Flugrevue Oktober 2017

(Tuis.) #1

Drive Gear System, FDGS) eingebaut
wird. Bis zur Komplettierung durchläuft
ein A320neo-Getriebefan insgesamt
acht Stationen. Um das Flächenlayout
und die Größe der einzelnen Stationen
zu definieren, griffen Stichlmair und
seine Kollegen auch auf ungewöhnliche
Methoden zurück: „Wir haben ein
1:1-Kartonagen-Modell [des Triebwerks;
d. Red.] nachgebildet – auch die Modu-
le, die wir für die Serienmontage ange-
liefert bekommen“, so Stichlmair.
Am Ende kann das rund 2,8 Tonnen
schwere Triebwerk um seine Längsachse
gedreht werden und ermöglicht dadurch
gute ergonomische Bedingungen. „Unse-
re Entwicklungs- und Montageprozesse
werden in massivem Umfang durch IT-
Systeme unterstützt“, fügt Dr. Martens
hinzu. Beispielsweise wird elektronisch
überprüft, ob alle Schrauben mit den
richtigen Drehmomenten angezogen
wurden. „Es gibt eine Fülle von IT-


Applikationen, die am Ende gar nicht so
sehr auf die Effizienz zielen, sondern auf
die Absicherung der Montageprozesse.“

EIN TRIEBWERKSPRÜFSTAND
FÜR MEHRERE ZWECKE
Im Vergleich zur herkömmlichen Dock-
montage, bei der das jeweils benötigte
Material zum Triebwerk geliefert wird,
sind laut Stichlmair durch die automa-
tisierte, bodengeführte Fließfertigung
höhere Stückzahlen auf kleinerer Fläche
möglich. Zudem seien weniger Werk-
zeuge nötig. „Wir haben auch eine höhe-
re Transparenz. Die Linie zeigt relativ
schnell auf, wo Probleme existieren: Wo
sind bestimmte Teile nicht verfügbar?
Wo passen Abläufe nicht?“
Daran wird vor allem noch in der
jetzigen Lernphase gearbeitet, um einen
optimalen Standardablauf für die stei-
genden Produktionszahlen zu garantie-
ren. Das Ziel: 20 Tage oder weniger von

der Annahme der ersten Teile bis zur
Triebwerksauslieferung.
Über einen neuen Lastaufzug gelan-
gen die fertigen Triebwerke schließlich
aus der Endmontage im zweiten Stock
ins Erdgeschoss, von dort geht es für
Tests zum Prüfstand. „Dieser ursprüng-
lich reine Entwicklungsteststand wurde
adaptiert zu einem Dual-Use-Prüfstand“,
so Stichlmair. Nun können darauf so-
wohl A320neo-Serientriebwerke getestet
als auch Entwicklungsläufe durchge-
führt werden. „Das PW1100G-JM ist
das wichtigste Programm in unserer
Triebwerksfamilie“, sagt Dr. Martens.
Dafür hat die MTU ordentlich investiert:
Inklusive der Teststandanpassungen flos-
sen bis heute rund 22 Millionen Euro in
den Aufbau der Endmontage. Mittelfris-
tig sollen etwa 100 Mitarbeiter im
Schichtbetrieb die Getriebefans für die
A320neo produzieren.

PW1100G-JM


Fotos: MTU Aero Engines

ULRIKE EBNER

Der A320neo-Getriebefan wird in München, anders als in den USA, im Rahmen
eines bodengeführten Systems endmontiert.

DieTriebwerkelassensichdrehen,so
ist ergonomisches Arbeiten möglich.


Den A320neo-Getriebefan gibt es in verschiedenen Varianten mit unterschiedlichem Schub. Die Besonderheit: Ein Getriebe zwischen
Niederdruckturbine und Bläser sorgt dafür, dass beide Komponenten in ihrem jeweils optimalen Drehzahlbereich laufen.

FR

PW1122G-JM PW1124G-JM PW1127G-JM PW1133G-JM
Schub 106,9 kN 106,9 kN 117,2 kN 145,8 kN
Nebenstromverhältnis 12,5 : 1
Bläserdurchmesser 205,74 cm
Architektur Fan – Getriebe – Niederdruckverdichter (3 Stufen) – Hochdruckverdichter (8) –
Hochdruckturbine (2) – Niederdruckturbine (3)
Anwendung A319neo A319neo A320neo A321neo

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