SdW0517

(coco) #1
100

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1010

0,01 0,1 1 10

Potenzgesetz
Entdeckungen bis August 2014
Tscheljab. geschätzte Population 2014

Durchmesser in Kilometern

Anzahl an NEAs

Tunguska

Prozent eingeschlossen und ließe sich verhältnismäßig
einfach durch Erhitzen extrahieren. Wasserdampf könnte
dann als Treibstoff den Rückflug des Satelliten sicher-
stellen.
Zwar ist das noch Zukunftsmusik, aber immer mehr
Firmen und auch Weltraumbehörden beschäftigen sich
mit diesem Thema. Selbst die Politik ist aktiv. So hat
Luxemburg Anfang 2016 angekündigt, durch Steuervor-
teile und staatliche Aufträge verstärkt Indus trie branchen
anzuziehen, die sich mit der Ressourcen gewinnung im
Weltraum befassen.


Bedrohung aus dem All: Das Risiko für einen
verheerenden Einschlag ist extrem gering
Neben dem wissenschaftlichen und dem wirtschaftlichen
Wert stellen Asteroiden aber auch eine Gefahr für die Erde
dar. Immer wieder treffen solche Objekte auf die Oberflä-
che unseres Heimatplaneten. Glücklicherweise geschieht
das umso seltener, je größer sie sind. So hat ein Asteroid
von zehn Kilometer Durchmesser vor rund 65 Millionen
Jahren mindestens die Hälfte aller damaligen Tierarten
ausgelöscht, darunter die Dinosaurier. Statistisch gesehen
kommt ein solches Ereignis allerdings nur einmal etwa alle
100 Millionen Jahre vor. Dagegen können wir uns an klei-
nere Einschläge sehr wohl noch selbst erinnern.
Im Februar 2013 ist ein 20 Meter großer Brocken aus
dem All in der Atmosphäre über der sibirischen Stadt
Tscheljabinsk zerplatzt. Die Schockwelle hat gewaltigen
Schaden an Gebäuden angerichtet. Über 1500 Personen
wurden verletzt, vor allem durch die herumfliegenden
Splitter zerberstender Fensterscheiben. 2008 sagten
Astronomen den Eintritt eines sieben Meter großen Ob-
jekts in die Atmosphäre über dem Sudan vorher und
konnten diesen dann auch beobachten. Es richtete keiner-
lei Schaden an. Die nach einer gezielten Suche gefunde-
nen Bruchstücke davon boten den Wissenschaftlern
erstmals die Gelegenheit, direkt die Beobachtungen des
Asteroiden im Weltraum mit Labormessungen desselben
Materials nach seinem Niedergang auf die Erde zu ver-
gleichen.
Ein nur ein Meter großer Gesteinsbrocken schlug 2007,
ohne vorher zu zerbrechen, im Hochland von Peru ein und
erzeugte einen Krater mit 14 Meter Durchmesser. Auch
dort entstand glücklicherweise kein signifikanter Schaden.
1947 ging über Sibirien ein Eisenasteroid auf die Erde
nieder, der mehrere metergroße Krater erzeugte. Noch
heute kann man Überreste davon unter dem Namen
Shikote-Alin bei Meteoritenhändlern kaufen. Das größte
Ereignis, das mit relativ modernen Messmethoden regist-
riert wurde, ist das Tunguska-Ereignis von 1908. Die Größe
des Objekts schätzen Forscher auf etwa 30 bis 40 Meter.
Anscheinend brach es in der Atmosphäre komplett ausein-
ander, denn man hat keine Meteoriten gefunden. Wohl
aber legte die Schockwelle mehr als 2000 Quadrat-
kilometer Waldfläche um. Träte ein solches Ereignis – das
statistisch gesehen alle paar hundert Jahre stattfindet –
über einer Stadt ein, dürften viele Tote zu beklagen sein.
Diese Zahlen zeigen zwar: Das Risiko, beim unaufmerk-
samen Überqueren einer Straße zu verunglücken, ist we -


sentlich größer, als von einem Asteroiden getroffen zu
werden. Allerdings könnten bei einem tatsächlichen Ein-
schlag mit einem Mal sehr viele Menschen zu Schaden
oder gar ums Leben kommen. Damit vergleichbar wäre die
Flutwelle, die bei Fukushima 2011 ein Kernkraftwerk be-
schädigte, ein Ereignis, das statistisch gesehen nur alle
1500 Jahre vorkommt.
Im Unterschied zu Erdbeben oder anderen Naturkatast-
rophen können wir einen Asteroideneinschlag aber vorher-
sagen, indem wir die Positionen möglichst vieler Asteroi-
den bestimmen und ihre Bahnen vorherberechnen. Und
wenn ein solches Objekt mit Kurs auf die Erde kleiner als
etwa 500 Meter ist, könnten wir es sogar von seiner Bahn
ablenken und die Bedrohung abwenden.
Bereits seit Anfang der 1990er Jahre sucht die NASA
systematisch nach NEAs. Mit dem Catalina Sky Survey
(CSS), der 1998 startete, stieg die Entdeckungsrate rapide.
Im Januar 2000 waren ungefähr 900 NEAs bekannt,
mittler weile sind es fast 16 000. Seit 2009 be teiligt sich die
ESA im Rahmen ihres Programms zur Weltraumlageerfas-
sung (Space Situational Awareness, SSA) daran. Mit dem
1-Meter-Teleskop auf Teneriffa führt sie vor allem Nachbe-
obachtungen, die für die genaue Bahnbestimmung neu
entdeckter Asteroiden wichtig sind. Außerdem unterstützt
die ESA andere Sternwarten in Europa wie die Klet‘-Stern-
warte in Tschechien oder die Calar-Alto-Sternwarte in
Spanien finanziell.
Zudem entwickelt die ESA derzeit ein eigenes Suchtele-
skop. Dieses wird einen Hauptspiegel mit einem Durch-
messer von 1,2 Metern besitzen und damit ein Gesichts-
feld am Himmel abdecken, das mehr als 120-mal so groß
ist wie jenes des Vollmonds. Vier solcher Teleskope könn-
ten in einer Nacht den gesamten Himmel absuchen. Ein
Objekt wie den Tunguska-Asteroiden könnte es rund drei
Wochen vor seinem eventuellen Einschlag entdecken.

SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT, NACH HARRIS, A.W. ET AL.: ASTEROID IMPACTS AND MODERN CIVILIZATION: CAN WE PREVENT A CATASTROPHE? IN: ASTEROIDS IV, S. 835–854, 2015, FIG. 2

Das Modell für die Größenverteilung von erdnahen Objekten
(NEAs) sagt annähernd ein Potenzgesetz vorher. Ein Ver­
gleich mit den bereits entdeckten NEAs zeigt, dass es vor
allem von den kleineren unterhalb 100 Meter Größe noch
wesentlich mehr geben sollte, als wir bisher kennen.
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