Der Spiegel - ALE (2022-04-30)

(EriveltonMoraes) #1

128 DER SPIEGELNr. 18 / 30.4.2022


Als Hasenfuß


hingestellt


Nr. 17/2022 Titel: Wovor haben Sie
Angst, Herr Scholz?


Der SPIEGEL ist nicht bekannt
für dumme Fragen. Und jetzt
gleich vorne auf dem Titel! Die
Impertinenz, mit der die Frieden
und Entspannung verpflichtete
Haltung des Kanzlers von einer
geifernden Meute als unent-
schlossenes Zaudern diffamiert
wird, ist schon ärgerlich. Welcher
Kanzler wäre denn besser als
einer, der Atomkriege mehr
fürchtet als die öffentliche Mei-
nung?
Peter Limburg, Ralingen-Kersch (Rhld.-Pf.)


Wovor der Kanzler Angst haben
könnte? Vielleicht hat er mehr
Verantwortungsgefühl als seine
(grünen) Koalitionspartner, wel-
che von jetzt auf gleich ihre
Grundsätze über Bord werfen,
oder als die vielen Journalisten,
auch vom SPIEGEL, deren Arti-
keln man die Ungeduld ent-
nimmt, dass auch Deutschland
sich endlich am Krieg beteiligen
möge. Vielleicht will Olaf Scholz
nicht der Kanzler sein, der das
Go gibt für eine weitere Füh-
rungsrolle Deutschlands in einem
dritten Weltkrieg? Halten Sie
durch, Herr Scholz!
Annegret Schumann, Chemnitz


Die Fragen an den Kanzler sind
oft unangemessen, bissig und


dumm. Vor allem die auf dem
Titel. Eine Unverschämtheit. Olaf
Scholz versucht im Interview, mit
großem Ernst und sachlicher Ar-
gumentation seine Position dar-
zulegen. Und das gelingt ihm
überzeugend auch bei unpräzisen
Fragen.
Bernd Hanewinkel, Bülstedt (Nieders.)

Jeder seriöse Journalist weiß,
dass Scholz natürlich keine Angst
hat, sondern seine Entscheidun-
gen nach sachlichen Gesichts-
punkten fällt.
Uwe Pankel, Hamburg

Mit »Bild«-verdächtigen roten
Lettern ballert der SPIEGEL auf
Olaf Scholz, als wäre es letztlich
hinzunehmen, wenn deutsches
Schwermetall den Krieg in der
Ukraine verlängert. Dass Präsi-
dent Selenskyj und sein Laut-
sprecher in Deutschland, Melnyk,
keine Bitten an unsere Regierung
richten, sondern Forderungen, er-
höht bei vielen Politiker:innen
offenbar den Druck, ihren An-
liegen ohne zu viel Abwägen zu
entsprechen. Und keinesfalls mag
jemand erwähnen, wer am meis-
ten davon profitiert, wenn Euro-
pa und speziell Deutschland als
Konkurrenten auf dem Welt-
markt an Potenz verlieren.
Reinhard Bartsch, Hameln

Weil Olaf Scholz alles tun will,
um einen Atomkrieg zu verhin-
dern, wird er als Hasenfuß hin-
gestellt. Statt Angst erlebe ich bei
Scholz Verantwortungsbewusst-
sein für Deutschland. Durch die
Forderungen nach »schweren
Waffen« wird die Legende vor-
bereitet, Deutschland werde
schuld sein an der Niederlage
der Ukraine, weil es die erforder-
liche Unterstützung vorenthalten
habe. Diese Legende reiht sich
dann nahtlos an den ersten Teil,
dass die verfehlte Russlandpolitik
der Bundesregierung unter An-
gela Merkel erst den Krieg mög-
lich gemacht habe. Ich bin froh,
dass wir einen Bundeskanzler
haben, der in dieser Situation
einen kühlen Kopf behält.
Ernst Jochum, Bonn

Wie gut, dass Olaf Scholz sein
Tun mit seinen Bündnispart -
nern abstimmt und der geschun-
denen Ukraine alle unserem
Staat mögliche und zuträgliche
Unter stützung zukommen lässt,
ohne sich dem von »Bild« ange-
führten journalistischen Main-
stream-Chor mit den Forderun-
gen nach schwerstem Kriegsgerät
oder den Wünschen eines zu-
nehmend entgleisenden Bot-
schafters vor sich hertreiben zu
lassen. Sein zentrales Bemühen,
Schaden vom deutschen Volk ab-
zuwenden und dabei der Ukraine
in ihrer Verteidigungstüchtigkeit
zu helfen, verdient höchsten
Respekt.
Prof. Dr. Rudolf Messner, Kassel

