Focus - ALE (2022-04-30)

(EriveltonMoraes) #1
ROHSTOFFE

Fotos: Max Kratzer, Benne Ochs für FOCUS-Magazin, Funke Foto


FOCUS 18/2022 55

Arthur-Foundation stellt bei
ihren Partnerkonzernen wie
Unilever, Nestlé oder Mars
gar einen erstmals sinken-
den Neuplastikverbrauch
fest, während der Rezyklat-
einsatz sprunghaft ansteigt.
Auch in Deutschland steht
die Kreislaufwirtschaft vor
einem Aufschwung. Ver-
antwortlich dafür ist eine
Mischung aus steigendem
Nachhaltigkeitsbewusstsein
und neuen gesetzlichen Vor-
gaben zum Klimaschutz und Recycling.
Außerdem sind Rohstoffe knapp und teu-
er aufgrund der stockenden Lieferketten.
Wie groß das Potenzial der Kreislauf-
wirtschaft allein in Deutschland ist, hat
die Unternehmensberatung BCG berech-
net: Bis 2030 könnte diese ein Marktvolu-
men von bis zu 200 Milliarden Euro errei-
chen. Doch bis zu einer echten „circular
economy“ ist es auch hierzulande noch
ein weiter Weg. Denn Deutschland ist kei-
neswegs Recyclingweltmeister, sondern
bislang eher Müll- und Verbrennungs-
vorreiter: Mit 632 Kilo Haushaltsabfällen
pro Kopf produzierte Deutschland 2020
ein Viertel mehr Müll als der europäische
Durchschnitt.
Nun sollte man, wenn man es genau
nimmt, den Müll soweit es geht vermei-
den und reduzieren. Die zweitbeste Lö-
sung ist allerdings die Wiederverwendung


  • wofür Reifen Helm mit der Runderneu-
    erung ein gutes Beispiel ist. Aber auch
    in anderen Bereichen setzt sich dieser
    Ansatz zunehmend durch. Sei es bei IT-
    und Elektrogeräten, bei Möbeln oder Klei-
    dung. Ikea kauft zum Beispiel alte Billy-
    Regale, Schreibtische oder Kommoden
    wieder an, arbeitet sie auf
    und stellt sie zu einem nied-
    rigeren Preis zurück ins Mö-
    belhaus. Auch der Herstel-
    ler Dyson betreibt auf eBay
    einen eigenen Shop, in dem
    er bereits gebrauchte Staub-
    sauger und Haartrockner
    generalüberholt zu günsti-
    geren Preisen anbietet.
    „Refurbished“ nennen die
    Anbieter das, wenn sie Alt-
    produkte aufbereiten und
    ein zweites Mal verkaufen.
    Vor allem bei Smartphones
    und Laptops scheint sich das
    zu lohnen. Längst nimmt
    nicht nur Apple die Altge-


räte in Zahlung und verkauft
sie aufbereitet weiter. Auch
diverse Start-ups mischen
auf diesem Markt mit. Die
Berliner Techfirma Grover,
die Smartphones und Lap-
tops zur Miete anbietet, ist
erst kürzlich zum Einhorn
aufgestiegen und damit nun
mehr als eine Milliarde Dol-
lar wert. Back Market, ein
Marktplatz für aufbereitete
IT-Geräte, der ursprünglich
aus Frankreich kommt, wird
sogar bereits mit über fünf Milliarden Euro
bewertet.
Das Geschäft mit der Kreislaufwirt-
schaft geht in diesem Fall für viele auf.
„Die Kunden sparen Geld und tun etwas
für die Umwelt“, sagt Thomas Gros vom
Berliner Start-up Circulee. Er und sein
Team verkaufen generalüberholte Gerä-
te an Mittelständler, die damit ihre Mit-
arbeiter ausstatten. Allein durch die Nut-
zung eines Monitors aus Zweitnutzung
würde man so viel CO 2 sparen, wie bei
drei Inlandsflügen entsteht, rechnet Gros
vor. Denn diese Menge würde sonst bei
der Produktion eines Neugeräts anfallen.

Beim Recycling hapert es
Werden Geräte wiederverwertet, fällt auch
weniger Abfall an. Es muss weniger re-
cycelt werden. Denn auch das Recycling
kostet Energie, und dabei entsteht oft
eine mindere Qualität. Und: „Hier sind
wir bestenfalls europäischer Durchschnitt.
Da sind andere Länder viel weiter“, sagt
Henning Wilts, Kreislaufwirtschaftsex-
perte beim Wuppertal Institut für Klima,
Umwelt und Energie.
Das sieht man auch daran, dass die
Technik nur sehr sparsam
eingesetzt wird: Bei gut 13
Prozent liegt der Anteil re -
cycelter Materialien in der
deutschen Industrie. In den
Niederlanden dagegen sind
es fast 31 Prozent. Eine ge -
setzliche Vorgabe dazu fehlt.
„Richtig gut sind wir in
Deutschland nur in den
untersten Kategorien der
Abfallpyramide, bei der Ab-
fallbeseitigung“, sagt der
Experte Wilts. Schon seit
2005 schmeißen wir keinen
unbehandelten Abfall mehr
auf Deponien, sondern ver-
brennen ihn in modernen

Neue Räder Reifen-Helm-
Chef Sascha Kemper ver-
längert das Leben alter Reifen

Alte Hähne Grohe-Chef
Thomas Fuhr will wiederver-
wendbare Armaturen entwickeln

Dieser Text


zeigt evtl. Pro-


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Text an


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sozial und ökologisch hergestellte Textilien.

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