torfliegerlager – und sind durchwegs wohl-
habend. 5000 Euro netto kostet der sie-
bentägige Trip, der Einstandspreis für das
Objekt der Begierde, die S12, beginnt bei
rund 300 000 Euro. Wer sich dafür inter-
essiert, verfügt in der Regel über das not-
wendige Kleingeld. Zum Beispiel Ernesto. Er
ist Kolumbianer, lebt in Florida und besitzt
Hotels im mexikanischen Cancún. Wenn er
reist, tut er das vor allem in seinem eigenen
Learjet 60. Zum Spaß bewegte er bis vor
kurzem eine Extra 300. Jetzt sucht er eine
neue fliegerische Herausforderung. »In den
Learjet steigst du ein, machst den Autopilo-
ten an, und alles ist gut. Das ist komfortabel,
aber keine große Kunst«, sagt er.
Für das Beherrschen dieser Kunst, die
ihn so reizt und auf die es in der S12 an-
kommt, gibt es im wesentlichen zwei Indi-
katoren: Das Variometer,
dessen Töne zusammen
mit einer optischen An-
zeige Steigen und Sinken
melden und damit verra-
ten, ob man die die Auf-
trieb liefernde Thermik
gefunden hat, und diesen
verflixten Faden. Auf der
Haube angebracht zeigt
er jede Schiebe- und Schmierbewegung des
Flugzeugs.
N
icht-Segelflieger kann dieses klei-
ne Stück Wolle schier zur Ver-
zweiflung bringen. Wieso kann
man nicht ein ganz normales In-
klinometer verbauen, diese Wasserwage
mit der Metallkugel drin?
»Step the gap«, erklärt mir Aurel: Das
Seitenruderpedal treten, wo der Faden ei-
ne Lücke zur Flugzeuglängsachse auftut.
Das klingt leicht, funktioniert aber lei-
der genau andersrum als die mir vertrau-
te Kugel. Zugegeben, ich stell mich rich-
tig blöd an. Doch Aurel ist das gewohnt.
Zwei bis vier Wochen dauert es im Schnitt,
bis Motorpiloten ohne Segelflugerfahrung
die Stemme vernünftig bewegen können.
Von den Details der Bedienung ist man
dann immer noch weit entfernt, etwa vom
intuitiven Einstellen der Wölbklappen je
nach Flug- und Thermiksituation.
Zurück in Grobnik. Kurz vor der
Platzrunde verlassen wir die Frequenz von
Rijeka Tower und setzen Positionsangaben
als Blindmeldungen auf der Platzfrequenz
ab. Der Propeller bleibt bei der Landung
drin. Die Gefahr, die empfindlichen Kohle-
faserblätter zu beschädigen, ist größer als
die, die Landebahn nicht zu erreichen. Der
Gleitwinkel im Zusammenspiel mit den
Störklappen macht die Landeeinteilung
zum Kinderspiel. Erst nach dem Ausrollen
starten wir das Triebwerk noch einmal, um
zum Vorfeld zu rollen.
Gut zwei Stunden waren wir in der Luft.
Trotz bescheidener Thermik und meinen
noch bescheideneren Fähigkeiten als Segel-
flieger haben wir keine zehn Liter Sprit ver-
brannt. Aber darum geht es beim Stemme-
fliegen ja eigentlich gar nicht.
1 | Strandausflug: Die Reichweite der Stemme ist
nur von der Ausdauer der Crew begrenzt
2 | Ohne Sorgen: Motorhilfe vermeidet bei fehlen-
dem Aufwind heikle Situationen in den Bergen
3 | In seinem Element: Fluglehrer Aurel
Hallbrucker ist passionierter Segelflieger
4 | Reih und Glied: Auf dem kleinen kroatische
Flugplatz Grobnik geht es mit der Stemme-Flotte
der Horizons Tour eng zu
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