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(coco) #1

ÖKOLOGIE


INVASION


DER PLATTWÜRMER


Bestimmte Strudelwürmer – exotische Landplanarien –
breiten sich durch den Menschen weltweit aus. Die
gefräßigen Tiere bedrohen in Europa das eingespielte Boden­
leben, indem sie etwa Regenwürmer dezimieren.

Ronald Sluys hat eine Forschungsprofessur am Museum Naturalis Biodiversity Center,
vormals Nationaal Natuurhistorisch Museum, in Leiden. Er zählt zu den weltweit führenden
Experten von Planarien.

 spektrum.de/artikel/1443903


Der Strudelwurm Platydemus manokwari aus
Neu guinea zählt laut Weltnaturschutzunion (IUCN) zu
den 100 bedrohlichsten invasiven Arten. 2013 ent-
deckte Jean-Lou Justine vom Muséum National d’Histoire
Na turelle in Paris diesen Landplattwurm erstmals in
Frankreich – in der Normandie bei Caen – und damit
zugleich erstmals in Kontinentaleuropa. Bis dahin wusste
man nur von der problematischen Ausbreitung des bis zu

gut sechs Zentimeter langen flachen Wurms auf einigen
indopazifischen Inseln. Doch seitdem fand der Pariser
Experte ihn nun auch in der Karibik und in Florida (siehe
»Bald allgegenwärtig?«, S. 35).
Das räuberische Tier ist dafür bekannt, dass es Ökosys-
teme regelrecht umgestaltet, weil es Regenwürmer und
Schnecken dezimiert. Leider stellt es beileibe nicht die
einzige Art der Landplattwürmer oder Landplanarien dar,
die Ökologen Sorgen bereitet. Die Mehrzahl der Strudel-
würmer lebt zwar im Wasser. Biologen kennen inzwischen
aber auch mehr als 900 bodenbewohnende Spezies, die
typischerweise in tropischen oder gemäßigten Wäldern
heimisch sind. In der Erde importierter Gewächse, oft
Zierpflanzen, gelangen sie in andere Länder. Allzu leicht
entkommen sie dann in die Natur, wo sie als gefräßige
Spitzenprädatoren von Bodenorganismen Nährstoffkreis-
läufe durcheinanderbringen, heimische nützliche Arten
gefährden und sogar Pflanzengemeinschaften verändern.
Der bis zu 20 Zentimeter lange Neuseelandplattwurm
Arthurdendyus triangulatus hat in Großbritannien nach-
weislich schon in den 1980er Jahren ganze Regenwurm-
populationen in landwirtschaftlichen Böden schwer ge-
schädigt.
Die Landplanarien, deren Vorfahren sich von den Salz-
und Süßwasserformen bereits vor hunderten Jahrmillionen
abgespalten haben, sind außerordentlich anpassungs-
fähig. Anscheinend haben sie praktisch keine natürlichen
Feinde. Bemerkenswert ist ihre Fortpflanzung: Einerseits
legen sie Eier, andererseits vermehren sie sich auch asexu-
ell, indem der Körper auseinanderbricht. Die fehlende

AUF EINEN BLICK
LANDPLANARIEN
AUF DEM VORMARSCH

1


Die meisten terrestrischen Plattwürmer leben in
warmen, feuchten südlichen Gefilden. In Europa und
Nordamerika fühlen sie sich besonders in Gewächs-
häusern und Gärtnereien wohl.

2


Mit Topfpflanzen wurden und werden sie eingeschleppt.
Wenn sie ins Freie entkommen, beeinträchtigen sie
das Bodenleben radikal, bedrohen etwa einheimische
Regenwürmer und Schnecken.

3


Völlig wird man die gefräßigen Strudelwürmer
wohl nicht wieder los. Doch es könnte gelingen, ihre
Invasion zumindest einzudämmen.

AUTORENFOTO: MIT FRDL. GEN. VON RONALD SLUYS (SYNTHESYS3.MYSPECIES.INFO/FILE-COLORBOXED/102) / CC BY 3.0 (CREATIVECOMMONS.ORG/LICENSES/BY/3.0/LEGALCODE)
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