Weltweithungernüber 800 Millionen
Menschen– PandemieundKlimawandel
habendieZahlder Notleidendenstark
steigenlassen.Diestern-Recherche
ausMadagaskarzeigt: Hilfeistnur
sinnvoll,wennsienachhaltigist.ImDorf
KinakoniinKeniasuchenderstern
unddieWelthungerhilfegemeinsam
mitdenMenschenvorOrtnachlang-
fristigenLösungengegendenHunger,
dieauchaufandereLänderübertrag-
barsind. WennSiedabei helfen wollen:
einfachscannenundspenden.
Oder:Stiftungsterne.V.
IBANDE9 020070000046 9 9 50001
Stichwort„Kinakoni“ http://www.kinakoni.org
Nun,sostehtzubefürchten,wirdhierim
SüdenvonMadagaskargenaudaseinwei-
teresMalpassieren.Weileseinfacherist,
Spendenfürhungernde Kindereinzutrei-
benalsfürBrunnenbauoderlandwirt-
schaftlicheProjekte.Zumal, wennman
dieHilfsbedürftigenals OpferderKlima-
krisedarstellt, obwohlsievorallemOpfer
ihreseigenen,korruptenStaatessind.
IneinerHüttegleichnebendemFelddes
DorfchefsfütterteineMutterihreTochter
miteinerSuppeausWasserundKakteen.
DasMädchenliegt apathischamBoden,
unfähig,sich aufzurichten, unfähig zu
sprechen.Ihr Blickgeht insNirgendwo.
Gleichdaneben,untereinemTamarinden-
baum, liegt der Nachbarssohn neben
einemFetzenKartonaufderrotenErde.
Armeund Beinedes Vierjährigensind
dünn.DerJungescheintmitoffenenAu-
genzuschlafen.
EinpaarSchritteweiter,inderDorfmit-
te,stehteinZelt,dasNothelfervonÄrzte
ohneGrenzenaufgestellthaben.Allezwei
Wochendientesihnenals mobile Klinik.
DernächstestaatlicheGesundheitspos-
tenistachtKilometerentfernt.Anden
Kliniktagensitzenmitunter 700 mangel-
ernährteKindermitihrenMütternim
Staubundwartenstundenlangdarauf,
aufgerufenwerden.Manchesindzehn
StundenhierherzuFußunterwegs.Be-
dürftigeKinderwerdenmit„Plumpy-Nut“
versorgt,einerklebrigen,kalorienreichen
Paste mit Erdnussgeschmackundviel
Protein,diedieHelferinkleinenTüten
zumAussaugenverteilen.
DerWindhatdieleerenPlumpy-Nut-
TütchenauchaufdasFeldvonDorfchef
Tanandavaherübergeweht. Dorthabensie
sichindenKakteenverfangen.Früher
dientendie Stachelpflanzenals eine Art
Zaun,derdiegrasendenZebu-Rindervom
Ackerfernhielt.Als wegenderDürrekein
GrasfürdieRindermehr wuchs,begann
derDorfchef,seineverbliebenenTieremit
Kakteenzufüttern.Inzwischenist Kaktus
zumHauptnahrungsmittelinAmbato-
maintygeworden. Füralle:dieZebusund
dieMenschen.
A
ndiesemMorgenmacht sicheingutes
DutzendKinderüberdiePflanzenher.
Siebrechendiefrischen,hellgrünen
Triebe abundrubbeln miteinemHölzchen
dieStachelnab.DannessensiedieTriebe.
DerNährwertderPflanzeistgering, sie
sorgtfürVerstopfung.DochderHunger
lässtdenMenschenkeineandereWahl.
DerDorfchefsagt,erhabe schonimMärz
vergangenenJahresdielokalenBehörden
umHilfeangefleht. VoreinerWoche endlich
kamenAngestelltedesstaatlichenFonds
d’Intervention pour le Développement
(FID),dervonderWeltbankmit 36 Millio-
nenDollarausgestattetist.Sieverteilten
BargeldandieBedürftigen.Jede Familieim
Dorfbekam 100000 Ariary, rund 20 Euro.
DerDorfchefhatmiteinemTeildes
Gelds Maisgekauft.SeineFrauhatihm
undihrenvierKinderndavondenersten
BreiseitMonatengekocht.„Diemeisten
habendasGeldlängstaufgebraucht“,sagt
Tanandava.ErhatnochknappdieHälf-
teübrig.DamitdasGeldmöglichstlange
reicht,leistetsichdieFamilieweiternur
eine Mahlzeit am Tag. Eigentlich
sollendieHelfervomFIDalle 14TageGeld
verteilen.„Aberichweißjanicht,wann
siewiederkommen“,sagt Tanandava.Und
obüberhaupt.
DieMitarbeiterdesFIDsindmitderOr-
ganisationderHungerhilfeüberfordert.
UnddieVersuchung,sichandenvollen
Kassenselbstzubedienen,sointernatio-
naleHilfskräftevorOrt,scheintfürviele
zugroß.Immerhin:NachAmbatomainty
kamensie,bevorjemandverhungertwar.
Im 200 Kilometernördlichgelegenen
OrtManevygabesbereitsimAugustHun-
gertote.Gerade sindwieder 18 Menschen
verhungert.DerGouverneuristmitdem
Hubschraubereingeschwebt,hateineRede
gehalten,Besserungversprochen.Dochge-
besserthatsichnichts.
Manevysgibt esviele.„Esverschwindet
vielGeldaufdemWegvonderHauptstadt
indenSüden“, sagteinhoherUN-Beamter
vorOrt.AuchvondenReislieferungen,die
dasWelternährungsprogrammausden
USAeinführt,umdenHungerzulindern,
kommtnureinTeilbeidenNot leidenden
Menschenan.Mal, soheißtes,zweigen
korrupte Beamte direkt am Hafen tonnen-
weiseHilfsgüterab, maldieTransporteu-
re,maleigennützigeDorfchefs.
Stattzuhelfen,hatdieElitedesLandes
dieKriselängstals Geschäftentdeckt. Ge-
rade wurde inFort-Dauphin,derHaupt-
stadtdes Grand Sud, eineFabrik für
Plumpy-Nut-Paste eröffnet. Die wird
vonderStiftungderPräsidentengattin
sowieprivatenPartnernbetriebenund
beliefertnunHilfsorganisationeneifrig
mitNachschub.
„Wirwundernuns,dassbislangnicht
mehr Menschen gestorben sind“, sagt
DorothéeDeslandes, 38 ,dieMedizin-Koor-
dinatorinvonÄrzteohneGrenzen,dieauf
derKinderstationderKlinikimNachbardis-
trikt Ambovombe mitarbeitet.AndieWän-
de sindComicfigurengemalt,einlachen-
derTintenfisch, einprustenderElefantund
einClown.SchonimMärzhatihreOrgani-
sation ein gutes Dutzend Hütten mit
180 Betten für akut lebensbedrohliche
Hunger-Notfälle ausgestattet. Dochderzeit
Frauenstreiten
sichumWasser,
dasÄrzteohne
Grenzengerade
angelieferthat(o.).
Normalerweise
müssendieDorf-
bewohneresmit
Ochsenkarren
aus 13 Kilometer
Entfernungheran-
schaffen(r.)
72 17.2.2 022