Der Stern (2022-02-24)

(EriveltonMoraes) #1
Noch größere, schnellere Börsen-
gewinne verspricht ein Algorithmus,
der die Ängste der Anleger in seine
Berechnungen einbezieht: „The Fear
Index“. Funktioniert gut. Erschreckend
gut, denn Vixal-4 lernt schnell und
hebt den internationalen Aktienmarkt
ebenso aus den Angeln wie das Leben
seines Erfinders Alex Hoffman (Josh
Hartnett). Die Romanvorlage dieses
temporeichen Vierteilers entstand vor
über zehn Jahren, doch Robert Harris’
Bestseller „Angst“ ist heute aktueller
denn je. (Sky) 22222

Ob es angemessen ist, einen sentimen-
talen, nostalgisch-verklärten Film zu
drehen über einen Bürgerkrieg, der
bis heute schwelt, lässt sich diskutieren.
Doch in „Belfast“ genügen einige
wenige Szenen mit Judi Dench und
Ciarán Hinds als Großeltern eines Neun-
jährigen, dessen Kindheit durch die
Ausschreitungen zwischen Protestanten
und Katholiken getrübt wird, um diese
Jugenderinnerungen von Regisseur
Kenneth Branagh ins Herz zu schließen.
(im Kino) 22222

FILM


SERIE


Die Stars sind hier die Setdesigner
und Computertechniker: Visuell ist die
bonbonfarbene Dystopie von „Amélie“-
Regisseur Jean-Pierre Jeunet ein Fest.
Die Story aber, angesiedelt 2045, um
eine Gruppe überdrehter Vorstädter,
die von ihren Haushaltsrobotern
eingesperrt werden, weil draußen
aggressive Androiden die Macht
übernehmen, rumpelt ziemlich zäh
vor sich hin. „Bigbug“ wirkt wie die
prätentiöse Real-Version eines
Pixar-Films. (Netflix) 22222

FOTOS: SKY UK LIMITED; ROB YOUNGSON/FOCUS FEATURES; BRUNO CALVO


lung bei Los Angeles bis in die Weltspitze
des Frauen-Tennis führt.
Green hat eine Sportgeschichte zu einer
anrührenden Familiengeschichte umge-
arbeitet; man muss sich nicht für Tennis
interessieren, um gepackt zu werden von
diesem Film. Das liegt vor allem an der
Schauspielkunst von Will Smith, der die
Figur des Richard Williams schillern lässt.
Einerseits ist Williams ein Klassenkämp-
fer, er will mit aller Macht, dass seine bei-
den Töchter als erste Schwarze den weißen
Tennissport dominieren. Und andererseits
ist dieser König Richard auch ein Träumer,
ein Spinner, ein Clown, der seine Kinder
zum Kreischen bringt, wenn er sie im
klapprigen VW-Bus zur Schule fährt.
„King Richard“ könnte bei den dies-
jährigen Oscars groß abräumen, er wurde
sechsmal nominiert. Einer der besten
Sportfilme ist er schon jetzt.
Christian Ewers

D


as Jahr 1976 war kein gutes für den
Sportfilm, denn da kam „Rocky“
in die Kinos. Gegen den Film
selbst ist wenig zu sagen, wohl
aber gegen dessen Wirkung. Er
wurde stilprägend für ein ganzes
Genre, auch heute noch, mehr als 40 Jahre
später, wird jeder zweite Sportfilm mit
Elementen aus der „Rocky“-Werkzeugkis-
te zusammengeschraubt.
Die Geschichte von begabten Sportlern,
die in eine Krise geraten, die straucheln
und sich dann nach ganz oben zurück-
kämpfen, obwohl niemand mehr an sie
glaubt – das wird mit nervtötender Pene-
tranz immer wieder neu erzählt.
Auch die Biografie von Richard Williams,
Vater der beiden Tennisspielerinnen Venus
und Serena, ließe sich mühelos mit einer
solchen Dramaturgie erzählen. Doch in
diese „Rocky“-Falle tappt der Regisseur
Reinaldo Marcus Green zum Glück nicht.
„King Richard“ ist ein wunderbar leichter
Film über einen Wachmann (Will Smith),
der seine Töchter aus einer Arbeitersied-

„King Richard“ ist mehr als ein herausragender Sportfilm –
weil er mit den Gesetzen des Genres bricht

Spiel, Satz und Sieg


Familienbande: Vater Richard
(Will Smith) treibt seine Töchter
Serena (l. Demi Singleton) und
Venus (Saniyya Sidney) zu
Höchstleistungen

„King Richard“
(im Kino) 22222

24.2.2022 97


FILM

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