Über 20 Jahre war ich SPD-Mit-
glied und habe in Altona mit und
für Olaf Scholz Wahlkampf ge-
macht, aber am 8. März bin ich
wegen der Waffenlieferungen an

KORREKTUREN
Zu »Kanzler der Reserve« in Heft
13/2022, Seite 8: Das Bundes-
kanzleramt legt Wert auf die Klar-
stellung, dass Angela Merkel die
im Text genannten Gegenstände
nicht alle in ihr Altkanzlerinnen-
büro »mitgenommen« habe. So
befänden sich die Mitbringsel
aus afrikanischen und arabischen
Staaten in der Asservatenkammer
des Kanzleramts, ebenso wie das
Gros der hölzernen Schachfigu-
ren; die frühere Bundeskanzlerin
habe lediglich vier von ihnen
mitgenommen. Das Adenauer-
Porträt sei nicht »ihr« Gemälde,
sondern gehöre dem deutschen
Staat. Das Porträt habe Merkel
mit Zustimmung des Bundestags
als Leihgabe in ihr Altkanzlerin-
nen-Büro mitgenommen; ebenso
wie den schwarz-goldenen Glo-
bus, der ein privates Geschenk
gewesen sei.
Zu »Der stille Tod« in Heft
16/2022, Seite 86: In einem Zitat
hieß es fälschlicherweise, die
Ukra ine exportiere normalerwei-
se fünf Millionen Tonnen Weizen.
Tatsächlich handelt es sich allge-
mein um Getreide.

BRIEFE


die Ukraine und der Milliarden
für die Bundeswehr schweren
Herzens ausgetreten. Und nun
kritisieren Sie im SPIEGEL seit
Wochen zwar auch die Politik
unserer Regierung – aber genau
andersrum! Ist es Ihnen nicht
schon jetzt genug militärische Hil-
fe, genug Risiko einer atomaren
Verwüstung, genug Leid, Zerstö-
rung und Tod für die Bevölkerung
der Ukraine und Russlands?
Julia Berendsohn, Hamburg

Bei seiner Vereidigung zum Bun-
deskanzler hat Olaf Scholz ge-
schworen, Schaden vom deut-
schen Volk abzuwenden – und
nicht vom ukrainischen.
Manfred Mengewein, Arnsberg (NRW)

Herr Scholz erscheint mir weder
ängstlich noch zögerlich, sondern
verantwortungsbewusst. Schließ-
lich geht es um die Verhinderung
einer atomaren Katastrophe. Und
wir Deutschen sollten uns zu-
rückhalten, was Kriegstreibe rei
betrifft.
Karin Geissler, Mardorf (Nieders.)

Schreiben Sie doch einmal deut-
lich, was die Alternative zu »Re-
den und Handel treiben« gewe-
sen wäre. Der SPIEGEL redet
einen neuen Krieg herbei. Sind
Sie sich der Konsequenzen be-
wusst? Ich befürchte, dass Sie mit
Ihrer Art, demokratische Politi-
ker zu demontieren und zu ver-
unglimpfen, den Kräften in Euro-
pa Aufwind geben, die in Zukunft
regieren werden oder schon re-
gieren: Trump, Johnson, Le Pen,
Wilders, Orbán, Kaczyński, Hö-
cke, Salvini, Erdoğan und so wei-
ter. Es wäre sicherlich besser, sich
den Problemen der Menschen vor
allem in Ostdeutschland in den
»abgehängten« Gegenden zu
widmen und nicht der AfD wei-
teren Aufwind zu geben.
Klaus-Dieter Wolfram, Saalfeld

Die Entscheidung, ob Russland
die Nato als Kriegsteilnehmer
definiert, liegt allein bei Putin. Er
wird sie wohl kaum von der mi-
litärischen Liefermenge Deutsch-
lands abhängig machen, sondern
allenfalls vom letztlich alles ent-
scheidenden Beitrag der USA. Da
der Krieg vermutlich noch länger
anhält, wäre es auch sinnvoll,
schon jetzt Waffensysteme zu
liefern, die, wegen erforderlichen
Trainings, nicht sofort einsetzbar
sind. Diese Überlegung wird von
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