Focus - ALE (2022-04-30)

(EriveltonMoraes) #1
KULTUR

78

B


eim Stichwort Holly­
wood denkt man an
Glamour und kalifor­
nische Sonne, an strah­
lende Stars in De sig­
nerroben auf roten
Teppichen. Aber man
hat nicht unbedingt Elisabeth Moss im
Sinn. Dabei ist die 39­jährige Schauspie­
lerin längst ein Star, einer mit einem
unschätzbaren Startkapital: Sie stammt
aus Los Angeles.
„Wenn du in dieser Stadt aufwächst,
in der fast alle Auditions stattfinden, ist
das natürlich ein Vorteil“, sagt Moss. Mit
acht Jahren stand sie das erste Mal vor
der Kamera, mit 18 hatte sie bereits mehr
als 20 Kino­ und Fernsehproduktionen
absolviert. Um dann eine „ganz anders
gerichtete Entscheidung“ zu treffen: In
einem Alter, in dem die meisten Schau­
spielaspiranten erst in der Filmmetro­
pole aufschlagen, zog sie nach New York.
Versuchte sich zunächst mit Ballett und
Tanz, bevor sie sich wieder ganz ihrer
alten Leidenschaft widmete. Erst einmal
auf Off­Broadway­Bühnen und in kleinen
Indiefilmen.
Inzwischen hat Elisabeth Moss zwei­
mal den Golden Globe und den Prime­
time­Emmy gewonnen. Sie ist ein echter
Hollywoodstar, nur ein etwas anderer. Zur
Ikone wurde sie durch ihre Hauptrollen
in den wegweisenden Serien „Mad Men“,
„Top of the Lake“ und vor allem „The
Handmaid’s Tale: Der Report der Magd“.
Oder durch ihre Parts in Kinohits wie „The
Square“, „Wir“ und „Der Unsichtbare“.

Die multiple Mrs. Moss
Es sind meist wenig glamouröse Figuren,
die sie darin zeichnet, oft düstere Cha­
raktere, gequälte Seelen. Aber gemein
ist allen, dass sie kämpferische Naturen
sind, Frauen, die mit sich und eben auch
der Welt ringen. Es sind letztlich feminis­
tische Filme, die sich aber eher an den
Realitäten reiben, als nur lila Fantasien
auszumalen.
Wie eine Verdichtung all dieser Momen­
te wirkt nun ihre neue Serie „Shining
Girls“ (Apple+), die sie nicht nur durch
ihre Bildschirmpräsenz prägt, sondern die
sie teils auch inszeniert und produziert
hat. Was sie als Kreative genauso interes­
siert wie als Zuschauerin, sind „normale
Figuren in außergewöhnlichen Umstän­
den“, sagt Moss, die per Zoom aus ihrer
Wahlheimat New York zugeschaltet ist. Sie
hat sich für das Interview ein rotes Kleid

Der etwas andere Hollywoodstar: Elisabeth Moss ist die


Spezialistin für menschliche Abgründe. In ihrer neuen Serie


„Shining Girls“ bringt sie ihren eigenen Killer zur Strecke


Die Zwielichtige


TEXT VON HARALD PAULI

Mad Woman
Elisabeth Moss liebt
ambivalente Frauen-
rollen. Berühmt
wurde sie als toughe
Sekretärin Peggy
Olson in der
60er-Jahre-Serie
„Mad Men“
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