Der Spiegel - ALE (2022-05-07)

(EriveltonMoraes) #1

Nahgezählt Nr.^19 / 7.5.2022DER SPIEGEL^23


Inszeniete Angriffe?


PROPAGANDA Der Verfassungs-
schutz warnt vor möglichen
Provokationen Russlands bei
den Feierlichkeiten zum Ende
des Zweiten Weltkriegs in Ber-
lin. Laut einem internen Bericht
der Sicherheitsbehörden liegen
Hinweise vor, dass am Sonntag
oder Montag Übergriffe auf
prorussische Demonstranten
inszeniert und anderen in die
Schuhe geschoben werden
könnten – etwa ukrainischen
Aktivisten. Hinterher könnten
diese »False Flag«-Attacken von
Russland medial ausgeschlach-
tet werden. In einem vom russi-
schen Propagandakanal RT DE
verbreiteten Artikel wurde be-
reits behauptet, dass »ukraini-


sche Nationalisten« am »Tag
des Sieges« in Berlin angeblich
einen Anschlag vorbereiteten.
Zudem hat Russland Deutsch-
land in mehreren Schreiben auf-
gefordert, die Gedenkfeiern und
die sowjetischen Ehrenmäler zu
schützen. Sollte es zu Gewalt-
taten kommen, könnte Russland
den deutschen Behörden Vor-
würfe machen, zu wenig unter-
nommen zu haben, heißt es in
dem Papier. Die Berliner Poli-
zei hat indes angekündigt, am


  1. und 9. Mai mit einem Groß-
    aufgebot präsent zu sein. Pro-
    russische und proukrainische
    Demonstranten sollen streng
    voneinander getrennt werden.
    Unter anderem soll das Zeigen
    des russischen Z-Kriegssymbols
    streng geahndet werden. SRÖ


Fehler im System


SCHUTZSUCHENDE Dass sich
Gefl üchtete aus den ukraini-
schen Kriegsgebieten nur
schleppend in Deutschland re-
gistrieren konnten, hat viel mit
IT-Problemen zu tun. So erklärt
das bayerische Innenministe-
rium auf Anfrage, dass es bei
den vom Bund gestellten Regis-
trierungsgeräten »immer wieder
zu Systemunterbrechungen« ge-
kommen sei. Auf die »Stabilität
der benötigten Systeme« habe
die Landesregierung »keinen
Einfl uss«, die bei der Bundes-
druckerei bestellte Hardware
treffe nur »sukzessive« ein.
Mittlerweile werde in den baye-
rischen Ankunftseinrichtungen
sieben Tage pro Woche »von


früh morgens bis in die Nacht«
registriert, heißt es seitens des
Ministeriums, auch mithilfe der
Landespolizei. Das Bundesamt
für Migration und Flüchtlinge
stellt zusätzlich Personal für die
aufwendige Prozedur, bei der
unter anderem Fingerabdrücke
genommen werden und ein bio-
metrisches Foto gemacht wird.
Laut Zahlen des Bundesinnen-
ministeriums sind von den rund
600 000 seit Kriegsbeginn im
Ausländerzentralregister erfass-
ten Ukrainerinnen und Ukrai-
nern erst 216 000 »vollständig
mit biometrischen Merkmalen
registriert«. An der vollständi-
gen Registrierung und den Auf-
enthaltserlaubnissen arbeiteten
»die zuständigen Länder und
Kommunen mit Hochdruck«. FRI

