LESERBRIEFE
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BLINDBLIND TITEL
28 FOCUS 18/2022 29 Foto: Andreas Chudowski/laif
POLITIK
TEXT VON MARC ETZOLD, JAN-PHILIPP HEIN, REINHARD KECK, SEBASTIAN MOLL UND MARCEL WOLLSCHEID
Einst war das Schweigen seine Stärke, jetzt ist es seine größte Schwäche. Olaf Scholz scheitert daran, den
eine Zeitenwende an und laviert dann rum? Annäherung Deutschen seine Politik zu erklären. Wieso kündigt er
an einen Mann, der seine Rolle nicht gefunden hat
Der Ungreifbare
Packt er das? Im Wahlkampf präsentierte sich Olaf Scholz, 63, als
führungsstarker Macher. Im fünften Monat seiner Kanzlerschaft vermissen
jedoch viele bei ihm genau das: Führung
Sehr befremdlich
(18/22) Der Ungreifbare/
Ist Olaf Scholz ein guter
Bundeskanzler?
Auf Putins inszenierte ato-
mare Drohkulisse ist Scholz
viel zu lange hereingefallen.
Vielleicht war sie auch nur
das bizarre Alibi für seine frag-
würdige Passivität bei Waffen-
lieferungen.
Christoph Schönberger,
52074 Aachen
Olaf Scholz ist ein guter
Kanzler, da er sich nicht an
dem allgemeinen Kriegsge-
schrei beteiligt, sondern ruhig
und bedacht agiert – so wie es
ihm sein Schwur abverlangt.
Hans Albert
per Mail
Ich bin kein Scholz-Fan. Nur,
wie man ihn zu Liefe rungen
schwerer Waffen drängt, fin-
de ich, vorsichtig ausgedrückt,
sehr befremdlich. Ob Syrien,
Afghanistan, Irak, Jemen – wo
hat das genützt?
Mike Pfeiffer,
06773 Gräfenhainichen
Post vom Leserbeirat
Wenn so Führung aussieht,
dann habe ich wohl bisher fal-
sche Vorstellungen von dem
Gespräch. Meiner Meinung
nach wäre es doch sehr viel
sinnvoller, ihn quasi „totzu-
schweigen“ und aus allen
Medien herauszuhalten. Hät-
te das nicht einen wesentlich
größeren Erfolg?
Insgesamt hat er einfach zu
viel falsch gemacht.
Martin Schildmann,
88250 Weingarten
Feindstaat Deutschland
(18/22) Bedingt hilfsbereit
Im Dickicht der Teilwahrhei-
ten geht es längst nicht nur um
Schwarz oder Weiß, sondern
auch um geltendes Recht. Und
wie bekannt, wird dieses gern
unter einem diffusen Schleier
divers interpretiert. So unter-
liegt zum Beispiel Deutsch-
land als Hauptgegner des
Zweiten Weltkriegs nach wie
vor der sogenannten UN-
Feindstaatenklausel. Sie legi-
timiert jedes sich von Deutsch-
land bedroht sehendes Land
zum militärischen Eingreifen
–auch ohne UN-Mandat.
Als Siegermacht, UN-Grün-
dungs- und Vetomacht besitzt
Russland also jegliche Kompe-
tenz, dieses Recht für sich in
Anspruch zu nehmen ...
Martin Hartmann,
64832 Babenhausen
Begriff gehabt. In meinen
Augen sieht unser Bundes-
kanzler gerade ganz farblos
aus. Bereits bei der Impfpflicht
hat er versagt, und jetzt im
Ukrainekrieg wirkt er gera-
dezu hilflos und überfordert.
Sein Schweigen oder besser
Wegducken stößt nicht nur bei
der eigenen Bevölkerung auf
Unmut. Auch im Ausland, vor
allem bei unseren osteuropäi-
schen Nato-Bündnispartnern,
löst sein Verhalten, sagen wir
mal, Erstaunen aus. Ich wün-
sche mir von einem Kanzler
klare Worte und kein ängst-
liches Zaudern. „Reden ist
Silber, Schweigen ist Gold“ –
stimmt eben nicht immer.
Janett Peschel,
49377 Vechta
Besser totschweigen
(18/22) Putins Lieblings-
kanzler
Gerhard Schröder bekommt
viel mehr Aufmerksamkeit,
als er verdient hat. Auf die-
se Weise bleibt er zu sehr im
Olaf Scholz,
neue
Einsichten
und das
Feedback
unserer
Leser
Das fünfte Gebot
(18/22) „Jene, die den Tod
wollen, werden nicht siegen!“
Das fünfte Gebot lautet im
Deutschen gemeinhin „Du
sollst nicht töten“. Doch liegt
dem ein Übersetzungsfehler
zugrunde. Im hebräischen Ori-
ginal der Tora wird im fünften
Gebot nicht das Verb „harag“
(„töten“), sondern das Verb
„ratsah“ („morden“) verwen-
det. Das fünfte Gebot verbie-
tet somit nur verbrecherische
Tötungshandlungen.
Wenn Angehörige der Bun-
deswehr im Einklang mit dem
Kriegsvölkerrecht handeln,
verstoßen sie folglich nicht
gegen das fünfte Gebot. Man
kann also durchaus Christ sein
und Menschen töten. Ob man
dies dann mit dem eigenen
Gewissen vereinbaren kann,
steht natürlich auf einem ganz
anderen Blatt.
Michael Pfeiffer,
73765 Neuhausen auf den Fildern
Nicht so einfach
(18/22) „Schwäche provoziert
Putin, nicht Stärke. Stärke
schreckt ab“
Der Ex-Außenminister von
Polen, Radek Sikorski, sollte
seine Weisheiten denen zur
Verfügung stellen, die aktuell
ums Überleben kämpfen und
versuchen, eine noch größe-
re Katastrophe zu verhindern.
Wenn es so einfach wäre, in
Putins Kopf zu schauen, hätte
das Töten längst ein Ende.
Martin Schebler,
45277 Essen
DIfferenzierte Ansichten
Die FOCUS-Leser diskutier-
ten diese Woche vor allem
die Führungsstärke des
Kanzlers und die Lieferung
schwerer Waffen. Die Mei-
nungen waren bei beiden
Themen sehr konträr
„Eine gute Kanzlerpolitik
sieht klar anders aus!“
Siegfried Wache, 31675 Bückeburg