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Vorwort
Martin Sommer
Was soll denn am Stottern positiv sein?
Positives möchte man gerne behalten. Unser Stottern aber wollten wir doch
immer los werden, sei es durch Therapie, Selbsthilfe oder sonst wie.
Am Anfang steht häufig der Leidensdruck, man will Veränderung und sucht
nach Möglichkeiten, den Leidensdruck zu vermindern.
Wer dann zur Stotterer-Selbsthilfe kommt oder eine Stottertherapie beginnt,
stellt bei sich möglicherweise einen Wandel fest. Denn es geht gar nicht so sehr
darum das Stottern los zu werden, sondern darum, Wege zu finden mit dem
Stottern zu leben. In der Therapie lernt man sein Stottern genauer kennen und
durch Techniken den Kontrollverlust zu lindern. In der Stotterer-Selbsthilfe
erfährt man wie andere Stotternde mit ihrem Stottern umgehen und das Stot-
tern kein Hinderungsgrund sein muss etwas zu tun.
Die Akzeptanz des Stotterns wird immer selbstverständlicher, aber kann sie
auch soweit gehen, daraus positive Aspekte zu gewinnen?
Der Schriftsteller David Mitchell schlägt in seiner Rede auf dem 10. Weltkon-
gress der Stotterer-Selbsthilfe 2013 in den Niederlanden einen Bogen von ne-
gativen hin zu positiven Sichtweisen des Stotterns, wenn er sagt: Stottern ist
eine Herausforderung, eine Brücke, ein Geschenk.
Auch der verstorbene Theater-Regisseur, Schauspieler und Schriftsteller Einar
Schleef spricht in dem Buch Wenn ich fließend sprechen könnte aus dem Jahr 1999
vom „Geschenk des Stotterns“ und führt weiter aus: „Jedes Minus ist ein Plus,
man muss es nur verwandeln können, in sich die Antwort suchen [...]. Ich bin
bevorzugt.“