DEUTSCHLAND
Nr. 19 / 7.5.2022DER SPIEGEL 41
le Geschäfte. Wie aus der Entschei-
dung der Haftrichterin hervorgeht,
soll Osmani das Restaurant sowie
weitere Firmen genutzt haben, um
Millionen schmutzigen Geldes zu wa-
schen. Auch der Geschäftsführer des
Ritzi und die Managerin des Hotels
in Palma wurden festgenommen.
Letztere, so ein Polizist, sei eine
Strohfrau, wie sie im Buche stehe.
Früher habe sie bei Osmani geputzt.
Der Glanz, die Promis – alles nur
Show?
»Die Einzigen, die eine riesige
Show veranstalten, sind die Ermitt-
ler«, sagt Jaime Campaner. Der
Rechtsanwalt empfängt in seiner
Kanzlei in der Altstadt von Palma.
Campaner, ein eleganter Mann Ende
dreißig, spricht geschliffenes Englisch.
Er gilt als einer der gewieftesten Ad-
vokaten Spaniens. Neben Bashkim
Osmani vertritt er zurzeit auch den
FC Barcelona.
Die Polizisten hätten einfach Be-
richte ausländischer Behörden zu-
sammengerührt und sich auf den be-
kannten Namen Osmani gestürzt, so
Campaner. »Es gibt keinerlei Bewei-
se für die Vorwürfe. Schon gar nicht
für Drogenhandel, der nicht einmal
Teil des Haftantrags ist.« Die Ermitt-
ler verwechselten »intelligence«, In-
formationen vom Hörensagen, mit
»evidence«, echten Beweisen.
»Sie sagen, Mitarbeiter meines
Mandanten hätten regelmäßig hohe,
runde Bargeldbeträge auf verschie-
dene Bankkonten eingezahlt«, sagt
der Anwalt. »Aber die Zahlen stim-
men mit den Bilanzen seiner Firmen
überein.« Außerdem werde Osmani
zur Last gelegt, er kenne Drogendea-
ler. »Das gilt denen als Beweis. Das
ist ein Witz.« Warum aber machte
sein Mandant eine ehemalige Putz-
frau zur Hotelchefin? »Die Dame, die
Sie meinen, ist eine sehr effiziente
Managerin«, sagt Campaner.
Osmani, der Saubermann. Tat-
sächlich blieben Ermittlungen in der
Vergangenheit meist folgenlos. In
Deutschland reagieren Beamte, die
sich lange mit der Familie beschäfti-
gen, inzwischen genervt, wenn sie
deren Namen hören. Sie denken bei
den Osmanis an die »Champions
League« der Organisierten Krimina-
lität in Europa. Ein Vorwurf, den die
Familie empört zurückweist.
Die Verbindungen des Clans reich-
ten bis in höchste Regierungskreise
mancher Balkanländer, sagen Fahn-
der. Casinos, Hotels, Restaurants, Im-
mobilien, Grundstücke, sogar ein
Unternehmen für die Vermittlung von
Fußballprofis: Das Portfolio sei viel-
fältig, die Investitionen schwer zu
überblicken. »Sie betreiben sehr pro-
fitable, saubere Geschäfte und müs-
sen sich eigentlich nicht mehr selbst
die Hände schmutzig machen«, sagt
ein Beamter.
Nur selten gelang es in den ver-
gangenen Jahrzehnten, den Osmani-
Brüdern illegale Machenschaften
nachzuweisen. Auch der Bundes-
nachrichtendienst (BND) befasste
sich mit dem Clan. 2003 nahmen die
Agenten in einer vertraulichen Ana-
lyse zur kosovo-albanischen organi-
sierten Kriminalität den Osmani-Clan
als mögliche »Schlüsselgruppe eines
transnational agierenden Rauschgift-
netzwerkes« ins Visier. Man verfüge
über »operative Zugänge« im Umfeld
der Familie.
Doch im Ergebnis blieb kaum et-
was von Substanz: mutmaßliche Kon-
takte einzelner Familienmitglieder zu
Heroin- und Kokainschmugglern,
internationale Vernetzung, Geraune
von US-Behörden. Nachrichten-
dienstlich interessant, aus Sicht von
Strafverfolgern für die Tonne. Sofern
in dem BND-Papier von Rauschgift-
handel die Rede sei, seien diese
Behauptungen »erwiesenermaßen
falsch«, ließ ein Anwalt der Familie
nach Bekanntwerden der Analyse
mitteilen.
Trotzdem sorgte das Papier in
Hamburg für einen Skandal. Denn in
den Zweitausenderjahren waren die
Osmanis in der Lokalpolitik bestens
verdrahtet, wie die Presse heraus-
fand. Ein Ex-Bausenator der rechts-
populistischen Schill-Partei war im
Zusammenhang mit einem Osmani-
Grundstück als Lobbyist tätig – und
sprach in der Sache sogar mit dem
damaligen Ersten Bürgermeister Ole
von Beust (CDU). Ein CDU-Bezirks-
abgeordneter machte sich für ein Os-
mani-Bauprojekt stark. Und mit
einem einstigen Geschäftsführer einer
Osmani-Gaststätte wusste der Clan
eine Zeit lang sogar einen Vertrauten
in der Hamburger Bürgerschaft.
Die Inhalte des BND-Berichts wa-
ren unangenehm für die Osmanis.
Noch mehr aber für die Hamburger
Politik. In Berlin setzte sich 2006 der
Bundestagsabgeordnete Olaf Scholz
(SPD) für Aufklärung in der Causa
Osmani ein. Besonders erfolgreich
war das nicht.
Wirklich ernst wurde es für die Os-
manis bald darauf in anderer Sache.
Nach aufwendigen Ermittlungen ge-
lang es Polizisten, ein Finanzgeschäft
des Clans zu durchleuchten. Die Er-
mittler konnten nachweisen, dass
Bashkim Osmani und ein älterer Bru-
der daran beteiligt waren, eine Pro-
vinzbank in Schleswig-Holstein mit-
hilfe eines korrupten Direktors zu
betrügen. Über Strohleute erschli-
chen sich die Brüder Kredite in Höhe
von zig Millionen Euro. Die Darlehen
wurden etwa an Kellner, Hausmeister
und Drittligafußballer ohne ausrei-
chende Sicherheiten gezahlt. Doch in
Wirklichkeit soll das Geld in Baupro-
jekte der Osmanis geflossen sein.
Das Hamburger Landgericht ver-
urteilte die angeklagten Brüder im
Jahr 2008 zu mehrjährigen Freiheits-
strafen. »Das war das erste Mal, dass
wir sie nach vielen Jahren dahin be-
kommen haben, wo sie hingehören:
zum Strafrichter«, triumphierte Tho-
mas Menzel, ehemaliger Chef des
Landeskriminalamts, in den Medien.
Die Freude währte nur kurz. Die Re-
vision des Bruders zog sich hin, der
Bundesgerichtshof entdeckte einen
Verfahrensfehler, sein Strafmaß wurde
1 | Bashkim-Osmani-
Villa auf Mallorca
2 | Kosovo-Albaner
Osmani mit mutmaß-
lichen Drogen dealern
im Ritzi
3 | Verteidiger
Campaner
1
2
3
Marcus Simaitis / DER SPIEGEL
DER SPIEGEL
Marcus Simaitis / DER SPIEGEL