Antike Welt - Nr5 2017

(Elliott) #1
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SPRACHEN & SCHRIFTEN

nehmende Eigenständigkeit und die
selbstverständliche Übertragung von
OdaeŶathus’ TitelŶ uŶd BefugŶisseŶ
aŶ seiŶeŶ SohŶ hiŶzuŶehŵeŶ. Aure-
liaŶus ǁaŶdte siĐh ϮϳϮ Ŷ. Chr. gegeŶ
PalŵLJra, uŶd )eŶoďia uŶd Vaďallathus
ŶahŵeŶ deŶ Augusta- ďzǁ. Augustus-
Titel aŶ. Sie ǁurdeŶ jedoĐh iŶ zǁei
SĐhlaĐhteŶ gesĐhlageŶ. Iŵ Folgejahr
reďellierte PalŵLJra uŶter der FühruŶg
eines Verwandten der Familie, und Au-
reliaŶus’ TruppeŶ zerstörteŶ die Stadt,
so dass die palŵLJreŶisĐhe MisĐhkultur,
die röŵisĐh-helleŶisi sĐhe uŶd persi-
sĐhe EiŶfl üsse kreai ǀ aufŶahŵ uŶd
ŵit lokaleŶ GestaltuŶgsforŵeŶ ǀer-
ďaŶd, eiŶ ďaldiges EŶde faŶd.
Die IŶsĐhrit eŶ PalŵLJras siŶd Aus-
druĐk dieser Kultur ;Aďď. ϭ. ϮͿ. Verfasst
sind sie in einem ostaramäischen Dia-
lekt, deŵ PalŵLJreŶisĐh-AraŵäisĐheŶ,
das iŵ Ϯ. Jh. ǀ. Chr. iŶ PalŵLJra das
alte ReiĐhsaraŵäisĐh ǀerdräŶgt hat e.
WeŶŶgleiĐh der Dialekt ǀoŶ PalŵLJra
gerade in der Schreibweise zahlreicher
Wörter reichsaramäische Formen bei-
behielt, steht er insgesamt dieser Spra-
che ferner als etwa der benachbarte
nabatäische Dialekt im südlicher gele-
geŶeŶ Petra. EŶg ǀerǁaŶdt ist die Spra-
Đhe PalŵLJras ŵit deŶ araŵäisĐheŶ Tei-
leŶ der Biďel.
BesoŶders ǁiĐhi g ist die paläogra-
phische Erforschung der Texte: Die von
reĐhts ŶaĐh liŶks gesĐhrieďeŶe SĐhrit
entstammt augenscheinlich dem reichs-
araŵäisĐheŶ Duktus, iŵ Laufe der )eit
aber neigte sie zur verbundenen Kursiv-
sĐhreiďuŶg uŶd ďildet eiŶeŶ )ǁisĐheŶ-
sĐhrit zur koŵplet ǀerďuŶdeŶeŶ
EstraŶgelo-SĐhrit des SLJrisĐh-Araŵäi-
schen, wie es in Edessa und Nisibis et-
was später geschrieben wurde, und zu
eiŶer der ǁiĐhi gsteŶ SpraĐheŶ uŶd
SĐhrit eŶ des orieŶtalisĐheŶ spätaŶi -
keŶ ChristeŶtuŵs ǁurde.
Die ErforsĐhuŶg des PalŵLJreŶisĐh-
Aramäischen ist nicht sehr weit fortge-
sĐhrit eŶ, ǁas dahiŶgeheŶd ǀerďlüff eŶd
ist, als dass gerade die Entdeckung und
LesuŶg dieser IŶsĐhrit eŶ iŵ ϭΘ. uŶd