DER GESUNDE MENSCHENVERSTAND

Patei der Shnaksler


Von Markus Feldenkirchen

D


ie Ehe und die traditio-
nelle Familie waren der
CSU seit je heilig.
Kaum jemand setzte sich so
konsequent und so leiden-
schaftlich für sie ein. Wer et-
was anderes behauptet, ist ein
hinterfotziges Schandmaul.
Gut, nicht allen Christso-
zialen war die Ehe jederzeit
heilig. Aber das sind unbedeu-
tende Einzelfälle. Der frühere
bayerische Ministerpräsident
Franz Josef Strauß soll eine
Affäre mit einer 17-Jährigen
gepfl egt haben und wurde An-
fang der Siebzigerjahre im
Rotlichtmilieu gesichtet –
ganz ohne Ehefrau Marianne.
Aber auch das war gewiss nur
ein Ausrutscherl.
Auch dass der heutige Mi-
nisterpräsident Markus Söder
vor seiner heutigen Ehe ein
uneheliches Kind mit einer
Affäre zeugte, die er einst in
einem Nürnberger Sonnenstu-
dio kennenlernte, sollte man
nicht überbewerten. Ein Ein-
zelfall war natürlich auch das
uneheliche Kind von Horst
Seehofer, der sich nach lan-
gem öffentlichen Hin-und-
hergerissen-Sein schließlich
doch für seine Ehefrau ent-
schied – zum wiederholten
Male gewissermaßen. Die Lis-
te ließe sich fortsetzen. Auch
das Doppelleben von Ex-
CSU-Chef Theo Waigel mit
Ehefrau Karin einerseits und
der Ex-Skirennläuferin Irene
Epple andererseits gilt bis
heute als klarer Einzelfall.
Und trotzdem hat man den
dumpfen Verdacht, als würde
in der CSU, um eine berühmte
»Fürstin« aus Bayern zu zitie-
ren, ganz einfach furchtbar
gern geschnackselt. Zumin-
dest außerehelich.
Der allerjüngste Einzelfall
ist der bisherige General-
sekretär der CSU, Stephan
Mayer. Als die »Bunte«, das
Fachmagazin für uneheliche

Kinder aller Art, über ein an-
geblich uneheliches Kind be-
richtete, soll Mayer dem Re-
porter am Telefon nicht nur
freundliche Sachen gesagt ha-
ben: »Ich werde Sie vernich-
ten«, zum Beispiel. Oder:
»Ich werde Sie ausfi ndig ma-
chen, ich verfolge Sie bis ans
Ende Ihres Lebens.« 200 000
Euro Schmerzensgeld wollte
Mayer angeblich auch noch
überwiesen bekommen.
Zur Vermeidung künftiger
Einzelfälle wäre nun ein Stra-
tegiewechsel angebracht. Um
sich all die Schmerzen, Aus-
raster und Unannehmlichkei-
ten in Zukunft zu ersparen,
sollte die CSU eventuell um-

denken und mit der Zeit ge-
hen. Einfach aus der Not eine
Tugend machen, in die Offen-
sive kommen. Schluss mit der
heimlichen Fremdschnackse-
lei, stattdessen freie Liebe im
Freistaat.
Die Blaupause ist längst
vorhanden. Sie stammt von
einer Frau, die ebenfalls mal
CSU-Vorsitzende werden
wollte. Die ehemalige Fürther
Regionalpolitikerin Gabriele
Pauli (der Boulevard nannte
sie »Latex-Landrätin«) kandi-
dierte damals mit dem damals
verstörenden Vorschlag einer
Ehe auf Probe. Nach sieben
Jahren wäre automatisch
Schluss. Es sei denn, die Ehe-
partner würden sich über eine
Verlängerung einig, dann folg-
ten weitere sieben Jahre.
Es könnte eine Win-win-
Situation sein. Die Partei könn-
te endlich auch in urbanen,
polyamourösen Milieus at-
traktiver werden – und dem
eigenen Personal manche
Peinlichkeit ersparen.

Niht allen Christ-
sozialen war die Ehe
jederzeit heilig.
Aber das sind unbe-
deutende Einzelfälle.

An dieser Stelle schreiben Anna Clauß, Markus Feldenkirchen und
Alexander Neubacher im Wechsel.

19.025 Verschreibungen
genehmigte die TK bislang. Die am
häufigsten verschriebenen Apps:

Nachgezählt


Gesundheits-Apps (DiGA) auf Rezept
in Deutschland



  • Die App wurde am 4. April 2022 aus dem DiGA-Verzeichnis gestrichen.
    S◆Quelle: Techniker Krankenkasse (TK), Bilanz ab der Einführung im Okt. 2020 bis Dez. 2021,
    Abrechnungsdaten von rund 16.000 TK-Versicherten, 244 befragte Nutzer


3947

Rücken-
schmerzen

3450

Tinnitus

2524

Migräne

2434

Adipositas

2211

Schlaf-
störungen

Somnio Zanadio M-sense* Kalmeda Vivira

Nur 4 % aller Ärzte haben bislang DiGA-Rezepte ausgestellt.

19 % der Nutzer
sind von der Wirksamkeit
voll und ganz überzeugt,
43 % zumindest
tendenziell.
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