Verlinde geht von dieser Vorstellung aus und führt die
Dunkle Energie ebenfalls auf die Eigenschaften jener
»Qubits« zurück, welche die Quanteninformation kodieren.
Im Hologramm wechselwirke die Dunkle Energie auf
großen Skalen mit den darin enthaltenen Massen. Das
erzeuge die Illusion einer Dunklen Materie.
Bei seinen Berechnungen stieß Verlinde auf eine Glei-
chung, die bereits von der »Modifizierten Newtonschen
Dynamik« (kurz MOND) bekannt ist. Bei diesem Ansatz
handelt sich um einen mathematischen Eingriff in das
quadratische Abstandsgesetz der newtonschen Gravitati-
onstheorie. Er wurde speziell mit dem Ziel durchgeführt,
die Dunkle Materie aus den Gleichungen zu verbannen,
und erstmals 1983 vom israelischen Physiker Mordehai
Milgrom vorgeschlagen (siehe den Artikel von Milgrom in
Spektrum Oktober 2002, S. 34). Rechnet man mit den
veränderten Formeln, ist es zumindest für einige Phäno-
mene nicht mehr nötig, eine Dunkle Materie anzunehmen.
Lange war fraglich, warum ein solcher Behelf überhaupt
funktionieren sollte. »Ich habe nun einen Weg gefunden,
um MOND aus einer grundlegenderen Sicht heraus zu
verstehen«, meint Verlinde.
Seine Kollegen loben die Arbeit als bedenkenswert,
wenn auch bisweilen schwer nachvollziehbar, und darum
bleibt es abzuwarten, ob die Argumente einer sorgfältigen
Prüfung standhalten. Sicher war der Zeitpunkt der Veröf-
fentlichung glücklich gewählt. Denn eine neue Untersu-
chung, die Stacy McGaugh von der Case Western Reserve
University in Cleveland und zwei weitere Astrophysiker am
- November 2016 publizierten, stärkte die Position von
MOND gegenüber der Dunklen Materie. Die drei Forscher
haben Bewegungsdaten von 153 Galaxien unterschied-
lichster Art analysiert und dabei gemessen, wie schnell die
sichtbare Materie in einem gegebenen Abstand zum
Zentrum der Galaxie rotiert. Dann berechneten sie, wie viel
sichtbare Materie sich innerhalb dieses Radius befindet.
Überraschenderweise sind die beiden Größen für alle
untersuchten Galaxien durch einen offenbar universellen
Zusammenhang verbunden. Im Rahmen der MOND-Theo-
rie überrascht das nicht weiter, da keine andere Ursache
außer der sichtbaren Materie die Rotation der Galaxie
antreibt – obwohl die Gravitation etwas anderen Gesetzen
folgt als denen von Newton und Einstein. Für die Befür-
worter der Dunklen Materie ist ein solch enger Zusam-
menhang zwischen der Gravitationswirkung auf die sicht-
bare Materie und der Schwerkraft, die von dieser ausgeht,
schwerer zu erklären.
Unterdessen berichteten niederländische Astronomen
im Rahmen von Seminaren und in einer Veröffentlichung
bei den »Monthly Notices of the Royal Astronomical
Der Niederländer Erik Verlinde erklärt Phänomene, wie sie in
Spiralgalaxien beobachtet werden, mit der Quantenmechanik.
ILVY NJIOKIKTJIEN FÜR QUANTA MAGAZINE