Der Stern (2022-02-24)

(EriveltonMoraes) #1
Wenn man sich in
diesen nasskalten
Tagen des Rest­
winters irgendwo
hinträumen könnte:
Burning Man wäre
schon mal eine feine Sache. Das
überbelichtete Festival mitten in der
Wüste von Nevada soll nach zwei
Jahren Corona­Pause Ende August
tatsächlich wieder stattfinden, die
Musik von Fort Romeau wäre auf je­
den Fall die perfekte Reisebegleitung.
Techno und House, die mit weichem
Ambient zusammenströmen, bis man
sich erleuchtet fühlt und aufgewärmt
für die nächste Tanzparty. Dahinter
steckt der britische Produzent und DJ
Michael Greene, sein Werk heißt
„Beings of Light“. 22222

ELEKTRO


Der coolste Wuschel­
Bart des Jazz ist
weg: Der Trompeter
Avishai Cohen
trägt jetzt nur noch
Schnäuzer. Er sieht
damit aus wie ein Musiker aus einem
Film der Coen­Brüder. Es wäre ein
Schwarz­Weiß­Film, denn auch die
Stücke auf seinem neuen Album
„Naked Truth“ sind feinste Schwarz­
Weiß­Musik: Jeder Kontrast ist fein­
stens herausgearbeitet. Die neun­
teilige Suite wirkt durchkomponiert,
was man daran merkt, wenn etwa
der Trompetenton am Ende einer
Solopassage zusammenfällt mit den
Harmonien von Bass und Klavier.
Die Gesamtstimmung: Sonnenaufgang,
der Granitwände in den Bergen mit
warmem Licht überzieht. 22222

JAZZ


Es hat etwas
Anrührendes, wenn
sie bei einem ihrer
aktuellen Videos
plötzlich wieder im
Raum stehen,
in Ehren ergraut, und zweistimmig
schmettern wie eh und je. Tears For
Fears sind zurück. Mehr als 17 Jahre
nach ihrem letzten Lebenszeichen
wollen Roland Orzabal und Curt Smith
noch einmal in der ganz großen Bom­
bast­Poptrommel rühren und gleich­
zeitig politische und persönliche Krisen
verarbeiten wie Krankheit und Tod
der Ehefrau. Und so beginnt „The Tip­
ping Point“ mit Country­Rock, nimmt
Schwung auf und wird dann larmo­
yanter und eher wie ein mittelmäßiges
Robbie­Williams­Album. Zeit, mal

wieder „Shout“ zu hören. (^22222)
POP
FOTO: NELSON HUANG/SURESHOT
Staat Tennessee geboren, ihre deutsche
Mutter zog danach jedoch als Nomadin um
die Welt. Von München und Berlin über
Nepal bis nach Indien, immer auf der
Suche nach Sinn und spiritueller Erwe-
ckung. Reguläre Jobs und Karriereleitern:
bloß nicht. Und sie sei sehr starrköpfig ge-
wesen, was ihren alternativen Lebensstil
angeht, sagt Mark. „Das habe ich wohl von
ihr übernommen.“
Um kosmische Antworten auf die Fragen
des Daseins und um Erleuchtung geht es
auch auf „Three Dimensions Deep“. Es gilt
als ihr Debüt, verführerische Musik zwi-
schen R’n’B und Soul, Latin und Dancehall
schreibt und singt sie jedoch schon seit
sechs Jahren. Sade hat sich ebenfalls bereits
als Fan geoutet. Auch so eine Stimme, für
die man dringend ein paar neue Adjektive
erfinden müsste. Matthias Schmidt
W
ie beschreibt man eine phäno-
menale Stimme? Mit Adjek-
tiven wie weich, warm oder
sanft geräuchert? Mit Bildern
wie „Wie in Seidenpapier ein-
gewickelt“ oder „Wie ein Hus-
ky, der zu viel am Honigtopf geleckt hat“?
Ach, sagt Amber Mark, als sie mit den
neuen Aufnahmen begonnen habe vor
gut drei Jahren, habe sie sich zuerst selbst
massiv infrage gestellt: als Komponistin,
als Produzentin und auch als Sängerin. „Ich
kann alle diese Dinge“, sagt sie, „aber nichts
davon wirklich gut.“
So viel Demut und Eigenkritik sind
schön und löblich, doch wer nur ein paar
Minuten zuhört, was der 28-Jährigen nun
für ihr Album eingefallen ist, kann bloß
noch staunen über ihr Talent. Und sich
wundern, warum Songs wie „Bliss“ oder
„Foreign Things“ nicht schon längst als
Welthits für Furore gesorgt haben.
Der Grund für ihre Bescheidenheit und
den verzögerten Ruhm könnte in ihrer Vita
stecken. Mark ist auf einer Farm im US-
Psst: Amber
Mark ist auf
dem Weg nach
ganz oben
Die Sängerin Amber Mark hat das Zeug zum Weltstar.
Was auch an ihrer deutschen Mutter liegt
Spirituell und stur
Amber Mark: „Three Dimensions
Deep“ R’n’B mit großer Stimme und
viel Zukunft 22222
KULTUR
98 24.2.2022
MUSIK
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