SdW0517

(coco) #1

FORSCHUNG AKTUELL


NANOOPTIK


LICHTMIKROSKOPIE AUF


MOLEKULARER EBENE


Biophysiker haben zwei verwandte Techniken der
hochauflösenden Fluoreszenzmikroskopie mit­
einander kombiniert. Damit können sie selbst ein­
zelne Farbstoffteilchen erkennen und bringen
die Methode so an eine neue fundamentale Grenze.


Bis vor etwa zwei Jahrzehnten waren sich die meisten
Experten einig: Die Wellennatur des Lichts beschränkt
die mögliche Auflösung optischer Mikroskope. Struk-
turen kleiner als die halbe Wellenlänge des sichtbaren
Lichts – das ergibt rund 200 Nanometer – lassen sich nicht
als getrennt voneinander wahrnehmen. Der Physiker Ernst
Abbe hatte diese Gesetzmäßigkeit 1873 formuliert. Kon-
ventionelle Lichtmikroskope können daher zwar Zellen und
deren Organellen darstellen, doch deutlich kleinere Details
wie beispielsweise einzelne Proteine oder molekulare
Prozesse bleiben ihnen verborgen. In jene Bereiche drin-
gen nur alternative Techniken wie die Elektronenmikrosko-
pie vor, mit denen aber lebende Zellen kaum mehr beob-
achtbar sind. Die Einschränkung war für Biologen ein
großes Problem.
Um die Jahrtausendwende entwickelte Stefan Hell mit
seinen Kollegen vom Max-Planck-Institut für biophysi-
kalische Chemie in Göttingen einen raffinierten Trick. Ihre
damals unter dem Akronym STED (stimulated emission
depletion) vorgestellte Methode überwand die Abbe-
Grenze fundamental. Mit ihr ist es heute möglich, zehnmal
kleinere Strukturen in der Größenordnung von 20 Nano-
metern darzustellen – sogar in lebenden Organismen.
STED und ähnliche Verfahren werden unter dem Sammel-
begriff der superauflösenden Fluoreszenzmikroskopie
zusammengefasst. 2014 erhielt Hell gemeinsam mit zwei
weiteren Forschern den Nobelpreis für Chemie für die
Einleitung einer neuen Ära der Lichtmikroskopie.
Ein Team um Hell stellte nun die Technik MINFLUX
(minimal emission fluxes) vor, welche die Auflösung er-
neut etwa um das Zehnfache steigert. Sie ermöglicht
Werte von einem Nanometer, das entspricht der Größe der
einzelnen Farbstoffmoleküle.
Diese »Fluorophore« markieren bestimmte Bereiche
der Probe, und eingestrahltes Licht regt die Moleküle zum
Leuchten an. Doch wie bei allen herkömmlichen Licht-
mikroskopen gilt auch hier zunächst die von Abbe formu-
lierte Grenze. Kommen sich zwei fluoreszierende Moleküle
näher als auf 200 Nanometer, verschwimmen die beiden
Signale für den Betrachter zu einem.
Die entscheidende Strategie besteht darin, derart eng
beieinanderliegende Fluorophore nicht gleichzeitig leuch-
ten zu lassen, sondern nacheinander. Dann liegt die ei-
gentliche Quelle des Signals im Mittelpunkt des leuchten-
den Flecks – egal, wie groß er erscheint. Aus der Gesamt-

heit sehr vieler Einzelaufnahmen berechnet ein Computer
schließlich eine Abbildung.
Die von Hell erfundene STED-Technik bringt mittels
kombinierter Laserstrahlen ausschließlich die Farbstoffmo-
leküle in einem genau definierten Bereich zum Leuchten:
Ein Strahl schaltet sie an; ein zweiter, der den ersten ring-
förmig überlagert, schaltet sie aus. So bleibt nur ein winzi-
ger Bereich im Zentrum dieses »Donuts« übrig, in dem die
Moleküle Licht aussenden können. Der Nutzer steuert
präzise die Position der Strahlen von außen und weiß daher
im Voraus, wo sich die aufleuchtenden Moleküle befinden.
Allerdings lässt sich der mittlere Bereich des Laserstrahls in
der Praxis meist nicht genau genug kontrollieren, um wirk-
lich nur ein einzelnes Farbstoffmolekül anregen zu können.

Das Beste aus den Stärken zweier Methoden
Die beiden anderen am weitesten verbreiteten Strategien
STORM (stochastic optical reconstruction microscopy) und
PALM (photo-activated localization microscopy) funktionie-
ren ebenfalls mit Fluorophoren. Ihr Grundprinzip ist jedoch
ein anderes. Sie fokussieren nicht auf einen engen Be-
reich, sondern schalten mit einem Lichtblitz in einem
größeren Areal der Probe zufällig einige wenige Moleküle
an. Die Intensität dieser Aktivierung wird gerade so einge-
stellt, dass für zwei eng beieinanderliegende Farbstoff-
moleküle die Wahrscheinlichkeit klein ist, gleichzeitig zu
fluoreszieren. Computeralgorithmen rekonstruieren dann
aus vielen Bildern mit ganz unterschiedlichen Kombinatio-
nen von einzelnen leuchtenden Molekülen deren exakte
Positionen. Das Problem hier: Die Fluorophore liefern nicht
ausreichend Signal, um die prinzipiell mögliche maximale
Auflösung zu erreichen. Denn je heller ein Lichtfleck eines
Moleküls, desto besser lässt sich dessen Mitte bestim-
men. Außerdem bleichen die Moleküle nach einiger Zeit
aus und lassen sich dann nicht mehr anregen.
STED unterscheidet sich von PALM beziehungsweise
STORM also dadurch, dass man im ersten Fall die Position
des Farbstoffmoleküls genau kennt, während man sie bei
den anderen beiden Methoden erst rekonstruieren muss.
Hell hatte nun die Idee, die Prinzipien miteinander zu

Die Forscher haben in einer Bakterienzelle einzelne fluoreszenz­
markierte Moleküle sichtbar gemacht. Der Ausschnitt stellt die
Bewegung eines der Partikel dar.

YVAN EILERS, MAX-PLANCK-INSTITUT FÜR BIOPHYSIKALISCHE CHEMIE
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