Der Spiegel - ALE (2022-05-07)

(EriveltonMoraes) #1

92 DER SPIEGELNr. 19 / 7.5.2022


WISSEN


Der Raum sieht aus wie die Installation eines modernen Künstlers, dient in Wahrheit aber der Kalibrierung autonom fahrender Taxis. Die
Fahrzeuge werden mittels der Pixelzeichen auf den Einsatz in Chinas Hauptstadt Peking vorbereitet. Ob das klappt, wird sich in den
kommenden Monaten erweisen. Zur Sicherheit wird zunächst ein Mitarbeiter des Taxidienstes Apollo Go an Bord bleiben, um im Notfall
eingreifen zu können. Bis 2030 möchte der Anbieter seinen Service in 100 chinesischen Städten anbieten.


Sensible Phase


ANALYSE Wie lassen sich Kinder vor Weichmachern
und anderen Schadstoffen schützen?

Es waren besorgniserregende Nachrichten, besonders für Eltern.
Wie das Umweltbundesamt (UBA) vergangene Woche nach
einem Studienprojekt mit mehr als 10 000 Teilnehmern mitteilte,
sind Europas Kinder und Jugendliche bedenklich mit Weich-
machern und perfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) belastet.
Laut UBA können »gesundheitliche Wirkungen nicht mehr mit
ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden«.
Die Ergebnisse der Studie seien »mindestens besorgniserre-
gend«, sagt die UBA-Toxikologin Marike Kolossa-Gehring.
Vor allem die PFAS müssten grundsätzlich verboten werden. Nur
in wenigen Bereichen, in denen sie unersetzlich seien, sollten
sie weiterverwendet werden dürfen, zum Beispiel in Feuer-
löschschäumen. Strengere Regeln seien wichtig. Auch weil die
Forschung die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen
Stoffen noch nicht sicher einschätzen kann.

Der Toxikologe Carsten Schleh, Autor des Buchs »Vorsicht,
da steckt Gift drin!«, sieht das ähnlich – besonders mit Blick
auf Kinder. Sie befänden sich in einer »sehr sensiblen hormonel-
len Phase« ihres Lebens. Es sei »schlicht unverantwortlich«,
bei den Schadstoffbelastungen über mög liche Risiken hinwegzu-
sehen. Dennoch sieht der Wissenschaftler aus Bayern »keinen
Grund für Alarmismus«, weil es vergleichsweise einfache Strate-
gien gebe, sich und seine Kinder zu schützen. Sinnvoll sei es,
den Nachwuchs nicht aus Plastikbechern oder -flaschen trinken
zu lassen, sondern aus Glas- und Metallprodukten. Coffee-
to-go-Becher und Imbissverpackungen, aus denen Schadstoffe
in den fettigen und deswegen besonders aufnahmefähigen
Burger oder die Currywurst gelangen könnten, sollten ebenfalls
gemieden werden.
»Am besten, man isst vor allem saisonal, regional und öko-
logisch«, sagt Toxikologin Kolossa-Gehring. Bei Fertigprodukten
wisse der Verbraucher nie genau, was drinstecke. Ein großer
Teil sei vielfach aufbereitet, und bei den Verarbeitungs- und Ver-
packungsschritten könnten Schadstoffe in das Produkt gelangen.
Wie im Kampf gegen Corona empfiehlt die Wissenschaft, zwei-
mal am Tag zu lüften, damit belasteter Hausstaub entweichen
kann. Guido Kleinhubbert

Noel Celis / AFP
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