Spektrum der Wissenschaft - Oktober 2017

(Tuis.) #1

Filmen im Atommaßstab


Eine neue Mikroskopietechnik ermöglicht Einblicke in den Reaktionsablauf der Fotosynthese.
Forscher versetzten einen Proteinkomplex in einen angeregten Zustand und gewannen mit
einem energiereichen Röntgenlaser Momentaufnahmen der Veränderungen – in Bruchteilen
einer Sekunde und noch bevor die Energie des Strahls die Proteine zerstörte.

nicht kurz genug, die Kristalle wären zu klein für irgendein
auswertbares Signal, oder wir fänden niemals die Orientie-
rung des Kristalls zum Zeitpunkt des Auftreffens heraus,
die jedoch eine unverzichtbare Information zur Ermittlung
der dreidimensionalen Struktur des Proteins ist.
Wir waren allerdings davon überzeugt, dass es bei
Biomolekülen gelingen könnte. Eine von uns (Fromme)
versuchte sich mit ihrem Team ausgerechnet an einer der


kompliziertesten Strukturen, dem Photosystem I mit
dutzenden Proteinen und Hunderten von Licht einfangen-
den grünen und orangen Pigmenten.
Petra Fromme kannte das Photosystem I in- und aus-
wendig; sie hatte Jahre mit dem Versuch zugebracht,
es zu kristallisieren und seinen Aufbau mit anderen Me-
thoden aufzuklären. Ferner dachten wir, die Größe des
biomolekularen Komplexes könnte vorteilhaft sein, da wir

Nanokristall-
Injektor
Röntgenlaser

Strahl aus Kristallen

ultrakurze
Röntgenpulse

gestreute
Röntgenstrahlen

Lichtpulse

Glasfaser

Laser mit sichtbarem Licht

Detektor

LUCY READING-IKKANDA / SCIENTIFIC AMERICAN MAI 2017

Aus einem
Proteinkomplex
entstehen im
Labor winzige
Kristalle. Pro
Sekunde strömen
hunderttausende
aus der Düse
eines speziellen
In jektors.

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Laserpulse
simulieren die
Sonnenstrahlung,
wodurch sich
die Atome in den
lichtempfindlichen
Molekülen um-
lagern. Dieser
Reak tionsschritt
erfolgt in Femto-
sekunden,
also in bil liardstel
Sekunden.

Kurz darauf treffen
Röntgen strahlen
auf den Kristall. Ein
Detektor zeichnet
das entstehende
Beugungsmuster auf.
Variierende Zeit-
abstände zwischen
dem Licht- und dem
Röntgenblitz ergeben
Aufnahmen während
der gesamten Reaktion.

Ein Röntgenpuls
dauert nur einige
zehn Femto-
sekunden, ist aber
so energiereich,
dass er den
Protein kris tall im
weiteren Verlauf
der Wechsel-
wirkung zerstört.

Mit einem Computer-
programm errechnen
die Forscher aus den
Beugungsmustern
der gestreuten Strah-
lung Bilder der
Proteinstruktur. Aus
zehntausenden
zweidimensionalen
Momentaufnahmen
entstehen so drei-
dimensionale Filme.

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