Der Stern (2022-02-24)

(EriveltonMoraes) #1
Mittenwalde

Friedenfelde

Gerswalde

Neudorf

Biosphärenreservat
Schorfheide-Chorin

Liesje Trecking

Stiernsee

Angermünde
25 km 

Templin
^10 km

2 km

Erleben
Liesje Trecking: Vier
bis sieben Tage dauern
die Planwagen-Touren
von Stellplatz zu Stell-
platz, die Nadin Halser
anbietet. Vorkenntnis-
se sind nicht erforder-
lich. Los geht es nach
einer ausführlichen Ein-
weisung. Auf Halsers
Hof kann man in Holz-
hütten, Bau- und
Wohnwagen übernach-
ten. Ort Friedenfelde,
http://www.liesje-trecking.de

Blumberger Mühle:
Das Besucherzentrum
des Nabu informiert
über die Naturschutz-
gebiete in der Um-
gebung. Angermünde,
Blumberger Mühle 2,
http://www.blumberger-
muehle.nabu.de

Übernachten
Gasthof zur Eisen-
bahn: schnuckelige,
Pension in einem ehe-
maligen Stall. DZ ab
50 Euro, Temmen-
Ringenwalde, Dorf-
straße 6, Tel. 039881/
279, http://www.gasthof-
zur-eisenbahn.com

Seehotel Huberhof:
In den schlicht-schö-
nen Zimmern am
Oberuckersee fühlt
man sich einfach wohl.
Großer Garten. DZ/F
ab 89 Euro, Oberucker-
see, Dorfstraße 49,

Tipps


Nützliche Adressen zur
Planwagentour in der Uckermark

Tel. 39863/6020,
http://www.seehotel-huber
hof.de

Schloss Wartin: Ob
Herren-, Gästehaus
oder Speicher – die
Unterkunft mit angel-
sächsischem Flair ist
vor allem für Familien
und Gruppen geeignet.
FW ab 160 Euro,
Casekow, Schlosshof
10, Tel. 033331/780,
http://www.wartin.com

Essen und trinken
Zum grünen Baum:
Unkonventionell
wie die Einrichtung
sind auch die Gerichte.
Temmen-Ringen-
walde, Dorfstraße 57,
Tel. 039881/44016,
http://www.landgasthofzum
gruenenbaum.de

Am Kap: Das Angebot
reicht von geschmor-
ten Ochsenbacken
bis Welsfilet in Butter
gebraten. Prenzlau,
Uckerpromenade 84,
Tel. 03984/718 03 05,
kap-prenzlau.com

Kleine Schäferei Bie-
senbrow: gute regio-
nale, saisonale Küche,
nur mit Reservierung.
Auch übernachten
kann man hier. Anger-
münde, Springende 5,
Tel. 033334/70744,
http://www.kleine-schaeferei-
biesenbrow.de

hält tatsächlich still. Dabei könnte er sich
jederzeit losreißen. Um den Planwagen
bauen wir einen Zaun, der die Pferde vom
Hafer unter der Kutsche fernhalten soll.
Während Ernst auf der Koppel grast, gehe
ich zum See, um Wasser für ihn zu holen.
Später sitzen wir mit Familie Matu-
szewski am Lagerfeuer. Vier Tage soll ihre
Planwagentour dauern. Vater Tommy, 40,
ist Straßenbahnfahrer in Erfurt, Mutter
Bea, 43, arbeitet in der Apotheke. Warum
sie diese Tour machen? „Ich liebe Pferde,
Tommy mag Camping und Outdoor“, er-
zählt Bea. „Er hat Schichtdienst, während
Corona haben wir uns die Klinke in die
Hand gegeben. Hier sind wir alle zusam-
men.“ Ihr Sohn Linus, 12, ergänzt: „Ich freue
mich darauf, viel Zeit mit Papa zu verbrin-
gen. Und jeden Tag das Pferd zu streicheln.“
Die Matuszewskis sind gut ausgestattet,
mit Radio, Gasgrill, Heizstrahler, warmen
Schlafsäcken. „Trotzdem ist es der abenteu-
erlichste Urlaub, den ich je gemacht habe“,
sagt Tommy. Unterwegs ist er oft neben Bus-
ter, ihrem Pferd, hergelaufen. Hat mit ihm
gesprochen, „um eine Beziehung aufzu-
bauen“. Bea sagt: „Man muss viel Vertrau-
en mitbringen. Wenn man Angst hat,
macht das Pferd, was es will.“ Darum geht
es also auch: um Vertrauen zwischen
Mensch und Tier, Tier und Mensch.

