open Source Software beschäf-
tigt und sehr viel in Linux investiert. Der
Kauf von Red Hat ist auch ein deutlicher
Ausdruck des Wunsches der Kunden
nach mehr Offenheit bei der Wahl von
Cloud-Angeboten“, so Ganten.
Der Zusammenschluss von Red Hat und
IBM habe laut Ganten weitere Auswir-
kungen: „Hybrid-Clouds, die Unterneh-
men eine große Flexibilität bezüglich
Speicherung und Pflege von Software
und vor allem Daten geben, werden da-
durch noch mehr zum Standard. Zudem
sehen wir daran, dass sich die Kunden
nicht mehr nur von einem einzigen An-
bieter abhängig machen möchten. Denn
Open Source Software erlaubt per Defini-
tion Wahlfreiheit.“


Deutscher Markt


In deutschen Unternehmen werde Open
Source Software heute flächendeckend
eingesetzt, erläutert Ganten, zudem finde


im bildungs- und forschungsnahen Be-
reich eine starke Verwertung von Open
Source Software statt. Dennoch dürfe
man sich nicht ausruhen. Wenn Deutsch-
land im internationalen Vergleich weiter-
hin vorne mitspielen wolle, müsse man
das Geschaffene ausbauen und in den
Bereich Open Source (re-)investieren. n

Infos
[1] IBM-Mitteilung:
[https:// newsroom. ibm. com/ 2018-10- 28

-IBM-To-Acquire-    Red-Hat-Completely  
-Changing-The-Cloud-Landscape-And
-Becoming-Worlds-1-Hy brid-Cloud
-Provider]
[2] Whitehurst Blogbeitrag:
[https:// http://www. redhat. com/ de/ blog/
red-hat-i bm-creating-leading-hybrid
-cloud-provider]
[3] Kommentar Tyler Jewell:
[https:// blog. usejournal. com/
ibm-acquires- red-hat-what-this-means
-for-open-source-d236d680da5b]
[4] OSBA: [https:// osb-alliance. de]

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Aktuell

IBM und Red Hat

Amazon  Web Services,   Google, Microsoft   –   der 
ehrwürdige Riesenkonzern IBM hat keinen Po-
destplatz im Rennen der Cloudanbieter. Doch er
käme gern aufs Treppchen und zu diesem Zweck
schluckt er nun Red Hat. Im Geschäft mit hybri-
den Cloudlösungen, das man in Zukunft gemein-
sam bestreiten will, sieht IBM-Chefin Rometty
die Chance, die seit Jahren rückläufigen oder
stagnierenden Gewinne wieder zu steigern.
Das ist umso wichtiger, als sich heute bereits
abzeichnet, dass auf anderen mit viel Vor-
schusslorbeer bedachten Feldern, etwa der
künstlichen Intelligenz mit Watson, die Bäume
doch nicht einfach in den Himmel wachsen. Nun
will IBM sich also mit Cloudlösungen in die Me-
daillenränge vorkämpfen.
Dass dies gelingen kann, scheint zumindest
nicht garantiert. Auch etliche frühere Über-
nahmen konnte IBM in keine strahlende Zu-
kunft führen. Etwa Informix, 2001 für 1 Milliarde
eingekauft, in den 90ern der Hauptkonkurrent
von Oracle im Datenbankmarkt, rangiert heute

unter   IBMs    Fittichen   auf Rang     26  im Ranking 
der Datenbank-Engines, Tendenz fallend. Oder
Lotus Notes, 1996 für 4 Milliarden eingekauft.
Die Groupware ist jahrelang an IBMs ausge-
strecktem Arm verhungert, in den letzten fünf
Jahren gab es keine Major-Release mehr. Dass
jetzt wieder eine neue Version 10 angekündigt
ist, liegt nur daran, dass IBM Entwicklung und
Support an den indischen Konzern HCL weiter-
verkauft hat.
Diesmal greift IBM nun mit viel Mut wesentlich
tiefer in die Tasche und bezahlt mit 34 Milli-
arden deutlich mehr als für irgendeine Über-
nahme in der Firmengeschichte. Das erhöht den
Erfolgsdruck natürlich gewaltig.
Andererseits passen Red Hat und IBM ganz gut
zusammen. Red Hat hat sowohl bei IaaS-Clouds
mit Red Hat Open Stack Platform als auch bei
PaaS-Angeboten mit Red Hat Open shift kon-
kurrenzfähige Produkte im Angebot. Zudem
vermarktet es Open-Source-Lösungen, die die
Angst der Kunden vor einem Vendor Lock-in

lindern können. Red Hat ist die erfolgreichste  
Open-Source-Firma überhaupt und bringt ent-
sprechende Größe, Renommee und eine aktive
Community ein. IBM kann dem neuen Partner
weitere Marktzugänge öffnen und seinen Cloud-
kunden speziell im Sektor der hybriden Clouds
neue Perspektiven bieten.
Einer aber hat schon gewonnen, ganz egal wie
die Übernahme am Ende ausgeht: der Open-
Source-Gedanke. An freier Software, das wird
nun klar, führt kein Weg mehr vorbei. Und zwar
nicht in irgendeiner Nische für Bastler und
Nerds, sondern auf dem Gebiet einer der viel-
versprechendsten Zukunftstechnologien. Für
kostenlose Software gibt IBM mehr Geld aus,
als – einzige Ausnahme: Dell kauft EMC – jemals
in der Geschichte ein Käufer für eine IT-Firma
gezahlt hat. Wenn es noch eines Beweises be-
durft hätte, dann läge er jetzt auf dem Tisch:
Open Source funktioniert als Technik und als
Geschäftsmodell, es ist in jeder Hinsicht wert-
voll. (Jens-Christoph Brendel)

Quod erat demonstrandum

Abbildung 1: Ginni Rometty, Chairman, President und CEO von IBM (rechts). Jim Whitehurst, CEO Red Hat.

© IBM
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