114 DER SPIEGELNr. 9 / 26.2.2022
KULTUR
großen Staatsmann halten, die die angeblich
geplante »Umvolkung« fürchten oder den
Klimawandel leugnen. Sich selbst spricht Fitz
mit dem Satz »Ich bin nicht rechts, ich bin
nicht links, ich bin sauer« von der Verantwor-
tung für die Wirkung ihres Werks frei. Über
eine Million Klicks hatte das Video »Ich sehe
was« auf YouTube, und Fitz verweist in ihrer
E-Mail-Signatur auf ihren »Kultsong«.
Begleitet wird Fitz’ Schaffen von der Er-
zählung, dass man das, was sie sage, ja nicht
mehr sagen dürfe. Mit dem Titel »Flüster-
witz« zog sie in ihrem Bühnenprogramm 2018
schon die Parallele zu totalitären Staaten, bei
ihren Followern ist die Behauptung, man wol-
le sie mundtot machen, Standard. Stattdessen
aber hat Fitz 2019 den Bayerischen Verdienst-
orden von Markus Söder überreicht bekom-
men. »Der Prophet gilt doch was im eigenen
Land«, postete Fitz damals.
Zu ihrem 70. Geburtstag im vergangenen
Jahr brachte der Bayerische Rundfunk eine
Sondersendung. Parallel beklagte Fitz im
Internet, der Umgang mit kritischen Men-
schen erinnere sie »schon sehr stark an die
DDR«.
Corona verstärkte da nur ihren allgemei-
nen Verdacht. In einem SWR-»Spätschicht«-
Beitrag vom Dezember 2020 beschreibt sie
eine vielfach in den Medien besprochene
Konferenz. Im Oktober 2019 – also kurz vor
Ausbruch der Pandemie – hatten die Bill &
Melinda Gates Stiftung, das Weltwirtschafts-
forum und das Johns Hopkins Center for
Health Security zu Übungszwecken ein Pan-
demieszenario simuliert. Lisa Fitz kom-
mentiert: »Ich weiß jetzt auch, warum Bill
Gates so reich ist: weil er Hellseher ist.« Da-
mit holt sie all jene ab, die von der »Plande-
mie« sprechen, die glauben, Bill Gates wol-
le mit der von ihm selbst am Reißbrett er-
schaffenen Pandemie die Weltherrschaft
übernehmen.
Bereits vor Beginn der Pandemie waren
Verschwörungstheorien ihr Kernthema. »Ich
bin keine Verschwörungstheoretikerin«, sagt
sie. Mit diesem »Kampfbegriff« mache man
»kritische Leute sofort mundtot«. Auf Face-
book hört sich das freilich anders an. »Das
meiste stellt sich später als richtig heraus«,
schreibt sie schon 2019.
In der Kabarettszene ist die Abdrift der
Lisa Fitz derzeit großes Thema. Viele haben
Respekt vor der Lebensleistung dieser Frau,
zugleich herrscht großes Kopfschütteln über
ihre Radikalisierung. »Selbstüberschätzung«
hört man da, »irgendwann falsch abgebogen«
oder: »Sie will Klicks, egal von wem«.
Der Widerspruch, dass Lisa Fitz all die
umstrittenen Beiträge über Jahre im öffent-
lich-rechtlichen SWR bringen durfte, obwohl
man sie ja angeblich mundtot machen wollte,
hat Fitz’ Internetgemeinde zwar nicht ge-
stört. Aber jetzt ist das Weltbild komplett:
Mit ihrem Weggang vom SWR hat die Pro-
phetin die finstere Ahnung ihres Publikums
selbst erfüllt.
Tina Angerer n
SPIEGEL TV Programm
SPIEGEL TV
MONTAG, 28. 2., 22.35 – 0.00 Uhr, RTL
Pandemie der Wut – Hat Corona
die Gesellschaft gespalten?
Impfgegner, Verschwörungstheoretiker
und Demokratiefeinde auf der einen,
überarbeitete Pflegekräfte, bedrohte
Existenzen und traumatisierte Hinter-
bliebene auf der anderen Seite. Gut
zwei Jahre nach dem ersten Infek-
tionsfall in Bayern zeigt SPIEGEL TV in
einer großen Sondersendung, wie das
Virus unser Land verändert hat. Wie
der Zorn auf die Politik und ihr Pande-
miemanagement Tausende auf die
Straße trieb und Deutschland in eine
Republik der Wütenden verwandelte.
Ein außergewöhnlicher Film über
die, die unter Corona leiden, und die,
die Corona leugnen.
RTLZWEI
DONNERSTAG, 3. 3., 20.15 – 22.15 Uhr, RTLZWEI
Hartes Deutschland – Leben
im Brennpunkt
Staffel 4 – Folge 1
Den Auftakt der neuen Staffel »Hartes
Deutschland – Leben im Brennpunkt«
macht Frankfurt am Main. Seit 2018
begleitet SPIEGEL TV suchtkranke und
obdachlose Menschen im Bahnhofs-
viertel der Mainmetropole und doku-
mentiert, wie sie jeden Tag um die
eigene Würde, einen Platz zum Schlafen
und mit den gesundheitlichen Folgen
ihrer Ab hängigkeit kämpfen.
nur dank seiner überaus luxuriösen Aus-
stattung, sondern allein schon wegen der
Strecke, die der »Zug der Züge« zurück-
legt. Denn von Paris nach Konstantinopel
(Istanbul) mit einem einzigen Verkehrs-
mittel zu reisen, war gegen Ende des
- Jahrhunderts eigentlich undenkbar.
Doch der Belgier Georges Nagelmackers
hielt hartnäckig an seinem ehrgeizigen
Plan fest, Europas Metropolen mit Nacht-
zügen zu verbinden. Mehrmals drohte
das ambitionierte Projekt zu scheitern.
SPIEGEL Geschichte
MONTAG, 28. 2., 19.10 – 20.10 Uhr, SKY
Der Orientexpress – Ein Zug
schreibt Geschichte
Der Orientexpress ist seit der Premieren-
fahrt im Jahr 1883 eine Sensation. Nicht
Protestierende gegen Coronamaßnahmen
SPIEGEL TV
Filmszene mit Orientexpress
© 2020 Curiosity Stream Inc.
Frankfurter Bahnhofsviertel
SPIEGEL TV
2022-09SPAllKultur592872209_LisaFitz-112114 1142022-09SPAllKultur592872209_LisaFitz-112114 114 24.02.2022 20:03:4924.02.2022 20:03:49