Fliegermagazin Juli 2017

(avery) #1
Die D-MFWR, in der wir sitzen, ist die
Produktionsnummer drei, die sich in ei-
nigen Punkten vom Serienflugzeug unter-
scheidet: Sie hat einen verstellbaren Pro-
peller, die Serienmaschine einen festen; die
Tankeinfüllstutzen sind auf den Sponsons,
den Stummelflügeln, mittlerweile befin-
den sie sich auf den Flügeln, und die Tanks
hat man so miteinander verbunden, dass
sie sich schneller befüllen lassen; das Ins-
trumentenbrett wurde neu gestaltet, das
ausfahrbare Wasserruder vergrößert und
die Rückstellkraft der Pedale per Federzug
optimiert, unsere Nummer drei hat noch
Gummizüge. Die grundlegenden Modifika-
tionen vom ersten bis zum dritten Prototy-
pen wurden in früheren Beiträgen ausführ-
lich beschrieben (fliegermagazin #12.2010
und #5.2016).
Gern wäre ich die serienkonforme Num-
mer vier geflogen, doch es kam anders: An

das Hauptfahrwerk zu
weit hinten? schoss es
mir durch den Kopf,
aber dann erinnerte
ich mich, dass sich die
abgestellte Maschine,
wenn man sie drehen
wollte, hinten leicht runterdrücken ließ,
damit das Bugrad freikam. Seine Auflage-
last war also nicht zu hoch. Vielleicht liegt’s
an der Bodenstandslage – die großen Haupt-
räder ... Aber genau diese Räder sind Gold
wert, nicht nur auf rauen Pisten, sondern
auch im Wasser, wenn man beim Anlanden
auf steinigem oder schlammigem Grund
an Land rollen will.
Mit hängender rechter Fläche hatten
wir abgehoben, um auf der Pistenachse zu
bleiben. Nachdem das elektromechanisch
arbeitende Fahrwerk drin war, wollte ich
bei 100 km/h, Vollgas, 5700 rpm und ein-
gefahrenen Klappen die Steigrate ablesen,
aber als die Variometernadel um die Acht-
Meter-Marke tanzte, war mir klar, dass in
dieser Luft auch ein motorloses Flugzeug
gestiegen wäre. Flywhale Aircraft gibt als
bestes Steigen im zweisitzigen Betrieb 5,5
Meter pro Sekunde an.

TexT & FoTos Peter Wolter

D

a vorn müsste er kommen ... Eine
knappe Stunde sind wir jetzt mit
dem Flywhale in der Luft. Un-
ser Ziel: der Wassersonderlan-
deplatz Welzow-Sedlitzer See
zwischen Dresden und Cottbus. Der Start
war heiß, der bisherige Flug ebenfalls – es
ist ein thermisch sehr aktiver Tag Ende Mai,
und der Wind bläst stramm aus Nordwest.
Ich bin mit Winfried Rall unterwegs, der
rechts neben mir sitzt. Winni betreibt den
Flugplatz Stechow-Ferchesar, wo wir gestar-
tet sind, Wind volle Kanne von rechts.
Es war ein Start unter Bedingungen,
die gerade noch sicher sind, keine Risiko-
nummer, aber eben ohne Spielraum, was
die Seitenwindkomponente betrifft. Der
Nordwest wollte mir beim Beschleunigen
das Heck wegdrücken, noch vor dem Ro-
tieren, aber mit den Pedalen ließ sich die
Richtung halten – Bugrad und Seitenruder
sind gekoppelt. Ungewöhnlich war beim
Startlauf, dass der Flywhale etwas mehr Zug
am Knüppel brauchte als erwartet, um das
vordere Rad von der Bahn zu nehmen. Ist

Mensch & Maschine


1

2

88 http://www.fliegermagazin.de #7.2017
Free download pdf