WIRTSCHAFT
Immobilien-
Happy-End
Das Paar wech-
selte die Hei-
zungsventile,
setzte neue
Fenster vor
die Einfachver-
glasung und
erneuert jetzt
das Dach. Die
beiden würden
ihr Haus wieder
kaufen, sind
aber froh, das
vor dem Zinsan-
stieg geschafft
zu haben. „Ab-
zureißen wäre
uns bei so einem
schönen Altbau
nicht in den Sinn
gekommen.“
Die Zeit des billigen Gelds
ist erst mal vorbei. Wer
seine Immobilie per
Kredit finanziert, muss
also genau kalkulieren.
Und: Kosten lassen sich
noch immer drücken
Kaufen,
wenn die
Zinsen
steigen –
so geht es
essica Ullrich und Hen-
ning Sievert sind die
Immobilien-Glückspil-
ze der Nullzinsphase:
Die beiden Hamburg-
Flüchtigen fanden nicht
nur ein wahres Haus-
schnäppchen auf dem
Land in Nortorf, auf halber Strecke
nach Flensburg, für 260 000 Euro
(fast 1300 qm Grund, 6 Zimmer,
140 qm Wohnfläche, Baujahr 1912
ohne Sanierungsstau), in das sie
voriges Jahr auch noch einziehen
konnten. Sie ergatterten auch
noch eine Null vor dem Komma für
ihre Finanzierung: 110 000 Euro
Eigenkapital brachten sie mit,
den Rest finanzierten sie als klas-
sisches Volltilgungsdarlehen über
zehn Jahre mit 0,67 Prozent effek-
tivem Jahreszins bei der ING-
Bank, Monatsrate 1580 Euro.
Weil beide arbeiten, packen sie
das gut. „Es ist schon eine tolle
Aussicht für die Lebensplanung,
wenn man davon ausgehen kann,
dass wir mit Anfang 40 unser
Haus komplett abbezahlt haben
werden“, sagt Henning Sievert.
Heute wären dafür 2,3 bis fast vier
Prozent zu bezahlen, die Monats-
raten reichen an die 2000 Euro
heran. Eine solche Steigerung
könnte viele Hausbau-Träume
platzen lassen. „Wer jetzt finan-
ziert, braucht Geld und Nerven“,
kommentiert der Finanzberater
Max Herbst den Trend.
So viel teurer ist es heute
Die Bauzinsen orientieren sich
an der Renditeentwicklung der
zehnjährigen Bundesanleihe, mit
der sich Finanzminister Christian
Lindner (FDP) Geld borgt. Und die
ziehen in Zeiten hoher Inflations-
raten an: „Kein Investor ist schließ-
lich bereit, bei einer Teuerungs-
rate von mehr als sieben Prozent
sein Geld für weniger als ein Pro-
zent Zinsen zu verleihen“, so Max
Herbst. Der Staat müsse also mehr
bieten. „Die Renditen der Bun-
desanleihen steigen – und mit
ihnen die Bauzinsen.“
Der Effekt: Seit Weihnachten
kletterten die Kosten für ein Dar-
lehen mit zehnjähriger Zinsbin-
dung auf mehr als das Doppelte.
Der mittlere Zinssatz sprang von
0,9 auf 2,35 Prozent. Und ein Ende
sieht der Finanzberater nicht:
„Zinssätze von vier Prozent sind
in diesem Jahr keine Schwarz-
malerei, sondern sehr realistisch.“
Die hohe Inflation ist nur ein Teil
der Ursache. Die Banken schla-
gen noch Verwaltungs-, Risiko-
und Bearbeitungskosten sowie
ihre Marge obendrauf. Außerdem
müssen sie, wie von der Finanz-
aufsicht Bafin gefordert, ihre
Eigenkapitalquote aufstocken.
Auch das bezahlt am Ende der
Baufinanzierungskunde. Der Kre-
dit verteuert sich zusätzlich. Im
Finanzierungsvergleich von Max
Herbst verlangen heute schon
sechs von 46 Anbietern mehr als
drei Prozent. Eine Zeitbombe tickt
dabei für alle, deren Finanzierung
bald ausläuft und die ihren Kre-
dit noch nicht vollständig tilgen
konnten. Sie benötigen eine neue
Kredit-Runde. Das Portal Immo-
welt kalkulierte für eine realis-
Ein gutes Timing für
ihren Hauskauf hatten
Jessica Ullrich und
Henning Sievert voriges Jahr