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Mythos Rindt
Steiermark Magazin 5 • 2017
FOTOS: WWW.PICTUREDESK.COM, BEIGESTELLT
Rindt-Ausstellung
Jochens Karriere, die Autos, seine
Familie und überhaupt sein ganz
kurzes Leben. Bis Oktober im
Postmuseum in Eisenerz.
Wo sich die emsigsten Fans zusam-
menfinden, dort materialisiert sich
die Ausstellung zu Rindts 75er,
manchmal können Dinge ganz ein-
fach sein. Wiewohl das einfach nicht
den Kern trifft, denn der Aufwand
dahinter ist enorm: Nicht nur
Rindts Karriere wird nachgezeich-
net, mit allen Stationen und ihren
Autos, mit allen Grand Prixs, mit
den Platzierungen, sondern auch
seine Mentoren und die Familie, aus
der er kam, und überhaupt das
Lebensgefühl der späten 60er, das
Jochen mitgeformt hat.
So gibt’s etliches aus Rindts Leben,
also Helme, Overalls, Handschuhe,
es gibt Programmhefte vieler Ren-
nen, an denen er teilnahm, im muse-
umseigenen Kino werden Filmdoku-
mente zu sehen sein, das schönste
davon aber wird aus einem origina-
len Fernseher der späten 60er flim-
mern: der Bericht vom Grand Prix
in Monaco 1970, und aus dem Laut-
sprecher wird der junge, aber doch
schon einigermaßen aufgeregte
Heinz Prüller zu hören sein.
Natürlich geht die Ausstellung
auch an die Wurzel der Rennsport-
begeisterung, die Jochen 1961 wäh-
rend der Maturareise mit Helmut
Marko erfasste, und sie zeigt alle
Autos, die Rindt fuhr – viele als
Modell, zwei in echt: eine Simca
Aronde, wie sie am Beginn von
Rindts Karriere stand. Und einen
Lotus 61 Formel Ford, den er
mitentwickelt hat. M.S.
ten mit, Onkel, Tanten, selbst meine
Großmutter. In der Schule haben wir
Kinder F1-Rennen gespielt. Wir wa-
ren Rindt (ich), Stewart, Brabham, Hill
und wir sind wie die Irren durch die
Klasse gerannt. Es gab Kaugummis mit
Bildern zum Sammeln und für ein
Rindt-Pickerl hat man 20 andere
Rennfahrer gekriegt. In meinem El-
ternhaus gab es kein Radio, ich habe
von Rindts Tod von der Nachbarin er-
fahren, die entsetzt aus dem Haus ge-
laufen ist und unter Tränen vom Un-
fall erzählt hat. Das Interesse der Er-
wachsenen an der Formel 1 war danach
schlagartig erloschen. Aber für mich
als Kind hatte Rindts Tod weitreichen-
de Folgen: Ich hatte mein Idol verlo-
ren, das spüre ich heute noch.“
Helmut Zwickl
Motorsportjournalist, Organisator der
Ennstal Classic (damals 31)
„Jochen schrieb für Edi Finger die letz-
ten Autogramme seines Lebens. Lucky
Schmidtleitner winkt Jochen zur Ka-
mera, gibt ihm das Mikrofon in die
Hand – Ansage für die TV-Sendung
Motorama. Die ersten Rennwagen fah-
ren raus. Jochen spricht seinen Text,
sehr unkonzentriert. Wann i wieder
kum, moch mas noamal ... – er gibt mir
das Mikro zurück. Jochen fährt los,
sucht sich einen Windschatten. Plötz-
lich wird es still. In Monza heißt das
Unheil. Jackie Stewart kommt: It’s Jo-
chen. Bernie taucht mit Jochens blut-
verschmiertem Helm auf. Momente,
die nie verblassen werden.“
Erich Glavitza
Motorjournalist und Stuntman (da-
mals 28)
„Ein wochenlanges Hoch über Le Mans
mit bis zu 30 Grad im Schatten hatte
die Dreharbeiten zum Stillstand ge-
bracht. Das Skript verlangte Regen.
Außerdem war der Riesenlaster Grand
Prix Medical Service in Monza – und
die Versicherung ließ uns ohne den
fahrbaren Operationssaal nicht auf die
Piste. Mit anderen Worten: Meine
Freundin Catherine musste mich auf
Trab halten. Gegen Abend fuhren wir
mit dem Motorrad zurück in die Film-
stadt Solar Village – Steve kam uns
entgegen: Your friend Jochen is dead
... Und nach einer Pause: Monza.“
Dieser Text erschien in der Ausgabe Mai
2017 der AUTOREVUE.
. Trauernde begleiteten Jochen Rindt auf dem Grazer Zentralfriedhof.
TOD im Formel-1-Boliden. Am
- September 1970 verun-
glückte Jochen Rindt beim
Training zum GP von Monza.
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