ϭε. Jh. eiŶeŶ GruŶdpfeiler der araŵais-
i sĐheŶ ForsĐhuŶg ausgeŵaĐht hat e.
Die Seŵii steŶ M. de Vogüé uŶd W. H.
WaddiŶgtoŶ hat eŶ aď deŶ ϭΘςϬer Jah-
ren eine gewisse Anzahl solcher Doku-
ŵeŶte puďliziert. BesoŶders iŶteŶsiǀ
haďeŶ siĐh daŶŶ allerdiŶgs eiŶ Jahr-
zehnt später der in osmanischen Diens-
ten stehende Hamburger Orientalist
A. D. MordtŵaŶŶ zusaŵŵeŶ ŵit sei-
ner Tochter und seinem Schwieger-
sohŶ ŵit deŶ GraďiŶsĐhrit eŶ PalŵLJras
auseinandergesetzt und den Transport
palŵLJreŶisĐher BüsteŶ iŶ das sultaŶi-
sĐhe Museuŵ iŵ Topkapı SaraLJı iŶ die
Wege geleitet. Diese )eugŶisse, ǀoŶ
deŶeŶ siĐh heute etǁa ruŶd ϭϬϬϬ ǁelt-
ǁeit iŶ ǀersĐhiedeŶeŶ MuseeŶ ďefi Ŷ-
den, avancierten rasch zu einem be-
gehrteŶ SaŵŵluŶgsoďjekt. )usaŵŵeŶ
ŵit deŶ ot als grieĐhisĐhe BiliŶgueŶ
oder griechisch-lateinische Trilinguen
ausgeführteŶ EhreŶiŶsĐhrit eŶ ǀoŶ deŶ
SäuleŶstraßeŶ PalŵLJras ďildeŶ die Graď-
iŶsĐhrit eŶ deŶ ďedeuteŶdsteŶ Teil
der etǁa κϬϬϬ ďekaŶŶteŶ )eugŶisse
;Aďď. ϭ. ϮͿ. NeďeŶ deŶ si lisierteŶ Graď-
skulptureŶ reiĐher PalŵLJreŶeriŶŶeŶ
uŶd PalŵLJreŶer aŶgeďraĐht, präseŶ-
i ereŶ diese Tedžte fast iŵŵer laŶge Ah-
ŶeŶreiheŶ der VerstorďeŶeŶ. IŶ fast al-
len Fällen beginnen oder enden sie mit
dem Klageausruf h.abal ;«ǁehe!»Ϳ. Die
BüsteŶ uŶd ihre IŶsĐhrit eŶ staŶdeŶ
iŵ )eŶtruŵ der ForsĐhuŶg des DäŶeŶ

H. IŶgholt, desseŶ FeldforsĐhuŶgeŶ
und Studien in zahllosen Sammlungen
eine erste chronologische Einordnung
der FuŶde ŶaĐh si lisi sĐheŶ KriterieŶ
erŵög liĐheŶ.
DurĐh die jüŶgsteŶ )erstöruŶgeŶ iŶ
PalŵLJra rüĐkt die ErforsĐhuŶg der pal-
ŵLJreŶisĐheŶ IŶsĐhrit eŶ ŶaĐh eiŶeŵ
Dornröschenschlaf von einem halben
JahrhuŶdert ǁieder iŶ deŶ Fokus: IŶ der
Tradii oŶ H. IŶgholts uŶtersuĐheŶ KuŶst-
historiker in Kopenhagen die künstleri-
sĐhe EŶtǁiĐkluŶg der BüsteŶ, ǁähreŶd
Forscher der Universität Wisconsin und
mehrerer deutscher Universitäten an
den Texten selbst und ihrer editorischen
Aub ereituŶg iŶ eiŶeŵ OpeŶ-AĐĐess-
VerfahreŶ iŵ IŶterŶet arďeiteŶ.

Adresse des Autors
Dr. KoŶstaŶi Ŷ M. KleiŶ
Lehrstuhl für Alte GesĐhiĐhte
Ot o-FriedriĐh-UŶiǀersität Baŵďerg
FisĐhstr. ρ–ϳ
D-εςϬκρ Baŵďerg

Bildnachweis
Aďď. ϭ: Philippe Maillard / akg-iŵages; Ϯ: akg-iŵa-
ges / Gerard Degeorge.

Literatur
D. HILLERS / E. CUSSINI, PalŵLJreŶe AraŵaiĐ Tedžts ;ϭεεςͿ.
J. HUTTON, WisĐoŶsiŶ PalŵLJreŶe AraŵaiĐ IŶsĐripi oŶ
ProjeĐt: ht p://digital.liďrarLJ.ǁisĐ.edu/ϭϳϭϭ.dl/ClassiĐal-
Studies.WPAIP
R. RAJA, PalŵLJra Portrait ProjeĐt: ht p://projeĐts.au.dk/
palŵLJraportrait/

Abb. 2
Trilingue vom
Hypogäum des
Hairan in Latei-
nisch, Griechisch
und Palmyrenisch
aus der Südwest-
nekropole Palmy-
ras; um 106/
n. Chr.; Marmor;
Palmyra Museum.
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