Antike Welt - Nr5 2017

(Elliott) #1
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KLEOPATRAS PRE)IOSEN – Das helleŶisisĐhe SĐhatzerďe der röŵisĐheŶ Kaiser

einem Brief vom 7. Oktober 1586 an
Kardinal Alessandro Farnese ȋͳͷʹͲ–
ͳͷ ͅͻȌ vorgeschlagen, die Dargestell­
ten als Alexander den Großen ȋ͵ͷ͸–
͵ʹ͵ v. Chr.Ȍ und seine Mutter Olympias
ȋum ͵͹ͷ–͵ͳ͸ v. Chr.Ȍ zu benennen.
Vergleichsbeispiele aus der ptolemä­
ischen Porträtkunst legen aber ein pto­
lemäisches Herrscherpaar nahe.
Zieht man entsprechende Münzbil­
der heran, wird die Zuweisung an die
beiden gemeinsam regierenden Ge­
schwister nachvollziehbar. Akzeptiert


man dies, so ist der Wiener Ptolemä­
erkameo genau zu der Zeit entstan­
den, als der Ptolemäerhof seinen ein­
gangs erwähnten prunkvollen Festzug
abhielt. Sollte ihn Octavian tatsächlich
im Kronschatz der Dynastie vorge­
funden und dann nach Rom gebracht
haben, wäre er schon damals eine
echte Antiquität gewesen, und seine
Verwendung als Vorbild für die Kre­
ationen der Gemmen­ und Kameen­
schneider des jungen Kaisers dürfte
in diesem Fall gewiss sein.

Die Tazza FarŶese – Mehr als
Ŷur eiŶ SteiŶ
Ebenfalls sicher ptolemäischen Ur­
sprungs ist die Tazza Farnese ȋAbb. ͶȌ
aus dem Besitz der gleichnamigen ita­
lienischen Adelsfamilie. Nach deren
Aussterben im Mannesstamm erbten
die spanischen Bourbonen ihren gan­
zen Reichtum. Die Sammlung gelangte
auf diesem Weg in das damals von
dieser Dynastie beherrschte König­
reich Sizilien, genauer gesagt in dessen
Hauptstadt Neapel. Dort verblieben die
Stücke bis heute und können im Natio­
nalmuseum bewundert werden.
Zu Beginn des 15. Jhs. scheint sich
die Tazza dagegen noch im Orient, im
Schatz der Timuriden in Herat befun­
den zu haben. Wie sie dorthin geriet,
bleibt allerdings mysteriös. Nach der
Eroberung Herats durch den turkmeni­
schen Prinzen Pir Budaq ȋͳͶ͵ͻ–ͳͶ͸͹Ȍ
im Jahr ͳͶͷ ͅ oder bei einer späteren
Plünderung ͳͶ͸ ͅ kam sie nach Täbris,
von wo aus sie eventuell ͳͶ͹Ͳ auf dip­
lomatischem Weg als Geschenk an den
päpstlichen Hof nach Italien gesandt
wurde. Der damalige Herrscher Uzun
(asan ȋͳͶʹ͵–ͳͶ͹ ͅȌ könnte sich mit
seiner generösen Gabe vielleicht er­
hofft haben, Papst Paul )). ȋreg. ͳͶ͸Ͷ–
ͳͶ͹ͳȌ für eine Allianz gegen die Osma­
nen zu gewinnen.
ͳͶ͹ͳ wurde die Tazza jedenfalls
von Lorenzo )l. Magnifico ȋͳͶͶͻ–ͳͶͻʹȌ
für die Medici erworben, in deren Be­
sitz sie bis zu Margarethe von Parma
ȋͳͷʹʹ–ͳͷ ͅ͸Ȍ blieb, die in erster Ehe
mit einem Medici verheiratet war und
sie schließlich ihrem Sohn aus zweiter
Ehe, dem Feldherrn Alessandro Far­
nese ȋͳͷͶͷ–ͳͷͻʹȌ vererbte.
Bis zur Nacht vom 1. auf den 2. Ok­
tober ͳͻʹͷ war die Tazza trotz ihrer
sehr wechselvollen Geschichte nahezu
unversehrt. Erst damals kam sie durch
die Tat eines wahnsinnig gewordenen
Museumswärters zu Schaden, der die
gläserne Vitrine samt Inhalt mit sei­
nem Regenschirm derart malträtierte,
dass die Tazza auf den Boden fiel und

Abb. ʹ Marmorporträt der Kleopatra V)).; Berlin, Antiken museum, )nv. ͳͻ͹͸.ͳͲ.

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