Spektrum der Wissenschaft - Oktober 2017

(Tuis.) #1
CAR-T-Zellen erkennen CD19
und starten sofort ihren
Angriff. MHC oder kostimu-
latorische Liganden sind
nicht erforderlich.

Abkürzung 1
Anders als gewöhnliche
T-Zellen tragen CAR-T-Zellen
den Rezeptor CAR, mit dem sie ein
Antigen auch dann erkennen, wenn es
nicht an ein MHC-Molekül gebunden
ist. Welches Antigen dies sein soll,
entscheiden die Mediziner. Um die
genetische Bauanleitung für den
CAR in die T-Zellen einzuschleu-
sen, bedienen sie sich eines
unschädlich gemachten
Virus.

verborgenes
Antigen

Zytokine

zerstörte
Krebszelle

Aufgerüstete Immunzellen


In den zurückliegenden Jahren haben Wissenschaftler
experimentelle Therapieverfahren entwickelt, um die
Fähigkeit des Immunsystems zu verbessern, bösartige
Tumorzellen zu erkennen und zu zerstören. Als beson-
ders effektiv gegen fortgeschrittene Leukämien und
Lympho me hat sich das Verabreichen künstlich verän-
derter Immunzellen erwiesen, der »CAR-T-Zellen«. Diese
ent halten zwei eingebaute Abkürzungen des Immunme-
chanismus, welche die Körperabwehr enorm verstärken.

Frisierte Immunantwort
CAR-T-Zellen (CAR steht für »Chimeric Antigen Receptor«)
sind gentechnisch manipulierte T-Zellen, die wesentlich
effektiver wirken als alles, was der Organismus selbst produ-
ziert. Im Gegensatz zu normalen T-Zellen, die ihre Angriffe
meist nach wenigen Wochen einstellen, bleiben CAR-T-Zellen
monate- oder jahrelang aktiv. Die Ziele, gegen die sie
dabei vorgehen, legt der Mensch fest – beispielsweise
das Protein CD19.

Krebszelle

Nachdem eine T-Zelle das
passende Antigen, gebunden
an den Proteinkomplex MHC,
und einen kostimulatorischen
Liganden erkannt hat, greift
sie die Tumorzelle an und
schüttet Zytokine aus, um
weitere Immunzellen anzulo-
cken. Fehlt der Tumorzelle
aber entweder der MHC und/
oder der kostimulatorische
Ligand, wird sie für das Immun-
system unsichtbar und entgeht
der Attacke.


krebs-
spezifisches
Antigen ( rot )

dendritische
Zelle

Dendritische
Zelle aktiviert
T-Zellen.
aktivierte
T-Zelle

Zytokine

Rezeptor
kostimula-
torischer
Ligand

zerstörte
Krebszelle

Antigen-Rezeptor
Antigen
MHC-Protein

aktivierte T-Zelle

Stimulation Virus schleust
genetisches
T-Zellen werden einem Patienten entnommen, künstlich aktiviert und dann - Material ein.
umprogrammiert – mit Hilfe genetischen
Materials, das ein Virus einschleust.
Anschließend gehen sie gegen alle Zellen
vor, die das ausgewählte Protein an
ihrer Oberfläche tragen.
CAR, gerichtet
gegen CD19

T-Zelle
mit CAR
an der
Oberfläche

CAR-T-Zelle

CD19-Oberflächenprotein

JEN CHRISTIANSEN / SCIENTIFIC AMERICAN MÄRZ 2017

Normale Immunantwort
Ein gesundes Immunsystem kann Krebszellen erkennen
und zerstören und tut dies häufig auch. Doch der Pro-
zess ist kompliziert und versagt manchmal. Dendritische
Zellen nehmen Proteine auf, die entweder auf oder in
bösartigen Zellen zu finden sind. Sie verarbeiten diese
Proteine und präsentieren Stücke davon – die Anti-
gene – auf ihrer Oberfläche, um sie den T-Lymphozyten
zu zeigen. Die T-Lymphozyten suchen daraufhin sämt-
liche Zellen im Körper, die sowohl das entsprechende
Antigen besitzen als auch einen Proteinkomplex namens
MHC, und attackieren diese – vorausgesetzt allerdings,
die Zielzellen tragen noch ein drittes Protein, einen
kostimulatorischen Liganden.

Abkürzung 2
CAR-T-Zellen brauchen
keinen kostimulatorischen
Liganden auf der Zielzelle, um
diese anzugreifen. Sie sind
immer »scharfgeschaltet«
und attackieren auch, wenn
lediglich das Zielantigen
vorhanden
ist.
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