Gehorsam oder Stalldrang?


In der Nacht friert es. Gegen die Kälte im
Planwagen schützen wir uns mit langer
Unterwäsche und Decken, die wir übers
Gesicht ziehen. Als wir am nächsten
Morgen die Tür öffnen, warten Ernst und
Buster schon am Zaun auf ihren Hafer. Wir
füllen die Eimer, frühstücken, dann packen
wir unsere Sachen. Die Matuszewskis
rollen zuerst von der Weide. Während sie
weiter durch die Uckermark fahren, geht
es für uns zurück zum Pferdehof.
Kurz darauf machen wir uns auf den
Weg. Gut gelaunt trabt Ernst auf klei-
nen Straßen und Feldwegen in Richtung
Heimat. Heute finde ich besser in meine
Rolle als Kutscher. Kann mich endlich
entspannen und den Blick schweifen las-
sen. Wir sehen Rehe und Kaninchen auf
den Feldern, herrschaftliche Häuser in
Neudorf, einem ehemaligen Rittersitz.
An einem Carport am Straßenrand hängt
eine Regenbogenfahne, als Zeichen für
Toleranz. Auch das kann die Uckermark.
Die letzten Hügel nimmt Ernst, ohne
stehen zu bleiben. Im Gegenteil, er wird
sogar immer schneller. Ich fürchte, das
ist nicht mein Verdienst. Wahrschein-
lich freut sich Ernst nur auf die anderen
Pferde auf seiner Koppel. 2

Heute hat Halser zwölf Planwagen und
20 Kaltblüter, ehemalige Arbeitstiere, die
früher Fuhrwerke zogen oder Holzstämme
aus dem Wald. „Wenn ein Pferd mindestens
zehn Jahre alt ist, aufgeschlossen und nicht
schreckhaft, hat es Potenzial, einen Plan-
wagen zu ziehen“, sagt die zweifache Mut-
ter. Die Touren dauern vier bis sieben Tage,
auf Wunsch auch mal zwei Wochen. Abends
kommt sie oft vorbei, bringt Futter und
schaut nach dem Rechten.
Im Oktober endet die Saison. Im Winter
stehen die Pferde bei Halser zu Hause, auf
einem Hof in Frauenhagen. Dann hat sie
Zeit, die Wagen zu reparieren, mit den Kalt-
blütern zu trainieren und kleine Fehler zu
korrigieren, „das ist ganz viel Vertrauens-
arbeit“, sagt sie. Anfangs geht sie mit ihnen
spazieren. Später lässt sie die Pferde Auto-
reifen, Pflüge, Kutschen ziehen, schließlich
Planwagen. Wenn dann Ostern die Saison
wieder beginnt, arbeitet sie jeden Tag von
früh bis spät. Stroh, Heu und Hafer für die
Tiere ernten sie und ihr Partner selbst.
„Die Pferde sind meine Familie“, sagt
Halser. „Das Wichtigste ist, dass es ihnen
gut geht.“ Ihren Gästen vertraut sie, auch
wenn sie keine Vorkenntnisse haben. „Die
meisten geben sich viel Mühe. Gerade
Laien gehen genau nach Anleitung vor,
weil sie alles richtig machen wollen.“ Ein
Ordner mit den wichtigsten Regeln liegt
im Wagen bereit. Wenn jemand das Pferd
jedoch schlecht behandelt, bricht Halser
die Tour ab. Aber das passiert selten.
Am Nachmittag erreichen wir unseren
Stellplatz nahe dem Stiernsee. Ich steure
unseren Planwagen auf eine Weide und
ziehe an den Zügeln. Ernst bleibt stehen.
Jetzt noch Handbremse festkurbeln, Ernst
abspannen und abschirren. Es ist ein klei-
nes Wunder: Vor Christian und mir steht
dieser Koloss aus Kraft und Muskeln – und

Abends am Stiernsee grillt Gunnar Herbst
Fleisch über der Glut des Lagerfeuers


104 24.2.2022


REISE

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