TITEL
tisch teure 80-Quadratmeter-Woh-
nung in München (800 000 Euro;
2,5 Prozent Tilgung) allein bei ei-
nem Zinssprung auf drei Prozent
bereits mit Mehrkosten von über
1000 Euro pro Monat. Finanzbe-
rater Herbst rät deshalb, sich für
Anschlusskredite die noch günsti-
gen Forward-Darlehen zu sichern
- im Zweifel sogar für mehrere
Jahre im Voraus.
Wieder wichtig: Eigenkapital!
Einige Tipps, um die Kosten einer
Immobilienfinanzierung dennoch
im Zaum zu halten, funktionieren
aber weiterhin:
- Erst das Grundstück kaufen,
danach bauen. Das spart zu-
nächst schon Baunebenkosten
(Steuer, Makler). Der Baugrund
kann dann der Bank als höher
bewertete Sicherheit für das
Gebäude dienen, und das wird
oft mit Zinsabschlägen in Höhe
von ein paar Zehntel-Prozent-
punkten belohnt. - Alles Eigenkapital aufspüren.
Dazu zählen Bargeld, Tages-
und Festgelder, Wertpapiere,
Lebensversicherungen, zutei-
lungsreife Bausparverträge,
angesparte Riester-Renten, Dar-
lehen vom Arbeitgeber, Wert-
gegenstände wie Gemälde und
Münzen oder Eigenleistun-
gen, die man bei Hausbau/Sa-
nierung erbringen möchte. Je
mehr Eigenkapital man aufspürt,
desto geringer das Risiko für
die Bank. - Finanzierung splitten. Falls man
in ein paar Jahren eine grö-
ßere Geldsumme erwartet (Aus-
zahlung Lebensversicherung,
Erbe), sollte man einen Teil
der Finanzierungssumme auch
nur über eine entsprechend
kürzere Laufzeit abschließen.
Das drückt die Zinssätze eben-
falls. - Zinsen rauf, Kaufsumme runter.
Das funktioniert bei Erbpacht-
Verträgen. Man spart sich die
Kaufsumme ganz oder teilwei-
se, dafür sind höhere Zinsen zu
zahlen. Günstige Angebote gibt
es bei Kommunen oder Liegen-
schaftsverwaltungen. mk
sieht das Institut vor allem in Ballungs-
räumen.
Eine Auswertung des Pestel-Instituts
aus Hannover zeigt in einer Deutschland-
karte, wo der Wohnraum eng ist: eigentlich
nur rund um Metropolen im Westen, in
Berlin sowie in Erfurt. Zwischen Sylt und
dem Bayerischen Wald registrierten die
Wohnungsforscher teilweise „starke Über-
hänge“ beim Immobilienangebot, ebenso
in Westfalen oder im Saarland. Eigentlich
jedes Bundesland bis auf Hamburg weist
demnach Kreise mit Überangebot auf.
Dazu passt ein unerwartetes Phänomen:
Überraschend stieg in den letzten Mona-
ten die Zahl der Leerstandsobjekte in
Deutschland an, zuletzt passierte das vor
14 Jahren. Die Analysefirma Empirica ver-
zeichnete allein im Dezember jedoch eine
Zunahme um 8000 verwaiste Einheiten im
Vergleich zu 2020. Das ist noch
nicht viel, aber ein Ausrufezei-
chen wert. Als mögliche Gründe
führen die Fachleute ein vorläu-
figes Ende der Urbanisierung
oder auch Verzerrungen durch
die Corona-Pandemie an.
Wohnen wir falsch?
Zwischen solchem Wahnwitz
und Utopie besuchen wir Anne-
liese Engelmann. Sie heißt in
Wahrheit anders, möchte ihren
Namen anonym halten. Die Mitt-
siebzigerin hat uns nach einem
Bericht über den Immobilien-
markt zu sich eingeladen, um
„ein sehr spezielles Problem“
in Augenschein zu nehmen.
Irgendwo zwischen Dortmund
und Bielefeld empfängt uns die
hochgewachsene Dame zwi-
schen Feldern und Wäldern in
einer palastartigen Villa mit 320 Quadrat-
metern Wohnfläche. „Da sehen Sie, wie es
hier ist“, sagt sie, stapft die opernhafte
Treppe in den ersten Stock und öffnet sie-
ben Zimmer. Die Möbel sind mit weißen
Tüchern verhängt. „Totale Platzverschwen-
dung“, schimpft sie. „Ich schlafe jetzt im
Gästezimmer im Erdgeschoss und dusche
nur noch im Gäste-Bad.“ Einem Studenten-
paar hatte sie vor Corona sogar den ersten
Stock für symbolische 100 Euro vermie-
tet, doch die wollten als Gegenleistung
nicht einmal den Rasen mähen und ver-
schwanden nach drei Monaten wieder. Dann
hat sich Frau Engelmann bei einem Gene-
rationenhaus in einer Kleinstadt als Mitbe-
wohnerin beworben, doch sie wurde auf-
grund ihrer höheren Alterseinkünfte nicht
einmal zur Bewerbung zugelassen. „Und
nun frage ich Sie: Was soll das, wenn die
falschen Leute in viel zu großen
Häusern wohnen und nicht raus-
kommen?“ Mit ein paar Freun-
den, denen es ähnlich geht, grü-
belte sie über eine Senioren-WG,
doch dann verwarf man den
Plan, „weil wir eben doch alle
auch etwas zickig sind“.
Wohn-Blockade nennt sich
das Phänomen, unter dem Frau
Engelmann leidet und das
die Krise noch verschärft. Das
Institut für Arbeit und Tech-
nik (IAT) fand in einer reprä-
sentativen Studie heraus, dass
60 Prozent aller Senioren tat-
sächlich eine Wohnraumverklei-
nerung anstreben, im Schnitt
um 23 Quadratmeter. Gelänge
dies, dann könnten allein in
Berlin 200 000 Wohnungen ab
100 Quadratmetern Wohn fläche
frei werden.
Deutschlands erstes
Recycling-Haus in Hannover.
Gedämmt mit alten Jutesäcken,
Türen vom Bauernhof
»Viele
Altbauten
werden nie
akzeptable
Energiewerte
erreichen«
Ralf Weitz,
Vorstand
Immo-Scout24
Fotos: Dennis Williamson, Gundlach Bau, Yves Sucksdorff