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(coco) #1
Bald allgegenwärtig?
Zu den bedrohlichsten invasiven Arten zählt der Neuguineaplattwurm, Platydemus manokwari. Noch vor wenigen Jahren
dachten Biologen, sein Vorhandensein beschränke sich auf die indopazifische Region, doch schon 2014 erwies er sich
als wesentlich weiter verbreitet (blaue Punkte). Mehr Nachweise kamen 2015 hinzu (rote Punkte). Der Wurm auf dem Foto
frisst gerade eine Schnecke: Er stülpt seinen Schlund aus der Bauchmitte hervor und weidet sein Opfer quasi aus.

KARTE: AMERICAN SCIENTIST, NACH JUSTINE, J. ET AL.: THE INVASIVE NEW GUINEA FLATWORM PLATYDEMUS MANOKWARI IN FRANCE, THE FIRST RECORD FOR EUROPE: TIME FOR ACTION IS NOW. IN: PEERJ 2, E297, 2014, FIG. 6; FOTO: JUSTINE, J. ET AL.: THE INVASIVE NEW GUINEA FLATWORM PLATYDEMUS MANOKWARI IN FRANCE, THE FIRST RECORD FOR EUROPE: TIME FOR ACTION IS NOW. IN: PEERJ 2, E297, 2014, FIG. 5 (HTTPS://PEERJ.COM/ARTICLES/297/) / CC BY 4.0 (CREATIVECOMMONS.ORG/LICENSES/BY/4.0/LEGALCODE)


wurmjagd auf. Gärtner sollten die Planarien unter Steinen,
Brettern, Baumstämmen, Plastiksäcken und dergleichen
aufstöbern und einsammeln. Mehr als 300 Leute machten
bei der Aktion mit. Wie sich hierbei zeigte, haben der
Australische und der Neuseelandplattwurm bereits viele
Gebiete auf den Britischen Inseln erobert, zumeist auf dem
Weg über eingetopfte Pflanzen.
Um das Ausmaß der weltweit zunehmenden Plage zu
erkennen, trafen sich die Experten 1998 in Christchurch
(Neuseeland) an der University of Canterbury. Die Tagung
wurde von der OECD, der Organisation für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung, finanziert. Neuseeland
gilt als einer der Hotspots für terrestrische Plattwürmer,
und von dort stammen gleich mehrere der bedrohlichen
Arten auf den Britischen Inseln. Bisher kennen die For-
scher gut 80 neuseeländische Spezies. Wahrscheinlich
existieren aber mehr als 100, nur hat die übrigen noch
niemand wissenschaftlich beschrieben. Dagegen dürften
Europa und Nordamerika zusammen höchstens eine Hand
voll einheimische Arten aufweisen. Schon von daher
erwarten die Fachleute dort weitere Invasionen – was
Brian Boag vom Schottischen Institut für Nutzpflanzenfor-
schung in Dundee ironisch »Rache der Kolonie« nennt.

Auf der Tagung stellten die Forscher die wesentlichen
Wissenslücken von der Ausbreitung der Landplanarien
zusammen und überlegten außerdem, wie Invasoren
nachzuweisen wären und wie man sie bekämpfen könnte.
Der später veröffentlichte Tagungsband gilt bis heute als
maßgebliches Werk über terrestrische Plattwürmer und
speziell ihre invasiven Arten. Die britischen Forscher haben
die Planarieninvasion in ihrem Land anschließend weiter-
verfolgt und Maßnahmen dagegen angestrengt. Doch
anderswo fehlten dazu meist die Experten und, wegen der
bislang geringen Funde, teils die Motivation.

Unwissentlich eingeschleppt mit Schiffsladungen
von exotischen Pflanzen
Zu der Zeit wussten Biologen allerdings schon von einigen
landlebenden Strudelwürmern, die wahrscheinlich bereits
im 19. Jahrhundert mit Pflanzen nach Kontinentaleuropa
und Nordamerika gelangt waren. Dazu zählt B. kewense
ebenso wie die indomalaiische Art Dolichoplana striata,
die erstmals 1943 in Nordamerika nachgewiesen wurde.
Drei Jahre vorher hatte man in Texas bei Blumen, die per
Schiff aus Mexiko kamen, die australische Planarie Para-
kontikia ventrolineata aufgespürt. Sie ist mittlerweile in
kalifornischen Gärten sowie an der Ostküste anzutreffen,
oft zusammen mit der gleichfalls australischen Art Caeno-
plana coerulea.
Als nun immer mehr Landplanarien in Ländern auf-
tauchten, wo sie nicht hingehören, nahm die Aufmerksam-
keit der Biologen schließlich doch zu. Jean-Lou Justine
entdeckte in Frankreich nicht nur den eingangs erwähnten
fingerlangen Neuguineawurm P. manokwari, sondern auch
C. coerulea, den Australischen Blauen Gartenplattwurm.
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