Stern (2022-02-17)

(EriveltonMoraes) #1

ImSeptemberbekamichdieDiagnose.
AnfangNovember wurdeichoperiert.
MeinenKindernhabe ichgesagt,dassich
arbeitengehe.IchkamausdemKranken-
hauszurückwieimHalloween-Kostüm,
mitlauterDrainagenundFlaschenanmir
dran.Erstdannhabe ichihnenalleserklärt.
Mitte DezemberhabeichdieChemo-
therapieangefangen.
WashabenSieIhrenKinderngesagt?Sie
sindjaerstneunundelf Jahrealt.
DasböseK-Worthabeichvermiedenund
michzartrangetastet.Dassda einKnoten
war,derentferntwerdenmusste.Dassdie
Mamajetzttolle neueBrüstehat.Dassich
nochMedikamentenehmenmuss,aber
jetzt gesundwerde.Ich habe versucht,
starkzusein.Kinderorientierensichandir.
Alsoversucheich,wieeineGalionsfigur
durchdenChemonebelzusegeln.
GabesauchPhasen,indenenSieAngst
hatten?
Nein.Ichglaube,ichbinextremresilient,
da meinBrudergestorbenist,als ichsechs
war,undmeinVatersichdasLebengenom-
menhat,als ichelf war.Dasheißt,ichhabe
schonalskleinesKind, als jungerMensch
erfahren,wiemanmitSchicksalsschlägen,
HerausforderungenundechtenProble-
menumgehenmussundkann.Dasmacht
michoftsounerschütterlichundsouve-
ränundlässt michvielleichtmanchmal
aucheinbisschenzutoughwirken,wasich
garnichtbin.Ichbineinsehrwarmer
Mensch.AberÄngstebringennichts,sie
blockierennur.DieWelt gehörtdenMuti-
gen. Schon bei „Star Wars“ sagen die Jedis:


Angstistdas,waseinenaufdieböseSeite
derMachtbringt.
ParallelzuIhrerTherapieliefdieProduk-
tionzurzweitenStaffelvon„Showtime
of myLife“.KanntenSiedieSendung?
Ja,abersiewarnicht soinmeinemFokus.
Anfangs dachteich:Wasmeinendiedamit?
Dieziehensichaus,undwashatdasmit
Krebs zutun?Mirwarerstgarnichtbe-
wusst,dasssovieleLeuteSchamhaben,
sichnackigzumachen.Ichbineinaltes
Hippie-Kind,ichdenkekeineSekunde
nach, wennichbeimDoktordieHüllen
fallenlasse.
TrotzdemhabenSiesofortzugesagt.
Natürlich!In 25 Jahrenhabeichnochnie
beieinerProduktionmitgemacht,dieso
wichtigist.DasistFernsehen,daswirklich
etwasbewirkt!Nichtnurfürmich,sondern
auchfürdieMenschen,dieaufgrundder
erstenStaffelzumArztgegangensind.
DerenLebengerettetwurde.ZumBeispiel
einMannmitBrustkrebs,dererstdachte:
Ach,dasistnureineFettgeschwulst.
WasfüreineIroniedesSchicksals,dass
SiewährendderProduktionplötzlich
selbstbetroffenwaren.HatdasdieArbeit
fürSiedortverändert?
DieAtmosphäreamSetwarbesonders.Die
Hüllenfallen–nicht nurphysisch, auch
psychisch.EswarwieeineSelbsthilfegrup-
pe.AmerstenDrehtagstießichalsLetzte
dazu.Inmeinersehr ungefiltertenArtund
unerschrockenen Offenheit habe ich
gleichgesagt, wasSacheistbeimir.Daswar
EndeNovember.Allewaren geschockt.
Ab demMoment war die Luft raus. Aber im

positivenSinn:Alle Barrierenfielen,alles
waraufeinemganzanderenNiveau.Auch
dieGespräche.Dawurde sichnicht mehr
unterhaltenüberdasBusiness.Wirhaben
ganzoffenüberdieessenziellstenThemen,
Ängste und Schicksalsschläge geredet.
Daswarsehrbewegend. Wirbleibenauch
weiterinKontakt.
SiehabensogareineWhatsapp-Gruppe.
Ja,dasistwirklichsüß.DieKolleginnenaus
derShowwissen,wannichmeineChemos
habe.Dannfragensie:„Wiegeht’sdir?Alles
gut?“EsisteinschönerSupport,undwir
gebenunstausendTipps.WelchenNagel-
lackmanzumBeispielbenutzenkann,
damitdieNägelnichtabgehen.Oderdass
manAloe-Vera-Ursafttrinkensoll,damit
mankeineAphtheimMundkriegt.Das
sindsoviele Kleinigkeiten. Vondenensind
allebetroffen.
Gibt IhnendasKraft?
Ja,da istsovielpureMenschlichkeit.Und
so eineschöneSeelsorge.Ichhoffe,dassich
dasbeibehaltenkann.GanzvieleDinge
juckenmichheutesowasvongarnicht
mehr. Ichkonnteschonimmerzwischen
gemachtenundechtenProblemenunter-
scheiden. Aber diese Herausforderung
jetzthatmirnochmalvielbeigebracht.
HatdieDiagnoseIhrenBlickaufdieWelt
verändert?
Nicht wirklich. Ichhatteimmerschoneine
gesundeSichtaufsLeben.Abermiristklar
geworden,dassesendlichist.Ichüberlege,
wieichweitermachenwill. Ichsagemir:
„Träumnichtlänger.Überlegdir,wasdu
nochmachenwillstmitderrestlichenZeit,
diedirgegebenist.“Ichfindeeswichtig,
sichZeitzunehmenfürkleineSachenund
dieauchzugenießen.ImMomentseinund
nicht nurjammern.Ichkanndiesesganze
GenölenichtmehrhörenvonLeuten,die
allesnegativreden.EsgibtsovieleDinge,
die auch an einem trübenFebruartag
schönseinkönnen.
ImAlltagvergisstmandasoft.
Ichvergessedasauchmanchmal. Aberdas
istdasGesundeamKrebs:Wennduesrich-
tiganstellst,rückt erdirdenKopfzurecht.
Ichmache mirdasLebenjetztnochmehr
rosarot.DenFokusaufnegativeDinge zu
legenbringteinennurrunter.
GabestrotzdemMomente,indenenSie
malaneinemTiefpunktwaren?
(lacht)Esgabmaleinevölligbanale Situa-
tion:EswarderersteSchub,beidemich
Haareverlorenhabe.Ichwolltenichtdie-
seganzeMähneinmeinerBürstesehen.
Alsohabe ichmir 24 Stundenlangnicht
dieHaaregekämmt.Undda ichvieledünne
undlockigeHaarehabe,hatteichdann
einenKnoteninderGrößeeinesMango-
kerns hinten amKopf, direkt an der 4




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