Linux-Magazin_-_Januar_2019

(singke) #1

die Interessen der Hardware-Eigentümer.
Über die Software behalten die Hersteller
„die Zügel in der Hand“.
Für Autos, Kühlschränke, Smartphones
und Drucker gebe es dokumentierte
Fälle, in denen die Hersteller die Hard-
ware über Software gegen die Interes-
sen der Kunden richten. Das reiche von
manipulierten Testergebnissen (Autos
und Kühlschränke), über geplante Ob-
soleszenz (bei Smartphones) bis hin zur
„Steuerung von Inkompatibilitäten von
Ersatzteilen“ oder zum Verhindern von
Nachfüllen (Drucker).


Nachhaltige Software


Offene und freie Software dagegen punk-
ten beim Thema Nachhaltigkeit. Entspre-
chend erschienen auf der Konferenz auch
Organisationen und Projekte aus dem Ha-
cker- und Open-Source-Umfeld. Neben
dem Chaos Computer Club waren die
Free Software Foundation Europe und
Nextcloud vor Ort.
Schon länger kommt für den Betrieb äl-
terer Rechner häufig nur noch Linux in
Frage. Canonical will Ubuntu 18.04 zehn
Jahre supporten. Das 2007 veröffentlichte
Red Hat Enterprise Linux 5 erhält dank
„Extended Lifecycle Support“ noch bis
Ende 2020 Updates. Auch Entwickler des
Linux-Kernels bieten Supportzeiten, von
denen Android-Nutzer nur träumen. Das
Civil Infrastructure Project will seinen
Kernel und einige Basispakete gar mehr
als zehn Jahre lang unterstützen.
Frank Karlitschek berichtete in einem
Talk über Nextcloud aus der Nachhal-
tigkeitsperspektive: Er legte den Fokus


auf Geschäftsmodelle
für Open-Source-Soft-
ware.
An einer Podiumsdis-
kussion zum Thema
„Enkeltaugliche Wirt-
schaft“ nahm er eben-
falls teil. Hier traf er
auf Timm Wille, der in
Sachen Open Hard-
ware und erneuerbare
Energien unterwegs ist
(Open Source Eco-
logy), sowie Silke Hel-
frich, die seit Jahren
das Thema Gemein-
wohl (Commons Insti-
tut) beschäftigt.

Wo anfangen?


Doch Software berührt auch Bereiche,
in denen Anwender die Wahl haben. So
verbrauchen Desktop-Anwendungen un-
terschiedlich viel Energie. Effekte, die auf
einzelnen Desktops kaum eine Rolle spie-
len, machen sich in der Masse durchaus
negativ bemerkbar.
Jens Gröger vom Öko-Institut e.V. stellte
eine noch nicht veröffentlichte Studie
vor, die Methoden entwickelt, um An-
wendungen auf ihren Energieverbrauch
hin zu untersuchen. Die entwickelten
Messmethoden sollen künftig den Ener-
giebedarf von Anwendungen messen und
können (öffentliche) IT-Einkäufer bei ih-
ren Entscheidungen unterstützen.
Dabei verglich die Studie unter anderem
exemplarisch ein proprietäres mit einem
freien Office (konkrete Namen nennt sie

nicht). Ein Ergebnis: Das erste belastete
die CPU im Leerlauf doppelt so stark wie
das zweite Office. Bei proprietären und
freien Browsern wurde das noch deutli-
cher: Lastete der erste die CPU mit rund
12 Prozent aus, blieben die beiden freien
Gegenstücke unter einem Prozent.
Alles in allem eine gelungene Veranstal-
tung, die zeigte, dass es zwischen der
Open-Source- und der Nachhaltigkeits-
Szene zahlreiche Schnittpunkte gibt.
Viele der Vorträge stehen inzwischen auf
den Seiten des CCC bereit [3]. n

Infos
[1] Bits & Bäume:
[https:// bits‑und‑baeume. org]
[2] Rebound Effect: [https:// de. wikipedia. org/
wiki/ Rebound‑Effekt_(%C3%96konomie)]
[3] Videos zur Konferenz:
[https:// media. ccc. de/ c/ bub2018]

Abbildung 1: Lorenz Hilty stellte in der Keynote Fragen zur Rolle von
Energie-Effizienz bei neuer Hardware.

© CCC, media.ccc.de, CC-BY

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