Focus - ALE (2022-04-30)

(EriveltonMoraes) #1

WIRTSCHAFT ROHSTOFFE


Fotos: laif, Anna Riesenweber

56 FOCUS 18/2022


Anlagen, die die Wärme ab-
fangen.
Doch Vorgaben aus Brüssel
und Gesetze wie das Verpa-
ckungs- oder das Kreislauf-
wirtschaftsgesetz treiben die
deutsche Industrie nun vo-
ran. Seit 2019 gelten etwa
für Kunststoffabfälle aus dem
gelben Sack doppelt so hohe
Recyclingquoten. Und laut EU-
Vorgabe müssen bis 2025 Ge-
tränke-Einwegflaschen schon
25 Prozent recyceltes PET ent-
halten. Ein hohes Ziel. Die Fol-
gen sieht man bereits an den
Preisen: Heute ist die Nach-
frage nach Recycling-PET der-
maßen hoch, dass es mehr kos-
tet als neuer Kunststoff. „Diese
gesetzlichen Vorgaben bieten
einen sicheren Rahmen für die
Industrie, die dann auch inves-
tiert“, sagt Wilts.


Aus dem gelben Sack zurück ins Regal


Der Lebensmitteldiscounter Lidl kauf-
te beispielsweise das Recyclingunter-
nehmen PreZero. Eine Investition, die
sich langfristig höchstwahrscheinlich
bezahlt machen wird. Lidl sammelt und
sortiert seine Folien, Becher und Plastik-
flaschen selbst und verarbeitet sie wie-
der zu neuen Verpackungen



  • ein zunehmend geschlos-
    sener Kreislauf. „Das ist jetzt
    ein entscheidender Vorteil im
    Kampf ums Recycling-PET“,
    sagt Kreislaufexperte Wilts.
    Lidl bekommt das vielseitig
    einsetzbare PET frei Haus,
    während die Konkurrenz hohe
    Preise zahlen muss. Nun ist
    auch Aldi ein Joint Venture
    mit dem Recycler Interseroh
    eingegangen, Rewe und Ede-
    ka stellen ähnliche Überle-
    gungen an.
    Bei höherwertigen Abfällen
    wie PET hat sich das Recycling
    damit weitgehend etabliert.
    Neu und etwas komplizier-
    ter ist dagegen das, was das
    Unternehmen Hahn Kunst-
    stoffe macht: „Wir verwenden
    Verpackungskunststoffe aus
    dem gelben Sack, mit denen
    die meisten Recycler nicht
    zurechtkommen“, sagt Jan-
    Philipp Effgen, der Produkt-


management und Marketing bei Hahn
leitet. Also: die Haribo-Tüte, die Käse -
folie, die Pampers-Umverpackung, die
sonst von den Sortieranlagen in die Ver-
brennung gehen würden. Hahn verarbei-
tet Mischkunststoffe aus PP (Polypropylen)
oder PE (Polyethylen). Und macht daraus
den eigens entwickelten Recyclingkunst-
stoff „Hanit“.
Dafür werden die Tüten,
Folien und andere „post con-
sumer“-Abfälle zu Pellets ge-
schreddert und je nach Bedarf
gemischt. „Das schmelzen wir
ein und machen etwa Zaun-
pfosten, Bänke oder Terrassen-
beläge daraus“, sagt Effgen.
Parkbänke aus Hanit halten
der Firma zufolge länger als
solche aus Holz, splittern nicht
und setzen kaum Moos an. Das
Material ist außerdem leich-
ter und CO 2 -ärmer als Beton
oder Stahl, lässt sich schrauben
und zuschneiden. Insgesamt
2000 Produkte gibt es aus dem
Material.

Zaunpfähle aus Haribo-Tüten
Das Geschäft läuft gut. Beson-
ders jetzt, wo Holz so teuer
ist, dass es dem Goldbarren
langsam den Rang abläuft.
Auch andere Materialien sind
schwer zu bekommen. Hanit
dagegen wird in Deutschland

produziert, rund 75 000 Tonnen
pro Jahr. Inzwischen gibt es
nicht nur mehrere Millio-
nen Zaunpfähle sowie kilo -
meterlange Stege aus Hanit
an Nord- und Ostsee, sondern
auch Kabelkanäle in Riad.
Die Firma wächst pro Jahr um
10 bis 20 Prozent. Der Nutzen
ist enorm.
Es reicht eben nicht, eine
gute Ökobilanz als Marketing-
kniff einzusetzen und groß
auf die eigenen Produkte zu
schreiben. Es muss schon ech-
te Innovation drinstecken, die
ganz praktische Probleme löst.
„Nachhaltigkeit allein verkauft
sich nicht. Es braucht immer
auch einen Mehrwert für die
Kunden“, sagt Thomas Fuhr,
Co-CEO Grohe AG. Etwa die
Energie- und Kostenersparnis
beim Gebrauch.
Grohe stellt Armaturen her, also keine
schnelllebigen Konsumgüter, die nach
kurzer Zeit entsorgt werden. Trotzdem
will Fuhr ein Rücknahmesystem auf-
bauen. Der erste Schritt dahin ist das
Design: Der Wasserhahn muss so entwor-
fen sein, dass sich die Komponenten am
Ende auch wieder voneinander trennen
und recyceln lassen. Denn auch in einer
Metallarmatur ist jede Menge Kunst-
stoff verbaut, Gummi, Fett und Silikon
oder PVC. Und die sind oft sehr fest mit-
einander verklebt.
Vier Produkte hat Grohe bereits nach
den strengen Cradle-to-Cradle-Kreislauf-
vorgaben entwickelt. Außerdem arbeitet
der Hersteller daran, für den Kunden
aktiv Energie und Wasser einzusparen.
Beispielsweise durch Wasserhähne, die
so eingestellt sind, dass bei Mittelstel-
lung des Hebels kaltes Wasser und nicht
lauwarmes fließt. Auch so kann man
Anreize schaffen.
Fuhr sieht die wachsende Kreislauf-
wirtschaft als Zukunftsmarkt, schränkt
aber ein: „Damit sich wirklich etwas tut,
müsste die Regierung klare Ziele und
Zeitrahmen vorgeben“, sagt der Co-Chef
des Armaturenherstellers. Denn dass die
Menschen freiwillig zu einem teureren
Produkt greifen, nur weil es nachhaltig
ist, glaubt er nicht. Immerhin enthält die
Ampel in ihrem Koalitionsvertrag bereits
einen ambitionierten Passus zur Kreis-
laufwirtschaft. Jetzt muss sie die Gesetze
dazu nur noch liefern. n

»
Beim Thema
Recycling sind
wir bestenfalls
europäischer
Durchschnitt

«


Henning Wilts,
Kreislaufwirtschafts-
experte am Wuppertal
Institut

Langer Prozess Die alten
PET-Flaschen werden
in der Anlage sortiert, da-
nach gereinigt, gemahlen
und geschmolzen

Echte Innovation
Die Blumentöpfe bestehen
aus Hanit. So nennt die
Firma Hahn das Material,
das sie aus gebrauchten
Kunststoffen herstellt

Unser Beitrag zur


Verzehrswende.


Wir übernehmen Verantwortung und arbeiten täglich daran, unser Sortiment klimafreundlicher zu machen.
Folge dem Herzen und wähle, was dir gut schmeckt und dazu noch gut für die Umwelt ist – wie unsere
große vegane Vielfalt. So können wir gemeinsam unseren Alltag nachhaltiger gestalten.

Verzehrswende.



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      • Titel/Objekt: Focus






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