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(coco) #1

schnecke Achatina fulica. Mit ihrem 20 Zentimeter langen
Gehäuse und einer Körperlänge von bis zu 30 Zenti-
metern ist sie die größte Landschnecke der Welt. Auf den
Pazifikinseln verdrängt sie manche nur dort lebenden
Schneckenarten. Aber leider frisst der Neuguineawurm
diese kleineren Mollusken ebenso gern und dezimiert ihre
Bestände, richtet gegen die Achatschnecke aber nicht
viel aus.
In den letzten Jahren holen neue Meldungen aus Kon-
tinentaleuropa jene aus Großbritannien ein. Eine Reihe
Plattwürmer, die Forscher zuerst auf den Britischen Inseln
gefunden hatten, wurden mittlerweile ebenfalls insbe-
sondere in West- und Südeuropa entdeckt. In den Nieder-
landen etwa ist Caenoplana bicolor aufgetaucht. Die
japanische Art Bipalium multilineatum scheint sich in
Frankreich und Italien wohl zu fühlen, um nur einige Fälle
zu nennen. Meine Kollegen und ich glauben, dass die
zunehmenden Meldungen nicht nur auf die modernen
Kommunikationswege und die verstärkte Mitarbeit von
Naturfreunden zurückgehen. Für uns sieht es so aus, als
ob die Plattwurminvasion gegenwärtig tatsächlich infolge
der Globalisierung zunimmt.
Manchmal entdecken wir hier zu Lande sogar noch nie
beschriebene exotische Arten. 2012, auf dem 12. Internati-
onalen Symposium zur Biologie der Plattwürmer in Stock-
holm, merkten Hugh Jones und ich, dass er in Großbritan-
nien und ich in den Niederlanden dieselbe neue Art gefun-
den hatten. Wir arbeiteten dann heraus, dass dies ein
weiterer Vertreter der Gattung Marionfyfea sein muss,
deren Namen Leigh Winsor von der James Cook Universi-
ty in Queensland (Australien) prägte. Die andere Spezies
lebt auf Campbell Island südlich von Neuseeland. Leider
kommt es öfter vor, dass irgendwo neue Arten auftau-
chen, deren Herkunft und ökologische Eingliederung
unbekannt sind. Da machen sich die großen Lücken in der
Systematik der Landplanarien bemerkbar.


Zugezogen aus Brasilien: Fremdlinge mit dem
Tupi­Namen Obama, »Blatt­Tier«
In Europa stammen solche neuen Fremdlinge normaler-
weise aus Südostasien, Australien oder Neuseeland. Die
Heimat von Obama nungara hingegen ist Brasilien. (In der
Sprache der Tupi hieß »oba« Blatt und »ma« Tier.) Diesen
Strudelwurm hat man bereits in Frankreich, Spanien,
Italien und auf den Britischen Inseln gefunden. Äußerlich
ähnelt er der schon länger bekannten Art O. marmorata.
Doch genetische und mikroskopische Untersuchungen
verweisen auf eine eigene neue Spezies. In Südamerika
leben beide womöglich sogar nebeneinander, und man
findet sie häufig in brasilianischen Parks und Gärten,
Gärtnereien, Regenwurmzuchten und Wiesen. Ihr ein-
drucksvollster Verwandter ist der bis zu knapp 30 Zentime-
ter lange, größte südamerikanische Landplattwurm Oba-
ma eudoximariae (siehe Bild oben).
Auch wenn in Europa und Nordamerika neue Strudel-
würmer bisher zunächst meist im Umfeld von Anzuchten,
Obst- und Blumengärten entdeckt werden, darf man nicht
hoffen, dass es dabei bleibt. Durch menschliches Tun
verbreiten sich die widerstandsfähigen Würmer, die in der


Regel gut mit neuen Verhältnisse zurechtkommen, nur zu
leicht. In Großbritannien machen das der Neuseeland- und
der Australische Plattwurm schon vor.
Effektive Gegenmaßnahmen wären daher jetzt immens
wichtig, sind allerdings schwierig zu konzipieren, zumal
die Tiere versteckt leben, sich rasant vermehren und man
noch nicht genügend über sie weiß. Eine biologische
Kontrolle der Landplanarien dürfte ausscheiden, denn
diese Spitzenprädatoren des Bodenlebens haben selbst in
ihrer Heimat vermutlich kaum natürliche Feinde. Laut
Leigh Winsor, der sie gekostet hat, schmecken sie ab-
scheulich. Manche Experten empfehlen gegen den
Neuseelandplattwurm, Pflanzenballen fest mit Plastik zu
umhüllen und dann mindestens fünf Minuten lang in
34 Grad Celsius warmes Wasser zu tauchen. Eine Stunde
später ist angeblich keiner der Würmer mehr am Leben.
Das Erdreich zu erwärmen, könnte ähnlich gut wirken. Um
den Neuseelandplattwurm zu bekämpfen, seien jedoch
wenigstens 43 Grad Celsius erforderlich, testete 2008
Shinji Sugiura, der damals am Forstwissenschaftlichen
Institut in Tsukuba (Japan) arbeitete. Sehr viel mühsamer
ist es, die Würmer schlicht einzusammeln, die sich an
dunklen, feuchten Stellen, also beispielsweise unter Töp-
fen und Steinen, Folien und Erdbrocken verkriechen.
Zwar machen verschiedene private und öffentliche
Stellen, etwa Landwirtschaftsämter, Pflanzenschutzorgani-
sationen und Gartenexperten, Vorschläge zur Bekämpfung
der Plattwürmer, aber klare durchgreifende Regelungen
haben die meisten betroffenen Länder Europas bisher
keine. Denn etwaige Vorschriften zum Umgang mit invasi-
ven Organismen führen die Strudelwürmer gewöhnlich
nicht auf. Dabei wären strenge Verordnungen dringend
nötig, gerade weil man bei fremden Arten nie im Voraus
weiß, welche von ihnen ökologische Probleme bereiten
werden.
Zumindest in Großbritannien ist es mittlerweile verbo-
ten, bestimmte Landplanarien wie den Neuseeland- und

FERNANDO CARBAYO; MIT FRDL. GEN. VON RONALD SLUYS

Die meisten Landplanarien werden höchstens fingerlang.
Doch die brasilianische Art Obama eudoximariae erreicht fast
30 Zentimeter Länge. Der Gattungsname bedeutet auf Tupi
»Blatt­Tier«. Die kürzlich entdeckte Spezies O. nungara kommt
schon in mehreren Gegenden Europas vor.
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