Der Stern (2022-02-24)

182 648

gemeldete Berufserkrankungen

durch Covid-19 (31. Dezember 2021)

anerkannt

160 373

118 851

sind von den Berufsgenossen-

schaften entschieden

davon sind:

QUELLE: DEUTSCHE GESETZLICHE UNFALLVERSICHERUNG

zündungen.“ Er habe im zeitlichen

Zusammenhang mit der Impfung

außerdem auch Lähmungen und

milde Hirnnerven-Symptome ge-

sehen. Meist indes gingen die Be-

schwerden vorüber, betont er. „In

Form von Fallberichten gibt es dazu

einige Publikationen. Die haben

jedoch ein hohes Bias-Risiko.“ Bias

bedeutet Verzerrung – sprich: Fall-

berichte sind kein Ersatz für Zahlen.

Während meiner Recherchen

veröffentlichte die EMA Anfang

Oktober ein „Safety Update“, wonach

global 21793 Fälle von Gefühls-

störungen nach Biontech-Impfung

erfasst wurden. Die Behörde emp-

fiehlt, „Hypoästhesien und Parästhe-

sien“ in die Fachinformation aufzu-

nehmen. Treffer. Endlich lese ich es

schwarz auf weiß. Wieder hat sich das

weltweite Alarmsystem bewährt.

Doch es brauchte noch mal etwa drei

Monate, bis der Hinweis im Beipack-

zettel erschien. Was irritiert: In den

Statistiken und Studien fehlen ge-

nauere Angaben zu den Symptomen

und ihrem zeitlichen Verlauf – ein

Kribbeln im Impfarm kurz nach der

Impfung ist schließlich etwas ande-

res als Taubheitsgefühle über Mona-

te. Zu guter Letzt finde ich es seltsam,

dass ich so viele Fälle kenne, wenn

doch international nur knapp 22 000

gemeldet wurden.

Wolf-Dieter Ludwig von der

Arzneimittelkommission der deut-

schen Ärzteschaft sagt dazu: „Wir

vermuten, dass aufgrund der zahl-

reichen Meldungen nach diesen

Impfungen das Hauptaugenmerk

derzeit auf den schweren Nebenwir-

kungen liegt und solche Symptome

wohl nicht die notwendige Aufwohl nicht die notwendige Aufwohl nicht die notwendige Auf--

merksamkeit bekommen.“ Neurolo-

gen, die derartige Nebenwirkungen

häufiger beobachten, sollten dies

unbedingt direkt dem PEI mitteilen

und in ihren Fachzeitschriften

publizieren, fordert der Professor.

5

KANN DIE IMPFUNG

AUTOIMMUN-

KRANKHEITEN AUSLÖSEN?

Was können Taubheitsgefühle

bedeuten? Stimulieren die Covid-

Impfungen das Immunsystem

manchmal vielleicht gar so stark,

dass bedrohliche Autoimmun-

krankheiten ausgelöst werden?

Es gibt in der Fachliteratur Fallbe-

richte, in denen das diskutiert wird.

Autoimmunkrankheiten verlaufen

oft schubweise, und solche Schübe

wurden auch nach Covid-Impfun-

gen beobachtet – bei Menschen mit

Multipler Sklerose, Rheuma oder

Nierenerkrankungen zum Beispiel.

Vereinzelt findet man auch VeröfVereinzelt findet man auch VeröfVereinzelt findet man auch Veröf--

fentlichungen, wonach solche Krank-

heiten nach der Impfung erstmals

auftraten. Doch Anekdoten ersetzen

auch hier keine Daten. Die gibt es

mittlerweile, und sie sind ziemlich

eindeutig. Kein Signal.

Beispiel Rheuma: Die Europäi-

sche Allianz der rheumatologischen

Fachgesellschaften verfolgte mehr

als 5000 von einschlägigen Erkran-

kungen betroffene Patientinnen

und Patienten. Sie vertrugen die

Impfung gleich gut wie die Allge-

meinbevölkerung und hatten nicht

häufiger Schübe als ohne Impfung

erwartbar. „Rheumapatienten wer-

den durch die Impfung nicht ge-

fährdet“, resümiert Christof Specker,

Leiter der „Ad hoc Kommission

COVID-19 Register“ der Deutschen

Gesellschaft für Rheumatologie.

Auch die für die Krankheit typi-

schen Autoantikörper im Blut

stiegen nicht an, zeigte eine Unter-

suchung an 228 Patientinnen und

Patienten mit der Autoimmun-

erkrankung Systemischer Lupus

Erythematodes (SLE), die über sechs

Monate nach der Impfung beobach-

tet wurden. „Die Krankheitsaktivi-

tät bei den untersuchten Patienten

ging sogar leicht zurück“, so Specker.

Natürlich gebe es Fälle, die Inter-

pretationsspielraum lassen. Specker

erinnert sich an einen Patienten,

der kurz nach der Impfung einen

Morbus Wegener, eine ebenfalls

seltene Autoimmunerkrankung,

entwickelte. „Er und sein HNO-Arzt

waren überzeugt, das kommt von

der Impfung“, sagt Specker. Jedoch

gebe es eine zwei Jahre alte Compu-

tertomografie, die schon typische

Veränderungen aufweise. „Der Pa-

tient hatte die Krankheit also schon

vor der Pandemie, nur wurde damals

keine Diagnose gestellt.“

Beispiel Multiple Sklerose: In

Israel, wo fast nur Biontech verimpft

wurde, erlitten von 555 betroffenen

Patienten 2,1 Prozent nach der ersten

Dosis und 1,6 Prozent nach der zwei-

Risiko Arbeitsplatz

Die Wirtschaft meldete

Hunderttausende Ausfälle –

und viele haben sich im Job

angesteckt, wie die

Zahlen der Berufsgenossen-

schaften zeigen

52 24.2.2022