Spektrum der Wissenschaft - Oktober 2017

(Tuis.) #1

Computerprogramm mit den riesigen Datenmengen. Es
gelang ihnen, das dreidimensionale Netzwerk der Spins im
Magneten mit einer Auflösung von rund 100 Nanometern
zu rekonstruieren.
Diese Trennschärfe ist damit zwar noch nicht so gut wie
bei herkömmlichen Strukturanalysen mit Röntgenstrah-
lung, hat aber großes Potenzial, rasch bis zur fundamen-
talen Auflösungsgrenze vorzustoßen. Übliche Techniken
hingegen benötigen spezielle Röntgenlinsen und weitere
optische Elemente, die den Versuchsaufbau kompliziert
und nur mühsam optimierbar machen. Ptychografie
kommt weitgehend ohne derartige Bauteile aus. In ande-
ren Experimenten, die allerdings noch nicht die Magneti-
sierung untersuchten, haben Forscher bereits 2014 Auflö-
sungen im Bereich weniger Nanometer erreicht. Im Früh-
jahr 2017 gelang Physikern mit Ptychografie eine
dreidimensionale, 15 Nanometer feine Darstellung von
Schaltkreisen auf einem Chip.
Das macht deutlich, wie viel Potenzial in der Methode
von Donnelly und ihren Kollegen steckt. Die Arbeit ist
somit ein wichtiger Meilenstein bei der Untersuchung
magnetischer Materialien. Um von nachhaltigem Nutzen
zu sein, muss die Technik mit der industriellen Entwick-
lung Schritt halten – einige magnetische Nanostrukturen
sind schon jetzt kleiner als selbst die besten bislang mit
Ptychografie erreichten Auflösungen.


Andere Verfahren wie die Elektronenmikroskopie bieten
höhere Auflösungen, teilweise sogar bis in den Bereich ein-
zelner Atome, doch sie eignen sich praktisch nur für Ober-
flächen und dünne Schichten. Ein entscheidender Vorteil der
Röntgenmikroskopie ist, dass man mit ihr auch die inneren
Lagen dickerer Bauteile untersuchen kann. Insbesondere
sind die Grenzbereiche zwischen verschiedenen Materialien
interessant, da hier starke Wechselwirkungen der Spins
auftreten, die zudem gegenüber störenden äußeren Einflüs-
sen besser geschützt sind. Derart robuste Ordnungen
könnten sich für kompakte und energieeffiziente Speicher
nutzen lassen. Die einstmals utopische Aussicht, einzelne
Spins dabei zu beobachten, wie sie sich in den Tiefen eines
Bauteils neu orientieren, rückt dank der Röntgenmikrosko-
pie ein gutes Stück näher.

Peter Fischer ist Physikprofessor und Materialwissenschaftler am
Lawrence Berkeley National Laboratory in Kalifornien.

QUELLE
Donnelly, C. et al.: Three-Dimensional Magnetization Structures
Revealed with X-Ray Vector Nanotomography. In: Nature 547,
S. 328–331, 2017

© Nature Publishing Group
http://www.nature.com
Nature 547, S. 290–291, 20. Juli 2017

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