Antike Welt - Nr5 2017

(Elliott) #1
ANTIKE WELT 5/

KLEOPATRAS PRE)IOSEN – Das helleŶisisĐhe SĐhatzerďe der röŵisĐheŶ Kaiser

tin selbst rahmt in ihrer ägyptischen
Gestalt als Isis gemeinsam mit der auf
Ägypten verweisenden Sphinx im un­
teren Bereich die Szene. Möglicher­
weise waren einst mit den mythischen
Hauptpersonen (Triptolemos und Isis­
Demeter) der Schale konkrete ptole­
mäische Herrscher gemeint. Das Bild
wäre demnach als Allegorie segens­
reicher Herrschaft zu verstehen, die
den Untertanen ein Leben in Frieden
und Überfluss versprach.


Die heikle Frage der VerǁeŶduŶg
Ähnlich wie der Wiener Ptolemäer­
kameo könnte die Tazza Farnese im
dynastischen Kult oder bei anderen
Feierlichkeiten als prunkvolles Schau­


stück herrschaftlicher Macht und kö­
niglichen Reichtums Verwendung ge­
funden haben. Offenbar genügte, wie
eine Anekdote aus der Historia Augusta
(Vita des Antoninus Heliogabalus ʹ͵, ͶȌ
über Elagabal ȋreg. ʹͳ ͅ–ʹʹʹ n. Chr.Ȍ
nahelegt, schon der bloße zierende
Besitz geschnittener Steine als Aus­
weis höchsten Ranges. So soll der
Kaiser sie gar an den Schuhen getra­
gen haben, um sich auf diese Weise
und mithilfe anderer Luxusaccessoires
deutlich abzugrenzen. Man kann dem­
nach davon ausgehen, dass geschnit­
tene Steine und besonders die großen
Prunkkameen vor allem der Status­
demonstration gedient haben. Es ge­
nügte folglich, dass man sie besaß und

in unterschiedlichen Zusammenhängen
wirkungsvoll in Szene setzen konnte.
Mit dieser spezifischen Form poli-
tischer Bildpropaganda, die in ihrer
Komplexität wohl nur gebildeten Hof­
kreisen voll verständlich gewesen ist,
und auch nur dort in entsprechen­
den Zeremonien sinnvoll eingesetzt
werden konnte, haben die Ptolemäer
schließlich den Grund für die in glei­
cher Weise anspruchsvolle Kameen­
kunst der römischen Kaiser berei­
tet. Auch diese nutzten die kostbaren
Steine zum metaphorisch­allegori­
schen Herrscherlob, bestimmt für die
Eliten des Kaiserhofs, weshalb die Ka­
meen in ihrer Bildsprache wohl um so
vieles verschlüsselter sind als die ein­
fachen und noch dazu beschrifteten
Münzdarstellungen der Massenpropa­
ganda (Abb. 5).

Adresse des Autors
Dr. PatriĐk SĐhollŵeLJer
Biďliothek uŶd SaŵŵluŶgeŶ
KlassisĐhe ArĐhäologie
IŶsitut für AltertuŵsǁisseŶsĐhateŶ
JohaŶŶes GuteŶďerg­UŶiǀersität MaiŶz ;JGUͿ
Jakoď­Welder­Weg ϭΘ
D­ρρϭϮΘ MaiŶz

Bildnachweis
Aďď. ϭ: akg­iŵages / PiĐtures Froŵ HistorLJ; Ϯ: akg­iŵages /
BerliŶ, SMB, AŶikeŶŵuseuŵ; ϯ: akg­iŵages / EriĐh
LessiŶg; κ: akg­iŵages/Alďuŵ / OroŶoz; ρ: akg­iŵages / 
De AgosiŶi PiĐture Liď.

Literatur
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ŶisisĐheŶ Welt ;ϭεεΘͿ.
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;ϮϬϬϳͿ ρε–ςϮ, ςς–ςϳ, Ϯϯϳ–Ϯκϭ, Ϯκϳ, E.
DIES., Magie der SteiŶe. Die aŶikeŶ PruŶkkaŵeeŶ iŵ
KuŶsthistorisĐheŶ Museuŵ ;ϮϬϬΘͿ ρς–ϳϯ.
ÜďersetzuŶg der Cassius Dio­Stelle zuŵ ÄgLJpteŶtriuŵph
des OĐtaǀiaŶ iŶ: KüŶzl ;ϭεΘΘͿ ϭκΘ–ϭκε.

Abb. ͷ Sardonyx-Kameo des Augustus; Wien, Kunsthistorisches Museum )nv. )X a ͷ͸. Die meta­
phorische Darstellung des Kaisers, wie er in einem von Tritonen gezogenen Triumphwagen
über das Meer fährt, feiert seine Seeherrschaft. Der Stein könnte anlässlich eines konkreten Seesieges
gearbeitet worden sein, nennt diesen im Gegensatz zur Münzpropaganda aber nicht dezidiert.


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