Spektrum der Wissenschaft Spezial - Biologie Medizin Hirnforschung Nr3 2017

(Ann) #1
EMILY COOPER / SCIENTIFIC AMERICAN SEPTEMBER 2016

Ein TOR zur Langlebigkeit


In den 1970er Jahren fand sich in Bodenproben von der Osterinsel ein bakterieller Wirkstoff,
der das Wachstum von Pilzzellen stoppt. Nach dem einheimischen Wort für die Insel, Rapa Nui,
bekam die Substanz den Namen Rapamycin. Dieses stört das für das Wachstum und die Ver-
mehrung von Zellen essenzielle Enzym TOR (beziehungsweise mTOR bei Säugern). Der reduzierte
Stoffwechsel erhöht ihre Lebensdauer – und offenbar auch die des gesamten Organismus.

Aminosäuren
und andere
Nährstoffe

Glukose
(Traubenzucker)

Wachstums-
faktoren

Die Zelle bildet reichlich
Proteine und Fette
zu ihrer Vermehrung.

Die Zelle bildet nur
noch wenige
Proteine und Fette.

In den Zellen erfolgt
wenig Recycling. Viel
»Schrott« sammelt sich
an, wichtige Funktionen
leiden.

Beschädigte Proteine zer-
legt die Zelle in speziellen
Vesikeln, den Autophago-
somen. Verwertbare Be-
standteile nutzt sie wieder.

wieder-
verwertbare
Materialien

Signal-
proteine

Rapamycin

Die Aktivität von
Zellorganellen, die
Moleküle produzieren,
wird angekurbelt.

mTORC1 registriert
Hinweise auf üppige Verhält-
nisse im Umfeld der Zelle.


Rapamycin verhindert, dass
mTORC1 die Signale zu den
üppigen Verhältnissen registriert.

mTORC1-
Komplex

TOR ausgeschaltet
Rapamycin blockiert den mTORC1-Komplex, so dass
er ein reiches Stoffangebot nicht erkennt. Auf diese
Situation reagiert die Zelle wie auf eine Hungerphase,
fährt Stoffwechselprozesse herunter und spart mit
Ressourcen. Wachstum und Vermehrung stoppen.

TOR in Aktion
mTOR existiert in zwei Komplexen. Einer davon,
mTORC1, arbeitet wie ein Umweltsensor. Bei einem
guten Nahrungs angebot bringt er den Zellstoff -
wechsel auf Hochtouren. Die Zellen nehmen mehr
Zucker und andere Stoffe auf, wachsen und teilen sich.

Folge
Die auf Sparflamme
gesetzte Zelle lebt länger.
Bei Mäusen unter Rapa-
mycin bleiben die Herz- und
Gefäßfunktionen länger
gut. Die Nager werden
um ein Viertel
älter.

Folge
Toxische Stoffe häufen
sich in den Zellen
an. Muskulatur und Blut-
gefäße werden schwächer
und ineffizienter. Der
Körper wird anfälliger
für Alterskrank-
heiten.
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