Fliegermagazin Juli 2017

(avery) #1

Gibt es denn Unterschiede zwischen
Mann und Frau im Cockpit? »Unterm Strich
nicht viele«, meint Rosa Höltken. »Manch-
mal meine ich, dass Frauen, die bei uns Flie-
gen lernen, selbstkritischer sind. Aber dann
trifft man wieder auf Männer, die genauso
ticken. Einige Frauen kommen später zu
uns im Vergleich zu Männern, das heißt:
wenn sie ihr Leben mit Familie und Job fer-
tig organisiert haben und sich Zeit für sich
selbst nehmen. Und dann erfüllen sie sich
ihren Traum«, erzählt die Fluglehrerin.
Immerhin – am Ende träumen doch
nicht nur Männer vom Fliegen? »Nein«,
sagt Rosa. »Vielleicht sind es nicht so viele
Frauen, die das tun – ich selbst wollte im-
mer schon fliegen. Aber wenn sie es tun,
dann ziehen sie das konsequent durch und
bleiben dran, auch gegen eventuelle Wider-
stände. Wie jeder Mensch, der sich etwas
fest vorgenommen hat.«


Besondere Hürden auf dem Weg zur
Fluglizenz musste Rosa Höltken selbst nicht
überwinden. »1975 habe ich den Segelflug-
schein gemacht, damit begann es. Ich war
zum Platz rausgefahren, um mir alles erklä-
ren zu lassen – was es kostet und wie lange
es dauert. Der Fluglehrer meinte nur: ›Wir
fliegen erstmal, und du schaust dir alles an.
Danach reden wir.‹«
Rasch ging es weiter, mit PPL, Schleppbe-
rechtigung, Nacht-VFR, der Lizenz zur Flug-
lehrerin, dann Kunstflug. Dumme Sprü-
che von Männern? »Nein, nicht wirklich.
Gut, einmal hieß es: ›Den Schein kriegste
eh nicht!‹, aber ich dachte dann einfach:
Wir werden sehen. Die meisten Männer
waren aber sehr hilfsbereit, und ich hatte
nicht das Gefühl, dass man es mir als Frau
schwer macht.« Allerdings waren 1975 weib-
liche Stimmen im Platzrundenfunk selten,
erzählt Rosa. »Das ist heute anders, ob im

Flieger, auf der FIS-Frequenz oder in der
Flugleitung. Und an manchen Tagen sind
hier in Rheine auch nur Frauen zu hören.«

S


o konnte es passieren, dass sich in
Rheine gleich drei Frauen mit drei
Flugzeugen an der Tankstelle trafen.
Ruth Haliti war eine der drei Pilotin-
nen, die damals für eine Frauenquote von
satten 100 Prozent an der Zapfsäule sorg-
ten. Sie muss heute noch über die Situation
schmunzeln. »Das war 2000, ich flog noch
ein UL. Ich rollte nichtsahnend zur Tanke,
an der schon zwei andere Maschinen stan-
den. Aus der einen stieg Rosa, aus der an-
deren Karin Bruchhausen – wir waren alle
gleichermaßen überrascht von so viel Frau-
enpower und mussten dann sehr lachen.«
Wer sich selbst ein Bild vom LSV Eschen-
dorf machen möchte: Einen Landegut-
schein gibt es diesem Heft auf Seite 59.

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