2017-09-21 Fliegermagazin

(Tina Meador) #1
FotoS: Michael Nagy (2), SteF

aNie Marburg, FloriaN

KNacK

(3)

Reise & eRlebnis


N
S

W O

0 500 km

Paris

Frankfurt am Main

Hamburg

Barcelona
Requena

Arcachon

Angers Loire

Brügge

Leer-Papenburg

Uetersen-Heist

Freiburg

Tanger

Madrid

Soria-Garray

Atlantischer
Ozean

Mittelmeer

Marokko

Spanien

Belgien

Deutschland

Portugal

Frankreich

Karte: DeiNzer graFiK

»Auf spanischen Plätzen kommt man un-
ter drei Stunden nicht wieder weg!« gilt es
zu trennen von den wirklichen Informatio-
nen wie etwa: »In Tanger muss 24 Stunden
vor Abflug der Flugplan aufgegeben sein«
oder: »Beim Tanken in Spanien muss im-
mer die Umsatzsteuernummer angegeben
werden«. Und schon ist es August.
Genau genommen der 12. August, 7
Uhr UTC. Flugzeuge betankt, beladen und
gecheckt. Flugpläne aufgegeben, Gruppen-
T-Shirts ausgeteilt, Stimmung: großartig.
Das Wetter: zwischen drei und fünf Kilo-
meter Sicht, 400 Fuß Wolkenuntergrenze,
Sprühregen. Doch die Wetterwarte Ham-
burg beruhigt uns, ab 15 Uhr wird das Wet-
ter fliegbar. Nach einem kurzen Stopp in
Leer-Papenburg verabschieden wir uns für
acht Tage von vertrautem Gebiet und deut-
schem Funk. Nach einer kurzen Nacht in
Brügge landen wir auf dem französischen
Flugplatz Angers Loire (LFJR).

W


ho is the Pilot?!« Sieben Zoll-
fahnder erwarten uns, die
Hand an der Waffe. Wir hat-
ten uns am Morgen für den
Flugplatz Angers Loire entschieden, da
die eigentlich entlang der Normandie und
Quiberon geplante Route aufgrund einer
Warmfront mit tiefen Wolken nicht möglich
war. Als sich herausgestellt hat, dass wir we-
der Waffen noch Drogen oder Geld schmug-
geln, dürfen wir den Weiterflug antreten. Es
wird trotzdem noch einmal aufregend, als
eine der über dem Platz Kunstflug trainie-
renden Stampe SV4 einen Motorausfall hat
und die Flughafenfeuerwehr ausrückt. Die
Maschine fliegt eine saubere Ziellandung –
und wir weiter nach Arcachon.
Der Anflug über die Dune du Pilat – das
Meer und den Sonnenuntergang im Rü-
cken – ist so schön wie die Auskunft nach
der Landung ernüchternd: Das Hotel weiß
nichts von einer Buchung und bietet frü-
hestens in fünf Wochen eine Übernach-
tungsmöglichkeit. Das Zusammentreffen
von französischem Nationalfeiertag und
Austernfest vereitelt jede Chance, noch
spontan eine Unterkunft zu finden. Zum
Weiterfliegen ist es aber zu spät. »Wie kalt
wird es wohl heute Nacht?« »Wenn man
die Rückbank ausbaut, ist so eine Cessna

nicht unbequem!« »Kann man auf der Dü-
ne schlafen?« Vorschläge gibt es viele. Die
freundliche Dame vom Tower bietet uns die
Tische im Flugvorbereitungsraum an, be-
vor uns Max vom örtlichen Aeroklub rettet.
Die Bänke im Aufenthaltsraum des
Klubs sowie ein kleines Crewzimmer mit
Sofas versprechen eine erholsame Nachtru-
he. Ein Shuttle ins nächste Restaurant wird
schnell organisiert, und bis auf ein junges
Pärchen, das nachts um drei, auf der Suche
nach Zweisamkeit, erschrocken feststellt,
dass das Crewzimmer schon belegt ist, ver-
geht die Nacht ereignislos. Am nächsten
Morgen bekommen wir frischen Kaffee und
einen fröhlichen Abschied mit Wetter- und
Routenbriefing.
Mit 3400 Fuß Elevation ist der Flugplatz
Garray-Soria für jeden von uns der bisher
höchste Platz – die erste Landung in Spani-
en. Vorab hatten wir angefragt, ob wir dort
Avgas bekommen. Voller Stolz erzählt uns
der Tankwart, dass er 50 Liter habe. Für uns
alle. Bis Madrid sind es noch zwei Stunden,
unser Sprit reicht noch für eine Stunde plus
30 Minuten Reserve – viel zu wenig. Dani-
el versucht es mit seinen letzten Brocken
Schulspanisch, und nach viel gutem Zure-
den kann er dem Tankwart 210 Liter entlo-
cken, genug für den Weiterflug. Wo genau
das Problem lag, hat bis zum Schluss nie-
mand von uns verstanden.
Wie geplant verlässt uns Michael in
Madrid mit dem nächsten Linienflug nach
Hause. Dafür vergrößert sich unser Team
um Silvia und Stefanie. Bei einer Portion
Tapas gehen wir die Wettervorhersagen
für den nächsten Tag durch und geben die
Flugpläne für die Etappe
nach Tanger am folgenden
Abend auf. Dies muss min-
destens 24 Stunden vor
Abflug geschehen.
»Tanger Tower, I read
you zero to one.« Funk-
ausfall über der Straße
von Gibraltar. »Tanger To-
wer, with you again, now
on my handheld Radio,
reporting next LINTO«


  • Aufatmen in den ande-
    ren beiden Flugzeugen.
    Funkausfall, verursacht


durch die Überhitzung bei über 40 Grad im
Cockpit, wie sich später herausstellen wird,
bleibt auf dieser Reise der einzige Zwischen-
fall, bei dem wir auf Backup-Equipment zu-
rückgreifen müssen.
Die Anspannung löst sich jedoch rasch
nach der Landung: Immer den Markierun-
gen folgend rollen wir zum gelben C. Wir
stellen die Maschinen ab. Auf Fragen nach
Warnwesten oder Sperrflächen ernten wir
nur ein nachsichtiges Lächeln. Also laufen
wir mit unserem Gepäck los, vorbei an Pal-
men, einer 747 Cargo und mehreren Mili-
tärflugzeugen. Ein Polizist winkt lächelnd,
und im Büro der Flugaufsicht erwartet
uns ein herzlicher Empfang. Wir ernten
Anerkennung für unsere lange Reise von
Deutschland bis hierher. Auch bei der Pass-

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